„Form folgt“ – eine Ausstellung im Kunstraum Alexander Bürkle in Freiburg

Die Ausstellung „Form folgt“ im Kunstraum Alexander Bürkle befasst sich mit den Möglichkeiten der Skulptur

Wenn man am Ende den Rundgang abgeschlossen hat und von den Werken Walter Schelenz‘ zu denen von Nikola Ukić gelangt ist, hat man im Kunstraum Alexander Bürkle ein ganzes Spektrum von Möglichkeiten der Skulptur gesehen. Die „Form folgt“ – wollte man den Ausstellungstitel weiterführen – keinen Gesetzen, sie springt und wenn sie überhaupt etwas folgt, dann Gestaltungsprozessen, die selten orthodox sind. Die Skulpturen von Ukić stehen dabei sicher an einem äußeren Spektrum. Ihre hybride Form ist das Ergebnis eines Formprozesses, den der Düsseldorfer Künstler nur begrenzt kontrollieren kann. Der Montageschaum, den er verwendet, reagiert spontan und schließt die verwendete Erde ebenso mit ein wie die Folie, auf der sich Drucke erkennen lassen. Diese Ballen, Ukić nennt die drei Arbeiten aus diesem Jahr „Gerettete Mängel“, „Easy Rider“ und „Loses Mundwerk“ sind auf ihre Weise malerisch. Wobei die Form der Malerei ihre Grenzen aufweist, Krümmungen und Faltungen verhindern, dass man die aufgedruckten Motive oder Farbflächen in ihrer Gänze erkennt. Um den Körper der Skulptur mag man herumgehen können, um seine malerische Seite nicht.

Bei Walter Schelenz, der ganz klassisch mit Bronze arbeitet, waren es fast noch Szenen, die er auf Plinthen setzt. Bei seiner Arbeit „Verloren in Zeit und Raum“ aus dem Jahr 1981 ist ein Kopf im Profil zu erkennen, der zu anderen Elementen in Beziehung gesetzt wird. Wie sehr Schelenz Körper in den Raum setzt, zeigt eine kleinere abstrakte Bronzearbeit, die sich aus offenen und geschlossenen Formen zusammenfügt. Nimmt man das Modell, wie es sich in Schelenz‘ Werken zeigt, als Motiv der Ausstellung lässt sich eine Linie ziehen zu den Kartonarbeiten von Erwin Heerich, die gleichermaßen an Verpackungsmaterial als auch an Architekturmodelle erinnern bis hin zu Johanna von Monkiewitschs schwarzen Kuben aus MDF-Platten. Aber auch ihren Betonelementen, die die Entstehungszeit dokumentieren: etwa „o.T. (21. April 2015 15.05)“. Von diesen industriell wirkenden Formen wiederum lässt sich eine Verbindung zu den minimalistischen Werken eines Carl Andre und eines Donald Judd herstellen.
Wie die Norm für ganz freie Formen fruchtbar gemacht werden kann, demonstriert Andrea Ostermeyer in ihren Schreibmaschinezeichnungen „Das Große Heft“. Ihre Arbeiten breiten sich über eine Doppelseite aus und die Buchstaben oder Symbole, sie verwendet unter anderem das Paragrafenzeichen, Punkte oder Os, bilden Zeichnungen, die durch Stiche mit der Nähmaschine oder neonfarbene Formen erweitert werden.
Bei Dieter Kiessling verbindet sich hingegen ein sehr formaler Aufbau mit der Individualität des Porträts. Seine Serie „People in mirror are closer than they appear“ sind Doppelporträts. Sie bestehen aus einem Selbstporträt, das den 1957 geborenen Künstler immer mit der Kamera vor dem Auge zeigt, die ihn fast völlig verdeckt. Der eigentlich Porträtierte steht neben ihm, ungeschminkt und sehr nah. Tatsächlich geben die Fotos, gerahmte Digitalprints auf Alu-Dibond, das gemeinsame Spiegelbild wieder. Es sind flächig gewordene Körper, die uns beinahe lebensgroß entgegentreten. Man kann, man muss das aber nicht als Emanzipation verstehen.

„Form folgt“ – Kunstraum Alexander Bürkle, Robert-Bunsen-Str. 5, Freiburg. Geöffnet: Dienstag bis Freitag und Sonntag 11 bis 17 Uhr. Bis 28. Februar 2016.

   Annette Hoffmann