„Deutsches Design 1949-1989. Zwei Länder, eine Geschichte“ – Ausstellung im Vitra Design Museum in Weil am Rhein

VEB Textilkombinat Cottbus, DDR Damenmode, 1978 © akg-images/Günter Rubitzsch

Nun ist endlich ein Highlight im Vitra Design Museum wieder zugänglich, nämlich die Ausstellung „Deutsches Design 1949–1989. Zwei Länder, eine Geschichte“, die sich auf Spurensuche in die Designgeschichte des geteilten Deutschlands begibt. Die Schau erhellt unterschiedliche Lebenswelten, weist aber auch auf Parallelen und Querbezüge hin, die das Metier in Ost und West immer verbunden haben. Die Exponate zeigen, dass man in beiden Teilen nach dem Krieg zunächst auf Alltagsgegenstände konzentriert war, d.h. auf Möbel, Essgeschirr, Leuchten, Uhren, Kleider und Werkzeuge; zudem blickt die Ausstellung auf Industriedesign, Grafik und Wohnungsbau, teils mit Filmsequenzen.
Geprägt durch Bauhaus und Werkbund, erlangte Design aus Deutschland seit den 1920er Jahren weltweit Bedeutung. In der Ära nach 1949 setzten sich in beiden Hälften des gespaltenen Landes die Trends der Vorkriegszeit fort, trotz unterschiedlicher Gesellschaften; in dieser Hinsicht kann die Schau mit Klischees und der simplen Vorstellung aufräumen, dass in der BRD ein kühler Funktionalismus dominant war, während DDR-Design dem bunten Plastik frönte. Zwar wurde in der DDR offiziell ein Anknüpfen an die Lehren des Bauhauses unterbunden, in Abgrenzung zum Westen, doch in den 1960er Jahren war hier die Wende zu einem modernen funktionalen Stil kaum aufzuhalten. Ein vergleichender Blick auf die Rolle von Design im System von Kapitalismus und Sozialismus deutet auf viele Aspekte, u.a. auf seine Wichtigkeit für Politik und Propaganda; aber rechts und links der innerdeutschen Grenze entwickelten sich Institutionen, für die Geschmacksbildung und soziale Verantwortung Priorität hatten. Die Ausbildung von Designern im Osten legte jedoch vermehrt Wert auf Handwerk, Haltbarkeit und sparsamen Materialverbrauch, indessen im Westen bereits Ressourcenverschwendung herrschte; so entstand etwa die konsumkritische Design-Bewegung „Des-in“, die Abfallprodukte verarbeitete.
In der Ausstellung werden auch bedeutende Protagonisten vorgestellt, darunter Dieter Rams und Hans Gugelot im Westen und Rudolf Horn und Margarete Jahny im Osten, sowie prägende Institutionen, insbesondere die Burg Giebichenstein in Halle oder die Hochschule für Gestaltung in Ulm; deren Nähe zeigt sich z.B. am Stapelgeschirr von Margarete Jahny (Ost) und Hans Roerich (West). Hier wie dort setzte man sich intensiv mit Problemen und Verwendungen von Gegenständen auseinander, bevor sie Form erhielten. In der BRD beschleunigte Design die Exportwirtschaft „Made in Germany“, in der DDR fachte es die sozialistische Planwirtschaft an, die erschwingliche Produkte für breite Bevölkerungskreise erstrebte. Design kann ein Symbol getrennter politischer Systeme sein, aber überdies ein Medium für Subkulturen, die nicht zuletzt zum Fall der Mauer 1989 beigetragen haben; diesbezüglich sind in der Ausstellung bewegende Filmaufnahmen zu sehen. Ein Katalog präsentiert weiteren Stoff zu einfallsreichen Objekten und findigen Tüftlern, die auch wissen, was unbedingt wegzulassen ist. Zusätzliches Vergnügen bietet ein Spaziergang und Aufenthalt im öffentlichen Bereich des Vitra-Campus mit dem neuen „Perennial Garden“ und vielen architektonischen Besonderheiten.

Deutsches Design 1949-1989. Zwei Länder, eine Geschichte. Vitra Design Museum. Weil a. Rhein. Momentan ein Zeitfenster buchen: www.vitra-design-museum.de. Bis 5. September 2021

Bildquellen

  • Klaus Kunis, Blumengießer, ca. 1960, aus: Nachweis für Besiedlung 2014, Hg. Werkleitz Gesellschaft e.V., Installation: Stephan Schulz,: © Werkleitz 2014, Foto: Yvonne Most