Im Gespräch: O. Hase, Gewerkschaftsvorsitzender der IG Hasen und Eier (Archiv, 1989) 

Ein Schmuckstück aus dem Archiv. Da hat sich unsere Redaktion einen Spaß erlaubt und kurzerhand den Osterhasen für den Titel interviewt. Wir wünschen ein schönes Osterfest und viele leckere Ostereier! 

Hase (58) ist seit 15 Jahren Gewerkschaftsvorsitzender der IG Hasen und Eier im DGOB (Deutscher Oster-Gewerkschaftsbund). Vergangenes Wochenende weilte er zu einem Vortrag in einem Freiburger Supermarkt.

 Kultur Joker: Herr Hase, wessen Interessen vertreten Sie und Ihrer Gewerkschaft? 

O.Hase: Unserer Gewerkschaft IG Hasen und Eier vertritt die arbeits-, tarif- und sozialversicherungsrechtlichen Interessen der in der Bundesrepublik werktätigen Hasen und Eier, insbesondere der sogenannten Osterhasen und Ostereier. Insgesamt sind das 34 Millionen Hasen und je nach Legelage zwischen 600 und 800 Millionen Eier. Davon sind allerdings lediglich 24 Millionen Hasen und nur 98 Millionen Eier auch Mitglied in unserer Gewerkschaft. Außerdem haben wir alljährlich eine starke Mitgliederfluktuation, da ja viele Hasen und Eier die Osterzeit nicht überleben. 

Kultur Joker: Und warum ist gerade unter den Eiern die Gewerkschaftsbasis eher wachsweich?

Hase: Ich führe dies auf die gewerkschaftseigenen Skandale der letzen Jahre zurück. Diese Skandale haben besonders im Eiweißbereich viel Schaum geschlagen.Viele Eier sind daher ausgelaufen, hm, ich meinte natürlich, aus der Gewerkschaft ausgetreten. Auf jeden Fall liegt hier der Hase im Pfeffer. 

Kultur Joker: Und jetzt steht Ihnen auch noch ein neuer Skandal ins Nest. Laut Pressemitteilung soll eine Eierhandgranate Mitglied in der IG Hasen und Eier sein. Das ist nicht gerade hasenrein.

Hase: An einen solchen Fall kann ich mich nicht erinnern. Und überhaupt, wie pflegen wir Hasen doch zu sagen: Ein einzig faules Ei verdirbt noch lange nicht den ganzen Brei. Im übrigen sollte sich der Kultur Joker nicht um ungelegte Presse-Eier kümmern.

Kultur Joker: Augenblicklich sind Sie auf Mitgliederwerbung. Daher auch Ihr Vortrag in Freiburg mit dem Titel „Zu einigen methodologischen Problemen in ihrer spezifischen Anwendung auf Hase und Ei“. Ist das der richtige Weg, neue Mitglieder zu gewinnen?

Hase: Der Vortrag war natürlich zugeschnitten auf die Freiburger Hasen und Eier. Viele davon haben ja einen akademischen Abschluss. Insgesamt ist aber unsere praktische Gewerkschaftsarbeit immer noch das beste Werbemittel. Zum Beispiel unser Kampf gegen die miserablen Arbeitsbedingungen der Hasen und Eier an Ostern.

Kultur Joker: Sind Sie denn so miserabel?

Hase: Miserabel ist gar kein Ausdruck. Da wurde etwa zu Ostern 1987 ein Hase in einer Blumenvase versteckt und vergessen bzw. nicht entdeckt. Wenig später hat man Blumen in die Vase gestellt und die Vase bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Unser Hasenkollege ist dabei jämmerlich ertrunken. Stellen Sie sich das mal vor, das alles, weil man ihn versteckt, aber nicht entdeckt hatte. Das geht doch nicht. Wir Hasen und Eier fordern daher mit allem Nachdruck, dass das „Recht auf Entdeckung und leichte Verstecke“ im Grundgesetz verankert wird. In einem anderen Fall wurde in einer Familie ein Osterei unter einem Stuhlkissen versteckt. Ein Mitglied der Familie setzte sich dann noch vor der Entdeckung des Eis auf den Stuhl und das Ei. Atemnot, eine doppelte Schalenfraktur und ein erheblicher eiweißverlust waren die Folge. Das Ei konnte schließlich dank zahlreicher Eiweißspenden des Weißen Kreuzes gerettet werden. Wir können es dieses Jahr an Ostern allerdings nur noch als Not- oder Ersatzei einsetzen. So etwas muss doch vermieden werden.

