Im Gespräch: Freiburger Duo WILLMAN, gewann drei Auszeichnungen beim „Deutscher Rock & Pop Preis 2021“

Das Freiburger Duo Willman, bestehend aus Sängerin Julia Lauber (23) und Schlagzeuger und Produzent Felix Birsner (27), veröffentlichte im August 2021 ihr Debütalbum „100 m²“, mit dem sie zuletzt beim „Deutscher Rock & Pop Preis 2021“ drei Auszeichnungen gewannen. Elisabeth Jockers sprach mit ihnen über Protestlieder, musikalische Vorbilder und Pläne für die Zukunft.

Kultur Joker: Euer Debütalbum „100 m²“ erschien im August 2021 – wenige Monate später räumt ihr damit als „Bestes Popalbum“, „Beste Electro-Pop-Band“ und in der Hauptkategorie „Pop“ gleich drei Auszeichnungen beim „Deutscher Rock & Pop Preis 2021“ ab. Ziemlich beeindruckend. Mal ehrlich, was war euer erster Gedanke nach der Auszeichnung?

WILLMAN: Einfach nur: „Krass“ –wir haben gar nicht mehr damit gerechnet und dann gleich dreimal ausgezeichnet zu werden, das hat uns natürlich riesig gefreut und stolz gemacht! Gleich mit dem ersten Debutalbum so eine Auszeichnung zu bekommen hat uns sehr geehrt!

Kultur Joker: Klimawandel, Rassismus, Sexismus, Einsamkeit. Auf „100 m²“ schneidet ihr die großen Themen unserer Zeit an und verpackt sie mit lockerem und vor allem tanzbaren Pop- und Electrosound.  Das erinnert uns fast an die alten Protestliedermacher*innen der 60er/70er Jahre – aber mit modernem Klang. Soll „100 m²“ denn ein Protestalbum sein? Oder was ist eure Intension hinter diesem Werk?

WILLMAN: Was für ein schöner Titel „Protestalbum“! Vielleicht kann man es tatsächlich so nennen. Einerseits in der Form wie die Songs rausgekommen sind (Wir haben über ein Jahr lang jeden Monat einen Song geschrieben und releast und diese dann auf dem Album zusammengefasst und damit mit den üblichen Releasestrategien gebrochen) und andererseits natürlich thematisch. Musik hat die Möglichkeit auf eine andere Art und Weise zu kommunizieren und vlt. manchmal trockene Themen in spannende Beats zu verpacken  – wir wollen das nutzen, um über wichtige Themen zu sprechen.
Da wir jeden Song in einem spezifischen Monat geschrieben haben, hört man auch ganz genau bei jedem Song, was uns in dem Monat klanglich aber auch thematisch stark beschäftigt hat und auch wie sich manche Sachen verändert haben. So waren wir beim ersten Song „Wie soll dein Morgen sein?“ noch ganz euphorisch und optimistisch, dass sich jetzt mal was ändert und sind beim letzten Song „Schon gleich“ etwas realistischer geworden und sagen „ja, es kann sich was verändern, aber dafür müssen wir uns bewusst entscheiden und anfangen, in den ganz eigenen, unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten – das kann Sprache sein, Ernährung, aber auch nur der freundlichere Umgang mit sich selbst“

Kultur Joker: Habt ihr eigentlich musikalische Vorbilder? Oder Künstler*innen, die euch inspirieren?

WILLMAN: Mine inspiriert uns stark mit ihren spannenden Arrangements und facettenreichen Texten – sie spricht in ihrer Musik auch viele wichtige Themen an. Dann wäre da noch Finna, mit der wir auch ein Feature machen durften, die immer wieder zeigt, wie politische Musik abgehen und trotzdem in den Arm nehmen kann. Aber auch Nura, Aisha Vibes, Alli Neumann und noch so viel mehre.

Kultur Joker: Julia, du bist die Texterin und Sängerin des Duos Willman, spielst selbst aber auch Klavier.Wie entsteht bei dir ein  Song? Sind das eigene Erlebnisse, die du aufschreibst und/oder Erfahrungen und Geschichten anderer, denen du eine Bühne geben möchtest?

