Farbe und Licht satt: Die Galerie Albert Baumgarten zeigt verschiedene Malereipositionen

Den Titel „Guten Morgen, Malerei“ hat Albert Baumgarten einer Ausstellung entlehnt, die Manfred de la Motte 2020 für den Kunstverein Augsburg kuratiert hatte. Es war eine Bestandsaufnahme, an der Malerinnen und Maler wie Josef Egan, Rupprecht Geiger, Dieter Krieg sowie Bridget Riley und Gerhard Richter beteiligt waren. Wohl wissend, dass die Malerei, wenn sich ihr solche Künstlerinnen und Künstler widmen, auch noch einen guten Abend erleben würde. Auch mehr als zwanzig Jahre später ist die Malerei also immer noch nicht tot und womöglich haben Malerinnen und Maler in der Zwischenzeit weitere Materialien für sich entdeckt und neue Möglichkeiten für sich gefunden.
Und dies ist auch der Ansatz der Freiburger Ausstellung. Die beteiligten Künstler, allesamt Männer: Michael Burges, Arnold Dall’O, Thomas Beyle, Jürgen Jansen sowie Willi Siber und Martin Wehmer, haben eigentümliche Techniken entwickelt, die jedes Oeuvre unverwechselbar machen. Am konventionellsten malerisch sind da noch die Bilder Martin Wehmers. Wehmer behandelt die Farbe als Material auf der Leinwand. Er setzt die Ölfarbe pastos ein und spachtelt sie auf den Bildgrund. Ein großformatiges Frauenporträt ist so entstanden sowie mehrere Kleinformate, die den Fokus auf Lippen und Augenlider legen. Besonders die „Lips“ in den satten Lippenstiftfarben zeigen eine große Nähe zur Pop-Art auf, doch in einer derartigen Großaufnahme kippt das Erotische des Motivs immer wieder ins Groteske. Arnold Dall’O, grundsätzlich an der Druckgrafik interessiert, hat das charakteristische Raster des Siebdrucks in geduldigster Arbeit auf die Malerei übertragen. Seine Blumenstillleben setzen sich durch unzählige Rasterpunkte aus Lackfarbe zusammen, beziehungsweise sind von ihnen überzogen. Wo sich die Pixel häufen, entsteht eine glänzende Oberfläche, die den Motiven etwas ausgesprochen Nostalgisches gibt.
Der Arbeitsprozess ist überhaupt ein Thema dieser Gruppenausstellung. Kaum einer legt es hier auf Zügigkeit an, die Reflektion über die Malerei ist Teil des Prozesses und trägt zur Qualität des Bildes bei. Oder des Bildobjekts. Willi Sibers Lackarbeiten reizen die Nähe zum Objekt aus. So arbeitet der Künstler mit konvexen und konkaven Formen sowie mit einem Chromlack, der sich je nach Perspektive der Betrachter verändert und so auch zum körperhaften Eindruck der Arbeiten beiträgt. Und im Flur der Galerie ist eine Serie Wandobjekte zu sehen, deren Holzkern Siber mit Epoxidharz überzogen hat. „Guten Morgen, Malerei“ ist auch eine Ausstellung, die die Verbundenheit zwischen Künstlern und Galeristen aufzeigt. Erst kürzlich war eine Einzelschau von Michael Burges‘ Hinterglasbildern bei Albert Baumgarten zu sehen sowie Jürgen Jansens experimentelle Malerei. Thomas Deyles Bilder auf Acrylglas, deren Wirkung auf ausgetüftelten Farbverläufen beruht, konzentrieren sich ganz auf das Verhältnis von Farbe und Licht. Die Malerei jedenfalls erweist sich hier als ausgesprochen ausgeschlafen und sie ist ein Remedium noch gegen die hartnäckigste Inversionswetterlage.

Guten Morgen, Malerei. Galerie Albert Baumgarten, Kartäuserstr. 32, Freiburg. Di-Fr 15-19 Uhr, Samstag 11 bis 14 Uhr. Bis 14. Januar 2023. galerie-baumgarten.de

Bildquellen

  • Martin Wehmer „KISSKOU“, 2022 Öl auf Leinwand, 25 x 30 cm: © Galerie Albert Baumgarten, Freiburg