Gemeinsam durch ein Leben voller Kunst: Ein Besuch bei Oda und Roland Bischoff in Freiburg Herdern

Gemeinschaftsarbeit, Szintillation III, 2015, Acryl, Pastell, schwarze Kreide auf Papier und Leinwand, 160×250 cm
© Bischoff

Ein solches Künstlerpaar wie Oda und Roland Bischoff gibt es nicht oft. Heute sind beide hochbetagt in den Achtzigern und können auf einen erfüllten gemeinsamen privaten und künstlerischen Weg zurückblicken. Bei einem Besuch in ihrer Wohnung in Freiburg erzählten sie davon.
Das Kunststudium führte beide zusammen. Roland Bischoff begann sein Studium nach einem Volontariat in einer Restaurierungswerkstätte in Überlingen am Bodensee im Jahr 1954 an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe bei solchen Größen wie Wilhelm Schnarrenberger und HAP Grieshaber. Oda Bischoff studierte Kunst zunächst an der Universität München und wechselte 1957 ebenfalls nach Karlsruhe. Ihre maßgeblichen Lehrer waren die nicht minder renommierten Maler Herbert Kitzel und Fritz Klemm. Es dauerte kaum ein Jahr und aus den Kommilitonen wurde ein Paar. Roland wies augenzwinkernd darauf hin, dass dabei seine Mitgliedschaft in einer Jazz-Formation (Klavier und Klarinette) nicht unerheblich beitrug. Beide schwärmten von dieser turbulenten Zeit, von ihren Lehrern und dem offenen und freien Klima an der Karlsruher Akademie. Mit den Bischoffs studierten damals unter anderen die späteren Erfolgsmaler Peter Dreher, Dieter Krieg, Horst Antes, Hans-Martin Gerhard oder Hans-Volker Baschang.
Mitten in diese Aufbruchstimmung platzte der Weggang des allseits beliebten HAP Grieshaber. Der Anlass: An der Karlsruher Akademie wurden die StudentInnen der Kunstpädagogik und die Freien KünstlerInnen in gemeinsamen Kursen unterrichtet. Das bedeutete unter anderem, dass die KunstpädagogInnen für ihr Staatsexamen ebenfalls Kurse wie Akt-, Porträt- und Tierzeichnen zu absolvieren hatten und darin geprüft wurden. Damals vollzog sich in Karlsruhe eine deutliche Verschiebung vom Gegenständlichen hin zum Abstrakten, was sich natürlich auch in den Prüfungsarbeiten der AbsolventInnen niederschlug. Ein völlig ignoranter Prüfer lehnte die Bilder eines kompletten Jahrgangs ab, weil er in den Darstellungen zum Beispiel „keine richtigen Hühner erkennen könne“. Alle mussten deshalb das Examen wiederholen. Die Bischoffs entrüsten sich noch heute mit Zorn über diesen Vorgang. Grieshaber legte ob dieses unsäglichen Kretinismus sein Amt nieder, gestaltete sein damit begründetes Kündigungsschreiben an das Kultusministerium in strenger Barockschrift und zog sich wieder auf die Achalm bei Reutlingen zurück.
Nachdem beide ihr Staatsexamen abgelegt hatten fand Roland zunächst eine Stelle als Kunsterzieher am Max-Planck-Gymnasium in Lahr und sie konnten eine Wohnung in der schon etwas heruntergekommenen Jugendstilvilla Sieferle beziehen, in der außer ihnen nur noch Bildhauer in ihren Ateliers arbeiteten. Die Villa sollte in ihrem Leben später noch einmal Bedeutung gewinnen.
Der Umzug 1969 nach Herdern in Freiburg und der Antritt ihrer Arbeit als Kunsterzieher am fast benachbarten Friedrich-Gymnasium in der Jacobistraße markierte die nächste Lebensstation des Künstlerpaares. „Wir wollten beide in erster Linie malen und die Arbeit am WG war natürlich willkommener Brotberuf“, sagt Oda, zumal sich zu dieser Zeit die Familie auch vergrößert hatte. Gleichwohl nahmen sie ihre kunstpädagogische Arbeit gleichermaßen ernst und Roland resümiert: „Wir hätten als Kunstlehrer nicht erfolgreich und mit Freude arbeiten können, wenn wir nicht weiter selbst gemalt hätten“. Er wurde über seine Arbeit am FG auch bald mit der Referendarausbildung von angehenden KunsterzieherInnen beauftragt.
Freilich gestaltete sich die eigene malerische Arbeit der Bischoffs nicht ganz einfach. In der Wohnung gab es keinen Platz für zwei Staffeleien und nur eine einzige freie Wand im Elternschlafzimmer. Aus der Not wurde eine Tugend. Sie spannten flächendeckende Papierbahnen an die freie Wand und zeichneten zunächst mit Kohle, später mit Stiften. Anfangs teilten sie die Fläche in der Mitte und arbeiteten aufeinander zu. „Dies ergab ein Format von 2,50 mal 1,56 Metern für jeden, welches wir auch später beibehielten“, schmunzelt Roland. Und daraus entwickelte sich auch eine spezifische Besonderheit ihres künstlerischen Schaffens: Die Gemeinschaftsarbeit, bei der beide gleichzeitig am selben Thema auf derselben Malfläche wirkten. „Mal geschah dies unmittelbar zusammen, mal nacheinander, wenn der eine an einem Punkt nicht weiterkam und dem anderen eine mögliche Lösung überließ“, erinnert sich Oda.
Die Situation verbesserte sich erst 1978, als die ehemalige Villa Mitscherlich in der Freiburger Wiehre zu einem Atelierhaus für KünstlerInnen umfunktioniert wurde. Oda und Roland Bischoff waren unter den Erstmietern und haben dort ihren Arbeitsraum bis zum heutigen Tag. Nun waren auch dem Malen mit Farbe keine Grenzen mehr gesetzt. Obwohl nach wie vor auch weitere Gemeinschaftsarbeiten entstanden, ging nun jeder seinen eigenen Weg: Oda fast ausschließlich abstrakt, Roland auch mit gegenständlichen Komponenten.