WILLMAN: Mittlerweile läuft das meist so ab, das Felix mir ein vorproduziertes Instrumental gibt und ich schaue, ob mir dazu etwas einfällt. Textlich meist das was mich gerade stark bewegt, vor allem gesellschaftlich. Weniger also alltägliche, persönliche Erlebnisse, obwohl ja auch die großen Dinge und Probleme oft im Alltäglichen stecken – von daher ein jein!

Kultur Joker: Felix, du spielst Schlagzeug, hast inzwischen dein eigenes Musikstudio, produzierst und mischst für andere Künstler*innen und unterrichtest Schlagzeug. Wie würdest du die Klangwelt eures Duos beschreiben? Worauf legt ihr besonders großen wert?

WILLMAN: Auf unserem Album hört man aktuell eine vielfältige Klangwelt. Über den Entstehungsprozess des Albums haben wir auch gemerkt, dass wir von vielen verschieden Sounds inspiriert und begeistert sind und haben uns auch die Freiheit genommen, diese Vielfalt in unseren Sound einfließen zu lassen. Wir achten aber darauf, dass es für die Hörer*innen immer wieder frische und neue Elemente gibt und gehen bei der Soundsuche auch sehr offen an die Sache ran. Alles um uns herum wird mikrofoniert und im Anschluss bearbeitet. In „Blase“ hört man zum Beispiel einen Ventilator.

Kultur Joker: Soweit wir das mitbekommen haben, liegt hinter dem Album „100 m²“ eine sehr aufwändige Produktionsphase – ihr habt ein Jahr lang jeden Monat einen Song und das dazugehörige Video veröffentlicht. Jetzt die drei Auszeichnungen beim „Deutscher Rock & Pop Preis 2021“. Wie habt ihr euren Erfolg gefeiert? Oder ging’s gleich weiter im Studio?

WILLMAN: Wir haben natürlich gleich all unseren Menschen um uns rum und in Social Media von der tollen Nachricht erzählt und uns erstmal riesig gefreut! Da wir seit ein paar Wochen in der Planungsphase für eine größere Kampagne sind, haben wir danach ziemlich schnell wieder weitergebastelt. Das gibt ja auch einfach nochmal einen neuen Motivationsschub!

Kultur Joker: Das neue Jahr hat gerade angefangen. Habt ihr Projekte und Pläne für 2022, über die ihr schon sprechen möchtet? 

WILLMAN: Wir haben gerade mit MusicBWwomen und dem Studio Session One eine Ausschreibung gestartet, die noch bis zum 15. Januar läuft. Dort können sich FINTA’s (Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Menschen), die Musik machen bewerben für eine 1) Live Video Session 2) Producing Session 3) Recording Session. Auch in der Musikbranche gibt es noch viele Hürden für FINTAs und damit wollen wir unsere Ressourcen teilen und sind schon mega gespannt auf die Bewerbungen und Musik!
Das große Projekt für 2022 ist die Alkohol Awareness Kampagne an der wir gerade planen. Die wird vom 14.-22.05. stattfinden und da wird’s eine ganze Menge Aktionen geben: neues Musikvideo, Single Release, Social Media Hashtag Kampagne, Tour durch Suchtkliniken und ein großes Abschlusskonzert in Freiburg. Wenn man über Alkohol spricht ist man immer gleich der Oberspießer – wir wollen ein bisschen was Neues in den Diskurs bringen und dabei nicht sagen „Alkohol ist böse“, sondern einfach mehr normalisieren, dass man darüber spricht. So viel erstmal dazu – ich denke, da werden wir uns sicher Richtung Mai nochmal sprechen? ;)

Kultur Joker: Liebe Julia, lieber Felix, das werden wir! Herzlichen Dank für das Gespräch, wir sind gespannt auf die Zukunft!

Bildquellen

  • Das Debütalbum „100 m²“: Foto: WILLMAN
  • Julia Lauber und Felix Birsner bilden das Duo WILLMAN: Foto: WILLMAN