Das Freiburg Festival zeigt sich modifiziert und politisch

Von Nahem und Fernem

Das Internationale Tanz- und Theaterfestival Freiburg heißt nun schlicht Freiburg Festival. Das ebenfalls veränderte Kuratorinnenteam aus Sonja Karadza, Laila Koller, Tamina Theiß und Anna Gojer hat sich weitere Neuerungen einfallen lassen.

Die Ägypterin Laila Soliman greift in „ZigZig“ die Gewalt gegen Frauen während des Unabhängigkeitskriegs gegen die Briten auf. © Ruud Gielens

Die Programmmacherinnen der drei beteiligten Häuser – Theater im Marienbad, E-Werk und Theater Freiburg – haben dem Festival eine deutlich performative Ausrichtung gegeben. Ausgesprochene Tanzproduktionen oder reines Schauspieltheater werden vom 8. bis 16. Juni nicht zu sehen sein. Dafür Vorstellungen von Künstlerinnen und Künstlern, für die Grenzziehungen zwischen den Sparten nebensächlich sind. Zudem ist das Festival mit einer Dauer von acht Tagen kompakter geworden.

„How close is far?“ lautet die Fragestellung, unter der die 16 Produktionen stehen. Geografisch loten diese die Weite ausgiebig aus. Eröffnet wird das Freiburg Festival am 8. Juni mit der estnischen Gruppe Theater NO99, die das Ensemble in einen mit Erde gefüllten Raum schickt, in dem es sich nur notdürftig fortbewegen kann. Man wird diese starken Bilder durchaus auch politisch deuten können. Am nächsten Tag wird dann im E-Werk die Performance des chinesischen Choreografen Yang Zhen zu sehen sein, der von Vertreterinnen der unterschiedlichen Ethnien Chinas das rebellische Potential von Heavy-Metal austesten lassen wird.

Nicht das erste Mal ist Sebastian Nübling mit dem Jungen Theater Basel in Freiburg zu Gast, das für „Zucken“ mit dem Berliner Maxim Gorki Theater kooperiert. Aus Deutschland hingegen kommt das Solo von Flinn Works, das in „Schädel X“ ein Stück deutsche Kolonialgeschichte aufarbeitet. Nicht minder politisch: „Lessons of Leaking“ von machina eX, das einen Volksentscheid in Deutschland im Jahr 2021 mit dem Publikum durchspielt. Und selbst Freiburg ist mit dem Abend Tanzwerk 18 vertreten, für den drei Projekte aus der Freiburger Tanzszene eingeladen wurden.

Belgien darf bei einem Festival, zu dem Produktionen der freien Szene eingeladen sind, natürlich nicht fehlen. Zu innovativ und originell sind belgische Compagnien. Nach Freiburg werden so Kopergietery mit einem Abend über Russland und Peeping Tom mit „Moeder“ sowie Berlin mit ihre Videodokumentation über Tschernobyl kommen. Mit Tschechows „Drei Schwestern“ setzt sich Christiane Jatahy auseinander, die in „What if they went to Moscow?“ gleich zwei Versionen der Geschichte zeigt, die sich miteinander verschränken werden. Motus aus Italien hat sich Jeffrey Eugenides Roman „Middlesex“ vorgenommen und wird was Gender, Nation und Herkunft angeht, Grenzen überschreiten. „There is a noise“ des dänisch-norwegischen Künstlerduos Freya Sif Hestnes und Marina Popovic thematisieren den Krieg, während die Ägypterin Laila Soliman in „Zig Zig“ die Gewalt gegen Frauen während des Unabhängigkeitskriegs gegen die Briten aufgreift.

Die drei Freiburger Kooperationspartner nutzen das Festival zudem als eigenes Schaufenster und beteiligen sich mit Eigenproduktionen am Programm. Es sind Aufführungen der Arbeit „Ann Lee & Marcel“ von Tino Sehgal im Rahmen der Ausstellung „In a world of endless rainfall“, die Oper „Coraline“ im Großen Haus des Theater Freiburg sowie die Installation von Judith Nab „Die große Reise“, die in einem Bus zu einer Reise um die Welt einlädt.

Annette Hoffmannn

Freiburg Festival 2018 vom 8. bis 16. Juni. Weitere Infos unter www.freiburgfestival.de