„Haltestelle“ wird restauriert: Späte Rehabilitation eines öffentlichen Kunstwerks

Richard Schindlers „Haltestelle“ thematisiert Gertrud Luckners Rettungswiderstand. 1996 realisierte der Freiburger Künstler nach gewonnenem Kunst-am-Bau-Wettbewerb seine architektonische Plastik für den Hof der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule. Luckner (1900–1965), die christliche Widerständlerin im Dritten Reich, Ehrenbürgerin der Stadt Freiburg, hatte besonders Jüdinnen und Juden im gesamten ehemaligen Deutschen Reich unterstützt, meist bei Fluchthilfen. So war sie selbst stets ‚unterwegs‘, meist in weitgespannten Bahnreisen quer durch das damalige NS-Deutschland – vom äußersten Südwesten: von Freiburg über Berlin bis in den Nordosten nach Königsberg.
Schindler hat diese biografischen Motive konzeptuell aufgenommen. Ein architektonischer Zwischenhalt, gleichsam in Eile und Hast und Angst vor Entlarvung oder Denunziation entstand. Zwei Holzbänke im überdachten Entrée des Ensembles laden ein. Doch wer dort sitzt, empfindet Unruhe und Irritation: Der Blick fällt in den nicht begehbaren, von Glaswänden abgeschirmten Innenbereich des kleinen Wartesaals. Ein rostiger, altar-ähnlicher Eisentisch ist sichtbar, auch ein großes Foto an der Seite – Einblick gibt es zudem von außen durch Luken im Backstein, der das benachbarte Schulgebäude aufnimmt. Die Kubatur samt Tonnengewölbe oszilliert sinnig zwischen Eisenbahnwagon und Wartehalle.
Schon zwei Mal wurde das Kunstwerk massiv beschädigt. „Wenige Monate nach der ersten Restaurierung 2019 sind zunächst drei Glasscheiben (die beiden Türblätter und das vordere rechte Glas) durch große Steinbrocken, die dagegen geschleudert wurden, beschädigt worden“, erinnert Schindler. Seitdem schützte ein Bauzaun die Anlage – aber sie blieb entstellt. Die Kulturverwaltung wurde wiederholt gebeten, Abhilfe zu schaffen. Aber natürlich entsteht dabei ein finanzieller Aufwand. Die Übeltäter konnten übrigens nicht dingfest gemacht werden: Es bleibt offen, ob es sich um einen neo-nazistischen Impuls oder nicht vielmehr um jugendlich-unbedachten Vandalismus handelte. Umso wichtiger erscheint die weitere Vermittlung der Arbeit just auf einem Schulgelände!
2023 kam glücklicherweise Bewegung in die Angelegenheit: Das städtische Gebäudemanagement (GMF) beauftragte Schindler, ein Restaurierungskonzept vorzulegen – er tat dies im November. Kern seiner Gedanken ist, neben einigen allfälligen Ausbesserungen und Reparaturen, den Zentralbereich zwar zusätzlich zu schützen, doch zugleich inhaltlich weiter aufzuwerten. So schlägt er nun an Vorder- und Rückseite sowie vor den seitlichen Fenstern die Anbringung schmiedeeiserner Gitter in barockisierender Manier vor – ein neues Stilelement zwar, aber aus kirchlichem Kontext übertragen ganz sinnfällig. Zumal entsteht so eine neue Sakralisierung des Objekts. Das könnte helfen. Die baldige Umsetzung ist wünschenswert, gerade in heutiger Zeit.

 

Bildquellen

  • Neues Konzept für die Haltestelle: Fotomontage: Schindler / Seeger