Kultur Joker: Das sind Einzelfälle. Wo liegen die grundsätzlichen Probleme?

Hase: Nun, nach der jüngsten Gesundheitsreform geht es zum Beispiel um die Frage, wer bezahlt für die sozial schwachen Eier den prothetischen Schalenersatz bei Schalenausfall. Oder wer übernimmt etwa die Kosten für chirurgische Eingriffe im Falle von Hitzeschäden bei Schokoladenhasen. Dann muss der soziale Mietstall- und Mietnestbau wieder her. Außerdem fordern wir ergonomische Eierbecher, Eierfarben ohne chemische Zusätze und hasengerechte Verkaufsregale im Einzel- wie im Großhandel. Wir wollen auch die Einhaltung der Hasen- und Eierrechte gemäß der „Allgemeinen Erklärung der Hasen- und Eierrechte“ durch die UN vom 10.12.1948. Wir sind daher gegen Grausamkeiten wie hartgekochte Eier, Eierstich oder gepfefferte Hasen. Auch bei österlichen Eierbemalung muss die Eiwürde respektiert werden. Da wurde doch ein Ei nach dem Motiv einer Walnuss bemalt. Dagegen müssen wir vorgehen. Das sind wir der Identität des Eies schuldig. „Eimnesty International“ ist bereits eingeschaltet und die KSZdHEE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit der Hasen und Eier in Europa, Anm. d. Red.) wird uns in diesem Fall auch unterstützen.

Kultur Joker: Dennoch macht man Ihrer Organisation den Vorwurf, sie sei eine Saisongewerkschaft, die nur an Ostern tätig wird. Wie sehen Sie das?

Hase: Das ist Quatsch. Gerade nach Ostern müssen wir sehr viel tun, denn da fällt manch Hase und Ei in das Loch der Arbeitslosigkeit. Glücklicherweise konnten wir schon vor Jahren erreichen, dass zumindest die Hasen durch Entfernung der Ohren und durch Ankleben eines langen weißen Bartes an Weihnachten wieder Beschäftigung finden. Arbeitsmarktpolitisch aber bleibt Ostern natürlich unser wichtigster Termin. Wir brauchen Ostern.

Kultur Joker: Sind Sie selbst an Ostern noch im Einsatz?

Hase: Selbstverständlich. Meinem Rang als Gewerkschaftsvorsitzender entsprechend zumeist bei der Prominenz. Letztes Jahr an Ostern war ich als Osterhase im Bundeskanzleramt tätig. Ich sollte den Kanzler mit einem kleinen Ostergeschenk überraschen. Mit Ostereiern war da allerdings nichts zu machen. Der Kanzler duldet keine Eier. Er will ja immer nur Birnen.

Kultur Joker: Nach dem anstehenden Osterrummel ’89 stehen die Tarifverhandlungen für Ostern ’90 auf dem Programm. Wie stehen die Chancen?

Hase: Alle Hasen und Eier wollen mehr Geld. Da gleichen sich Hase und Ei wie ein Ei dem anderen. Es wird hart werden. Uns Hasen und Eiern stehen auf Arbeitgeberseite ja Menschen gegenüber, und die nehmen uns oft nicht ernst. Da braucht man wirklich steife Ohren und eine harte Schale, um was rauszuholen. Für einen Apfel und ein Ei sind wir in Sachen Tarifpolitik auf jeden Fall nicht zu haben. Außerdem wollen wir für Ostern 1990 kürzere Arbeitszeiten durchsetzen. Die Hasen und Eier werden einfach zu lange nicht entdeckt, was zu Arbeitszeiten weit über acht Stunden pro Tag führt. Zu Zeiten des Kolumbus war das schon mal anders. Da wurden zumindest die Eier schneller entdeckt. Und dafür werden wir auch heute wieder kämpfen.

Kultur Joker: Herr Hase, wir danken Ihnen für das Gespräch. 

 

Bildquellen

  • Der Osterhase im Interview: Promo