Ausstellungsansicht „Paint it Black“, 2021, Atelier Lahr © Bischoff

Als wäre dies alles nicht schon genug, ergriffen die beiden die Gelegenheit, die ehemaligen Atelierräume der Bildhauer in der Villa Sieferle in Lahr zu einer Kunstgalerie umzubauen. 1996 wurde die Galerie mit einer Ausstellung von Peter Dreher eröffnet, mit dem die Bischoffs seit Karlsruher Zeiten gut bekannt sind. Ihm folgten zahlreiche Ausstellungen von großen Namen wie Alfonso Hüppi, Hans Martin Erhardt, Armin Göhringer, oder Rainer Nepita. 2007 übernahm Sohn Nikolaus Bischoff noch für einige Zeit die Führung der Galerie.
Im November 2021 verabschiedeten sich Oda und Roland Bischoff mit einer umfangreichen Ausstellung ihrer eigenen Werke aus allen ihren Schaffensperioden mit dem Titel „Paint it black“ aus Lahr.
Die Begeisterung, mit der das Künstlerpaar mit leuchtenden Augen über ihren Lebensweg und ihr Schaffen erzählten, die Untermalung mit zahlreichen Anekdoten von Begegnungen mit anderen KünstlerInnen und ihre sichtliche Zufriedenheit zeigten, dass sie eigentlich immer richtig lagen. Ein kräftiges „Weiter so“ zum Schluss!

Die Ausstellung „Paint it black“ ist in einem sorgfältig editierten Katalog mit dem Titel „Wechselwirkungen“ inklusive zweier Essays von Julia Galandi-Pascual und Klaus Merkel im Freiburger Modo Verlag erschienen und im Buchhandel unter ISBN 978-3-86833-312-1 erhältlich.

Bildquellen

  • Gemeinschaftsarbeit, Szintillation III, 2015, Acryl, Pastell, schwarze Kreide auf Papier und Leinwand, 160×250 cm: © Bischoff
  • Ausstellungsansicht „Paint it Black“, 2021, Atelier Lahr: © Bischoff
  • Roland und Oda Bischoff: Foto: E. Krieger