Die Kunsthalle Messmer präsentiert das schaulustige Werk des italienischen Malers Enrico Ghinato und stellt es Originalmodellen der Vespa gegenüber – Bildende Kunst trifft Design

Italien ist Kunstgeschichte: Da Vinci, Michelangelo, Caravaggio. Italien ist aber auch Mode und Design. Diverse Luxusmarken befördern das Image Italiens als stilbewusstes, aber auch gut motorisiertes Land. Nicht zufällig setzen sich die Hollywoodstars Audrey Hepburn und Gregory Peck auf eine klassisch italienische Vespa, um im Filmklassiker „Ein Herz und eine Krone“ von 1953 elegant durch die romantische Innenstadt Roms zu brausen. Die Kunst kommt nicht vorbei an diesen Maschinen, will sie den italienischen Geist wahren und manch ein Künstler, wie
Enrico Ghinato, nimmt die Harausforderung spielerisch an.
„Hyperrealistische Malerei trifft auf Design-Ikone“ titelt die neue Ausstellung in der Kunsthalle Messmer und bringt leichterhand Kunst und Design zusammen. Nicht nur sehen wir Ghinatos leuchtstarke, fotorealistisch anmutende Autogemälde in Öl, auf denen italienische Ikonen wie der Ferrari 312 oder 166 zu sehen sind. Auch stehen den Gemälden 12 historische Originalmodelle der Vespa gegenüber, die selbst musealisiert auf kleinen Plattformen stehen und nicht angefasst, erst recht nicht gefahren werden sollen.
Jürgen A. Messmer ist von der Ausstellung begeistert: „Es ist die Schönste!“ Kein Wunder, schließlich ist der Museumsgründer, ebenso wie Enrico Ghinato Liebhaber stilvoller Motorroller und Automobile. Ghinato, 1955 in Lendinara in Venetien geboren, arbeitete schon früh in der Autowerkstatt seines Vaters und kam in seiner Freizeit zur Malerei. Umso erstaunlicher die Präzision seiner Bilder, der schwindelmachende Detailreichtum. Als „hyperrealistisch“ will der Künstler seine Bilder aber nicht bezeichnet wissen. Eher sieht er sich als Impressionist, der in seinen Darstellungen den Moment abzupassen versucht, die Umgebung der luxuriösen Automodelle, die sich in den vielfältigen, das Auge verwirrenden Spiegelungen auf der makellosen Karosserie manifestiert.
Um die sanfte Brechung, weniger um die Abbildung einer scheinbar sicheren Realität geht es. Mixed-Media-Werke gehören zum Zirkus für das Auge entsprechend dazu. So stülpt sich den Betrachtenden aus einem Gemälde plötzlich die Blechfront eines Oldtimers entgegen. Noch markanter sind die perspektivischen Brechungen in Ghinatos Darstellungen von Schaufenstermode. Wer schon einmal versucht hat, Stücke hinter Schaufensterglas zu fotografieren, weiß, wie schwierig es ist, den Verspiegelungen zu entgehen. Ghinato indes macht ein Spiel daraus und konterkariert den aufreizenden Anblick eines Dessous mit der Spiegelung einer Einkaufsstraße und dem lüsternen Blick eines vorbeilaufenden Mannes – die schaulustigen Betrachtenden fallen auf sich selbst zurück.
Eine bloße Blechbeschau für Autofans ist diese Reise in die Welt der Designs und Marken also definitiv nicht, eher ein feinsinniges Spiel mit der Wahrnehmung allzu vertrauter Motive. Eben etwas für Freund:innen durchdachter italienischer Kunst.

Die Ausstellung „Bella Italia. Enrico Ghinato & Vespa“ ist in der Kunsthalle Messmer in Riegel zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und feiertags, 10–17 Uhr. Bis 23.06.2024.

Bildquellen

  • Enrico Ghinato: „Ferrari 166 MM Barchetta 1948“ (2018): © IMAGO Art Gallery