“Menschen und Orte“, Edith Oellers und Constantin Weber in der Galerie Stahlberger

Die Galerie Stahlberger ist ein viel besuchter Ort der Kunst in Weil am Rhein. Besonders in Zeiten des Lockdowns und der Schließung von Museen übernehmen die Galerien eine wichtige Aufgabe. Kunstwerke im Original zu sehen ist ein unvermindert starkes Bedürfnis und kann durch Online-Präsentationen nicht ersetzt werden. Umso gespannter ist man auf die Werke der Düsseldorfer Malerin Edith Oellers und des in der Region beheimateten und durch verschiedene Ausstellungen bekannten Künstlers Konstantin Weber.
Gleich im Eingangsbereich der Galerie steht man einer Auswahl seiner „Faces“ gegenüber. Es ist eine offene Serie von kleinformatigen Kopfbildnissen, die der Maler in den letzten zwei Jahren in Öl auf Hartfaser gemalt hat. Das Gesicht ist das ausdrucksstärkste menschliche Körperteil. In der Mimik können sich die verschiedensten Gefühle wiederspiegeln: Trauer, Freude, Wut, Verzweiflung, Liebe, Hingabe, das ganze Spektrum menschlicher Emotionen. Seine Vorlagen findet Konstantin Weber in der Kunstgeschichte und in Zeitschriften. Häufig bezieht er sich auf barocke Gemälde oder Skulpturen. War doch gerade in dieser Zeit die Darstellung intensiver Gefühlsregungen ein zentrales Anliegen der Kunst. Einige Gesichter sind mit geschlossenen Augen gemalt, fast schon am Dahinschwinden, versinken sie im dunklen Umraum der gedämpften Farbigkeit. Die teilweise recht ruppige Malweise tut den kleinen Bildern gut. Das Unvollständige, im Übergang befindliche der menschlichen Existenz findet darin seinen Ausdruck. Auch im anschließenden, den Landschaften gewidmeten Ausstellungsraum, sind vereinzelt kleine Porträts gehängt. Besonders der ganz in Schwarz-Grau mit wenigen Weißhöhungen, wie ein dunkles Ei gemalte Kopf von Michelangelo begeistert durch seine Intensität. In seinen Landschaften konzentriert sich der Künstler auf Motive aus der näheren Umgebung. Die Rheinufer und Auenwälder der Südwest-Ecke, werden auf ruhige, sinnlich-delikate Weise gemalt. Die von der Flut niedergedrückten Schilfgräser sind hingegen mit heftigen Pinselschwüngen, voller Bewegung und Dramatik umgesetzt.
Die in Düsseldorf lebende Malerin Edith Oellers zeigt Werke aus den letzten fünf Jahren. Alle Bilder erzählen von anderen Weltgegenden und verarbeiten spezielle Charakteristika. In den aktuell, in diesem Jahr entstandenen Bildern fällt die Auseinandersetzung mit dem Ornament auf. Ein Aufenthalt im Iran hat die Künstlerin zu „Schnee in Persien“ angeregt und zu dem verklausulierten „Ornament und Figuren“. Das Bild zeigt eine eng beieinanderstehende Gruppe junger Männer in ornamental gemusterten Gewändern. Ihnen gegenüber hockt ein einzelner Junge, nackt und isoliert auf einem Felsbrocken. Er dreht den anderen den Rücken zu. Häufig werden eigenartige Geschichten angedeutet und mit gesehenen Situationen vermischt. So hat Edith Oellers einen Schichtwechsel der Aufsichten im Rubens-Museum in Antwerpen erlebt. Sie hat Aufnahmen einer Aufsichtsperson am geöffneten Fenster gemacht. Als sie nach einem kurzen Moment der Ablenkung wieder hinsieht, ist die erste, ältere Frau von einer jüngeren Aufsicht abgelöst worden, die nun in fast gleicher Haltung auf dem Stuhl sitzt. Diesen optisch überraschenden Augenblick hält die Malerin in ihrem eindrucksvollen Bild „Schichtwechsel“ fest und steigert die Situation, indem sie metaphorische Elemente einfließen lässt. Ein Tisch, auf dem Äpfel in unterschiedlichen Stadien liegen, zwei Stuhllehnen im Vordergrund des Bildes, die mit den Zahlen eins und zwei beschriftet sind. So entstehen surreal anmutende Bildsituationen. Die Künstlerin erzeugt eine Überlappung von Bildebenen und schafft eine verzauberte Atmosphäre von Verlorenheit in Zeit und Raum. Diese Fähigkeit nicht nur mit den Motiven, sondern auch mit den Farben, eine ganz besondere Wirkung hervorzurufen macht die Ausstrahlung der Werke von Edith Oellers aus. Eine Ausstellung, die das Glück des direkten Kunsterlebens bereithält, in seiner das Denken und Fühlen anregenden Dimension.

Galerie Stahlberger, Weil a.R. / 22. Januar – 14. Februar 2021. Weitere Infos: www.galerie-stahlberger.de

Bildquellen

  • Ein Blick in die Ausstellung: Galerie Stahlberger