Das Kunstmuseum Basel zeigt eine spektakuläre Gegenüberstellung von Picasso und El Greco

El Greco: „Die Anbetung des Namen Jesu“, um 1577/79, Öl auf Leinwand Foto: Patrimonio Nacional, Real Monasterio de San Lorenzo de El EscorialFoto: Patrimonio Nacional, Real Monasterio de San Lorenzo de El Escorial

Was bewegte Pablo Picasso (1881-1973) als er 1899 auf einer Skizze, die in Barcelona entstand, „Yo el Greco“ vermerkte? Neben Männern mit ausladenden Halskrausen, Frauen mit Kopfputz, aber neben Darstellungen eigener Zeitgenossen. War es, dass beide vom harten Licht Spaniens beeinflusst waren, von einem Interesse am Menschen, fühlte er sich ähnlich als Außenseiter wie es El Greco (1541-1614) war, dass er sich einfach als diesen bezeichnete? Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel „Picasso – El Greco“ geht dieser Frage nach und obwohl der Titel nicht so klingt als formuliere er eine These, tut dies die Ausstellung. Der spanischen Kuratorin Carmen Giménez und Josef Helfenstein, Direktor des Kunstmuseum Basel, geht es darum, aufzuzeigen, wie intensiv Picassos Auseinandersetzung mit El Grecos Werk über die Blaue und Rosa Periode hinaus war und dass sich beim auf Kreta geborenen Maler etwas zeigte, was Picasso im Kubismus einlöste. Die Schau ist in Paaren organisiert, so dass sich Vergleiche ziehen lassen.
Man muss nicht die ganze Kunstgeschichte zur Präfiguration der Moderne erklären, doch natürlich bezieht sich Picasso ganz grundsätzlich auf die Malerei. So sagt er: „Ich habe das Gefühl, dass Delacroix, Giotto, Tintoretto, El Greco und der Rest wie auch all die modernen Maler, die guten und die schlechten, die abstrakten und die nichtabstrakten, alle hinter mir stehen und mich bei der Arbeit beobachten.“ El Greco jedenfalls gehörte lange nicht zum Kanon, erst zur Wende zum 20. Jahrhundert fand so etwas wie eine Neubewertung statt. El Greco selbst fiel spätestens nach „Die Anbetung des Namen Jesu“, das um 1577/79 entstanden war, bei Philipp II. in Ungnade. Der spanische König gehört selbst zu jenen, die El Greco kniend in Anbetung dargestellt hat. Auf einer zweiten Ebene haben sich die Engel um das Christuszeichen IHS gruppiert. Rechts jedoch von den Gläubigen reißt ein unheimlicher, riesiger Fisch sein Maul auf, um die Ungläubigen zu verschlingen. In „Evokation (Das Begräbnis Casagemas)“, das kurz auf den Selbstmord des Freundes 1901 entstanden war, variiert Picasso den zweigeteilten Bildaufbau. Während dunkle Gestalten, die sich gegenseitig stützend um den Freund trauern, bevölkern Prostituierte den Himmel. Eine der Frauen küsst einen Reiter auf einem Schimmel. Anstelle des Höllentors verweist ein Grabstein harsch auf das Unwiederbringliche des Todes. El Grecos christliche Themen tauscht Picasso gegen säkulare. Und nicht selten werden aus Heiligen Prostituierte.

Pablo Picasso: „Evokation (Das Begräbnis Casagemas‘)“, 1901, Öl auf Leinwand
Foto: Musée d‘Art Moderne de la ville de Paris, © Succession Picasso (2022, ProLitteris, Zürich

El Grecos Kompositionen sind so komplex, dass das Religiöse dabei fast in den Hintergrund rückt. So wirkt der Himmel im Hintergrund seiner büßenden Magdalena als sei ein Blitz durch ihn gegangen. Schwarze, durchlöcherte Wolken verdunkeln das Blau noch mehr, alles wirkt gedrängt und aus der Himmelslichtung scheint auch kein Heil zu kommen. Doch über den Bildaufbau hinaus faszinieren El Grecos Menschendarstellungen. Sein „Heiliger Simon“ sitzt vor einem tiefen Schwarz, der hagere Mann ist ganz in das Buch vertieft, auf seinem linken Ärmel, der in unzählige, rhythmisierte Falten fällt, liegt ein heller Glanz. In Basel ist „L’Accordéoniste“ von 1911 gegenübergestellt, Hier ist die Komposition kantiger und kubistischer. Einige der Arbeiten Picassos sind ausdrücklich in Auseinandersetzung mit El Greco entstanden. 1899 malt er etwa das „Bildnis eines Mannes nach El Greco“, während dieser Zeit sieht sich Picasso durch die lang gezogenen, hageren Gestalten des Malers aus Toledo beeinflusst.
Das Kunstmuseum Basel vereint spektakuläre Meisterwerke, und es erlaubt uns heute, Zeugen eines lebhaften Dialogs über die Jahrhunderte hinweg zu werden. Das sollte man nicht verpassen.

Picasso El Greco. Kunstmuseum Basel, St. Alban-Graben 16, Basel. Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch und Freitag 10 bis 20 Uhr. Bis 25. September 2022. Infos & Tickets: kunstmuseumbasel.ch

Bildquellen

  • El Greco: „Die Anbetung des Namen Jesu“, um 1577/79, Öl auf Leinwand: Foto: Patrimonio Nacional, Real Monasterio de San Lorenzo de El Escorial
  • Pablo Picasso: „Evokation (Das Begräbnis Casagemas‘)“, 1901, Öl auf Leinwand: Foto: Musée d‘Art Moderne de la ville de Paris, © Succession Picasso(2022, ProLitteris, Zürich
  • Picasso – El Greco; Ausstellungsansicht: © Succession Picasso, Foto: Julian Salinas