Die Meisterinnen der Kunst sind angekommen: „Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten“ im Kunstmuseum Basel

Sie sind da! Endlich in Basel angekommen! Die Meisterinnen aus Italien, Frankreich, Flamen, der Niederlande und der Schweiz in der Zeit von 1548 bis ins 18. Jahrhundert. Rund zwanzig Künstlerinnen, Malerinnen und Grafikerinnen zeigt das Kunstmuseum in Gegenüberstellung mit Werken ihrer Väter, Brüder und Lehrer. Es ist die zweite Station der von Katryn Dyballa im Bucerusforum Hamburg entwickelten Ausstellung mit Porträts, Stillleben, mythologischen und religiösen Historienbildern. In Basel werden rund 50 Bilder weniger gezeigt. Maria Sybilla Merian mit präzise ausgeführten Blumen- und Falterzeichnungen und die zu Lebzeiten hochgerühmte Angelika Kauffmann mit klassizistischen Porträts und mythologischer Szenen sind gut bekannt. Die Mehrzahl der Künstlerinnen kennt die Allgemeinheit kaum. Wie Marietta Robusti, nach ihrem Vater ‘La Tintoretta’ genannt. In Knabenkleidern durfte die Hochbegabte ihrem Vater in der Werkstatt assistieren. Ihr ‘Selbstporträt mit Madrigal’ um 1580 zeigt sie als frisch Vermählte in cremefarbenem Kleid. Allzu lange wurde dieses Bild Tizian zugeschrieben. Selbst Giorgio Vasari erwähnte in seinen Künstlerviten 1550 nur 4 Künstlerinnen unter 133 Biografien. Lavinia Fontana aus Bologna lernte in der Werkstatt ihres Vaters Prospero. Kleine Selbstporträts wie das berühmte ‘Selbstporträt am Spinett’ der Accademia di San Luca dienten als Werbegeschenk. Auch großformatige Figurenporträts in präziser Darstellung mit feinst ausgeführter Spitze an Kragen und Handgelenk und religiöse Bilder, eine Krönung jedes Kunstschaffenden der Zeit, zählten zu ihren Sujets. Die Künstlerin erzielte hohe Preise, selbst nach ihrer Heirat und den folgenden elf Geburten.

Lavinia Fontana: „Selbstporträt am Spinett“, 1577, Öl auf Leinwand © Accademia Nazionale di San Luca, Roma, Foto: Mauro Coen

In fünf Ausstellungsräumen mit knapp bemessener Wandfläche und im ausgezeichneten Katalog wird thematisch vorgegangen: Töchter in der väterlichen Werkstatt, Malen mit Familie, Karriere vor der Ehe, bewusst ohne Ehemann, Künstlerinnen am Hof. Maria von Oosterwijck aus der Nähe von Delft mit präzise ausgeführten Blumenstillleben führte ab 1672/73 ein eigenes Atelier in Amsterdam. Unter ihren Auftraggebern war König Ludwig XIV von Frankreich. Von Michaelina Wautier aus Mons in Belgien besticht das Porträt ‘Studie einer Frau’, um 1660. Elisabetta Sirani war eine von drei Töchtern des Giovanni Andrea, Meisterschüler von Guido Reni, der die Mädchen in seiner Werkstatt unterrichtete. Bereits siebzehnjährig malte sie Altarbilder für Kirchen bei Bologna. Sie führte genau Buch über ihre 200 Gemälde, Zeichnungen und Kupferstiche. Ihr früher Tod mit 27 Jahren beendete eine steile Karriere. Wie konnte sie, Mitglied der Accademia di San Luca, die gleich einer Fürstin in einem Katafalk in San Domenico beerdigt wurde, 460 Jahre lange vergessen werden? Im ersten Saal ist ihre ‘Omphale’ zu sehen. In der Farbigkeit Renis hat sie die Frau gemalt, die ihren starken Sklaven, Herakles, geheiratet hat und diese mit seinen Attributen, Keule und Löwenfell samt Pfote abgebildet. Von der hochbegabten Sofonisba Anguissola, die am spanischen Hof porträtierte und da die Königin unterrichtete, ist das Porträt ihrer Malerschwester ‘Elena im Nonnenhabit’ zu sehen. Ein Kleinod in der Sammlung des Kunstmuseums stellt das ‘Selbstporträt’ der Catharina van Hemessen dar. Es zählt zu den frühesten mit der Signatur: «Ego Catherina de Hemessen me pinxi 1548 eta sua 20» (Ich Catharina van Hemessen habe es 1548 mit 20 Jahren gemalt). Welch Selbstbewusstsein spricht hier aus der Malerin! Judith Leyster (Leitstern) signierte mit einem gezeichneten Stern. Hier zu sehen ‘Zwei Musiker’ und ‘Lustiger Zecher’. Wie ihr Vater war sie von Frans Hals beeinflusst. Sie betrieb bis zu ihrer Eheschlieβung mit Jan Miense Molenaer eine eigene Werkstatt. Die bekannte Stilllebenmalerin Clara Peeters und zwei Generationen später Rachel Ruysch bestechen durch Detailtreue. Im letzten Raum begegnen uns die dreizehnjährige Schweizerin Anna Waser, die ihren Lehrer malt und Anna Barbara Aebisch, welche sich in Hinterglasmalerei perfektionierte. Die vorwiegend in Berlin tätige Anna Dorothea Therbusch wurde 1776 in die Pariser Academie Royale aufgenommen und die Bambergerin Katharina Treu, ausgebildet an der Akademie in Düsseldorf, war Hofmalerin und später Titularprofessorin in Düsseldorf.
In den beiden grafischen Kabinetten sind Werke der Kupferstecherinnen Diana Mantovana und Magdalena de Passe zu sehen, die in den Werkstätten ihrer Familie arbeiteten. Maria Katharina Prestel aus Nürnberg hat ihren Lehrer geheiratet, vier Kinder geboren, zog 1786 alleine nach London und arbeitete für Verleger. Bis heute werden Kunstbücher von Prestel ediert.
Die Präsentation der oft unter großen Mühen und Teilhabeverboten in Zünften, Gilden und Akademien hergestellten Werke zeugt nicht nur von einem Können, das männlichen Künstlern ebenbürtig ist, sondern auch von groβem Durchsetzungsvermögen der Künstlerinnen in ihrer Zeit. Die in Basel kaum vertretene italienische Kunst der Renaissance und des Barock kann nun begeistern, vor allen Dingen die Kunst der malenden Frauen.

Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten. Kunstmuseum Basel, Altbau St. Alban Graben 8. www.kunstmuseumbasel.ch. Bis 30.06.2024.

Bildquellen

  • Lavinia Fontana: „Selbstporträt am Spinett“, 1577, Öl auf Leinwand: © Accademia Nazionale di San Luca, Roma, Foto: Mauro Coen
  • Rachel Ruysch: „Stillleben mit Rosenzweig, Käfer und Biene“, 1741, Öl auf Leinwand, auf Eichenholz aufgezogen: © Kunstmuseum Basel, Schenkung der Prof. J.J. Bachofen-Burckhardt-Stiftung Foto: Martin P. Bühler