Exquisite Outdoor-Kunst in Markgräfler Reblandschaft: „Bammerthüsli Kunst Projekte 2022“

Ramòn Graefenstein: „Babylon als Ebene“, 2022, Recyceltes Polyestergewebe, Blei, Holz

Bammerthüsli sind robuste, turmartige und solitär stehende Bauwerke in den Rebbergen im Markgräflerland. Die ältesten stammen aus dem 18. Jahrhundert und beherbergten bis ins 20. Jahrhundert hinein einen Bannwart (alemannisch Bammert) als Schützer der Rebanlagen vor Vogel- und Mundraub an den Trauben. Es gibt noch viele Erzählungen über die nicht sehr feine Art, mit der diese Reblandhüter Fremden und auch Einheimischen bei unbefugtem Betreten der Weinberge begegneten.
Neun dieser in ihrem ursprünglichen Sinne ausgedienten Bammerthüsli in der unmittelbaren Nähe von Müllheim bilden derzeit die Basis für eine kohärente weiträumige Outdoor-Kunst-Installation. Als Initiator und Spiritus Rector dieses aufwendigen Projekts fungierte der in Müllheim gebürtige und heute in Köln arbeitende Künstler Kriz Olbricht. Im Teamwork mit seinen KollegInnen Ramón Grafenstein, Sophie Innmann, Tanja Kodlin und David Semper wurde das Ausstellungsprojekt im landschaftlichen Raum konzipiert. Die KünstlerInnengruppe verfolgte auf Grundlage zahlreicher Besuche vor Ort das Prinzip, sowohl eigenständige Kunstwerke entstehen zu lassen, sich dabei jedoch an einer gemeinsamenGrundidee zu orientieren. Die gewählten Kunstformen reichen von Zeichnungen, Installationen mit unterschiedlichsten Materialien, Performances bis zu geführten Spaziergängen mit den KünstlerInnen. Dabei geht es keineswegs um eine Kulturgeschichte der Bammerthüsli oder andere Formen der Landschafts- oder Heimatverherrlichung: „Die „Bammerthüsli Kunst Projekte 2020“ bilden aus dem Geflecht der Bammerthüsli einen rhizomatischen Kunstraum im geografischen Raum, in welchem die einzelnen Projekte in den Dialog mit den jeweiligen Orten, der unmittelbaren Umgebung und in das Verhältnis zueinander treten. Sie erlauben einen Blick auf Beziehungsgeflechte wie Natur, Landschaft, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft; gleichzeitig wird die temporär ausgestellte Kunst zum Nullpunkt eines neuen Koordinatensystems. So muss neben dem gedanklichen auch der physische Raum zwischen den Orten zurückgelegt werden.“ (Kriz Olbricht). Die künstlerische Umsetzung ziele mit ihren Verfremdungen darauf, dem Betrachtenden Kunst als spezifisch ästhetische Erfahrung zu ermöglichen und dadurch zum Aufwerfen von „historischen, architektonischen, politischen, sozialen und ästhetischen Fragen anzuregen.“

David Semper: „Finestra“, 2022, Alabasterverschnitt, Putz
Foto: David Semper

Jan Merk, Leiter des Markgräfler Museums Müllheim, zeigte sich sehr erfreut über das Konzept der Künstlergruppe. „Ausgehend von einem regionalen Bezugspunkt ergibt sich mit diesem Blick der sämtlich auswärtigen Künstler ein horizonterweiternder Impuls“. Neben der engen Kooperation mit dem Museum wurde das Projekt zusätzlich vom Markgräfler Museumsverein, der Stiftung Kulturfonds und der Stadt Müllheim unterstützt.
Um ein vollständiges Bild von der Ausstellung zu gewinnen sind die BesucherInnen vor Herausforderungen gestellt, denn die Orte der einzelnen Projekte liegen zum Teil mehrere Kilometer auseinander und es gibt keinen einfachen Rundweg. Es empfiehlt sich deshalb, zunächst den eingerichteten Infopunkt im Foyer des Markgräfler Museums anzusteuern. Dort kann anhand eines ausführlichen Faltplans eine individuelle Route für den Besuch der einzelnen Projekte gewählt werden, entweder mit dem Auto, zu Fuß oder auch auf mehrere Tage verteilt.

„Bammerthüsli Kunst Projekte 2020“. Markgräfler Museum, 79379 Müllheim. Montag - Sonntag, ganztägig zugänglich. Spaziergänge mit Anna Schütten und Kriz Olbricht: 16. Juli, 6. und 20. August sowie 24. September. Inforaum im Museum: Mittwoch - Samstag, 14 - 18 Uhr und Sonntag, 11 - 18 Uhr. Bis 02.10.2022.

Bildquellen

  • Ramòn Graefenstein: „Babylon als Ebene“, 2022, Recyceltes Polyestergewebe, Blei, Holz: Foto: Kriz Olbricht
  • David Semper: „Finestra“, 2022, Alabasterverschnitt, Putz: Foto: David Semper