Reise in die Latzhose

Christoph Müller steht im Rund des Bühnenschwimmbeckens und scheint außer Atem.Er ist auf dem Weg nach Hause. „Zurück zu dir“, presst er hervor. Immer und immer wieder. Denn immer und immer wieder ist er auf Reisen, mit einem Taxi, in seinem Kopf oder in der Ape, einem dreirädrigen Kleintransporter. „Hey, hey, hey, Taxi!“ ruft er und schon hat er sein Zuhause wieder verlassen. Episodenhaft, Schlag auf Schlag geht es in der Bühnenfassung von Saša Stanišics erst kürzlich veröffentlichtem Kinderbuch „Hey, hey, hey, Taxi!“ Kühn als Einpersonenstück konzipiert ruht die dramatische Last ganz auf den Schultern des Schauspielers, Bastlers und Gestalters des Stücks Christoph Müller, der den namenlosen Protagonisten spielt. Ihm zur Seite stehen diverse Requisiten als Brandbeschleuniger der Ideenreisen, die Müller händeringend, packend, augenöffnend und jeden kleinen Flecken der Bühne vermessend unternimmt. Mit Unterstützung vonVanessa Valk ist ein Objekttheaterstück entstanden, das von Anna Fritsch dramaturgisch begleitet wurde.
Nicht nur die Ape wird zum fliegenden Gefährt zwischen Erde und Mond, alltäglichem Zuhause und skurriler Märchenwelt. Schon ein Blick in die Brusttasche der Latzhose eröffnet neue Dimensionen. Ein Eisenkoffer mit Pflastern beklebt wird zur Straße, auf der Gurken, Tomaten und Paprika die klassischen Ampelfarben geben und den Verkehr regeln. Doch dann steht eine Aubergine im Raum. Grün, rot, gelb…? Chaos! Aber egal, die Reise muss weitergehen.
SašaStanišic hatte für die Buchvorlage kindliche Vorstellungskraft an seiner Seite. Er entwickelte das Buch zusammen mit seinem jungen Sohn. Entsprechend sind viele klassische Figuren aus dem Repertoire der Gutenachtgeschichte anwesend: Zwerge, Drachen, Piraten. Aber das ist nicht alles. Viele seltsame Wendungen machen die Märchenwelt skurril und zur Herausforderung für die Bühnenarbeit Christoph Müllers. In einer Geschichte hält er inne, denn irgendetwas stimmt nicht mit seinem Gefährt. Lautmalerisch mimt er einen stotternden Motor. Ein Check im Motorraum offenbart: Da ist gar kein Motor, sondern ein Mann in seinem Bett, der die Motorengeräusche bloß mimt. Das ganze Szenario steht in Christoph Müllers Gesicht geschrieben, das vor Erstaunen geweitet ist.
Ganz unverkopft hat sich auch das Stück selbst thematisiert: Allein das Erzählen hält die Welt am Laufen und am Verändern. Entsprechend ist es unser Verhalten, unser Singen, Sprechen und Schauen, das uns und anderen Freude bereitet. Und ob die Piraten nun seekrank werden oder die Maus ihr Käsetaxi nicht zum Anbeißen lässt – alles bleibt möglich, wenn wir ihm nur Raum lassen. Das Schwimmbecken des Marienbads hatte für Christoph Müller ausreichend davon.

„Hey, hey, hey, Taxi!“ ist ab dem 11. November mobil als Klassenzimmerstück buchbar. Anfragen unter 0761/1379721 oder per Mail gruppen@marienbad.org. Für nächstes Jahr ist eine Wiederaufführung im Theater geplant. Weitere Infos: www.marienbad.org

Bildquellen

  • Christoph Müller spielt den namenlosen Protagonisten im Einzelstück „Hey, hey, hey Taxi!“: Foto: Minz&Kunst