Das Luststreifen Film Festival Basel nimmt den Film als Experimentierfeld sinnlicher, kreativer Lebensentwürfe

Nachdem das Luststreifen Film Festival Basel im letzten Jahr coronabedingt kürzer treten musste, gibt es dieses Jahr zur 14. Ausgabe eine würdige Wiederkehr. Mit dem kulturpolitischen Auftrag, Diskussionen und Diversität zu fördern, bietet das Festival ein Programm bunter, queerer, sinnlicher, außergewöhnlicher Filme. Vom 30. September bis 3. Oktober wird Basel zur Spielstätte filmischer Beiträge aus aller Welt – und zur Begegnungsstätte jenseits einengender Normen.
Geteilt ist das Filmprogramm auch dieses Jahr in „Shorts“ und Langfilme. Herzstück der „Shorts“ ist ein Wettbewerb mit drei Kategorien: fiktionale Kurzfilme, dokumentarische Kurzfilme und pornografische Kurzfilme. Die Anzahl der Einreichungen für pornografische Kurzfilme brachte das Luststreifen-Team dieses Jahr dazu, zwei Terminblöcke für dieses beliebte Format einzurichten. „Pornografisch“ bedeutet dabei nicht nur Lusterfüllung, sondern auch die originelle wie sinnliche Entdeckung eigener und zunächst fremder Körper in besonderen Situationen. Wer die früheren Ausgaben des Festivals besucht hat, erinnert sich an innovative, spielerische Konzepte jenseits der oft fragwürdigen Körperdarstellung der Mainstream-Pornografie. Deutlich wird, dass dem Festival daran liegt, lustvoll zu konfrontieren, Grenzen und Normen herauszufordern und Diskussionen zu fördern. Zum Abschluss des Festivals am 3. Oktober vergibt eine Fachjury die „Lust*Awards“ in den jeweiligen Kategorien.
Größere Einblicke in queer-feministische Perspektiven bietet das umfassende Langfilmprogramm mit 12 Langfilmen, darunter sechs fiktionale und sechs dokumentarische Werke. Das Programm zeigt sich international, global mit Produktionen aus der Schweiz, Kosovo, Deutschland, Brasilien, Spanien, USA, Russland. Darunter sind auch Länder, in denen aus verschiedenen, oft gesellschaftlichen Gründen selten queer-feministische Filme entstehen. Entsprechend viel Sprengkraft haben solche Äußerungen aus Ländern wie Ägypten, Libanon und Burkina Faso. Dass das Luststreifen Film Festival immer wieder und im Grunde stets auch politisch ist, bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Dennoch ist es wichtig, auf Filme aufmerksam zu machen, die sich oft übersehenen Themen widmen, die durchaus auch ins Spezifische reichen. In der Schweizer Premiere von „Girls Can‘t Surf“ wird das Publikum etwa mit dem Sexismus im Surfsport konfrontiert. Wie Sexwork und Mutterschaft zusammengehen oder auch Widersprüche zueinander bilden, zeigt „Garderie Nocturne“. Zunächst nicht dezidiert politisch, dafür ein audiovisueller Genuss ist „Vento Seco“. Der Film setzt schwule Liebe und Fetische in eine vibrierende Musikvideoästhetik. Ganz anders die Dokumentation „Sedimentos“, die eine Gruppe von trans*-Frauen auf einem Roadtrip begleitet. „Glück“ führt zum Thema der Sexarbeit zurück und verhandelt die lesbische Liebe in einem Bordell.
Auch regionale Premieren gefeierter Filme bietet das Luststreifen Film Festival, etwa mit dem Film „Hive“ von Blerta Basholli. Filmfans dürfen sich auf ein renommiertes Werk freuen: „Hive“ holte beim diesjährigen Sundance Film Festival ganze drei Preise. Den begehrten Teddy Award auf der diesjährigen Berlinale konnte „Miguel‘s War“ von Eliane Raheb gewinnen. Auch dieser Film über einen schwulen Mann, der sich seiner krisengeprägten Vergangenheit stellen muss und auf schmerzhafte Schuldgefühle wie Sehnsucht trifft, zeigt die besondere Verschränkung des Privaten wie Politischen, wie sie noch einige weitere Male bei diesem Festival verhandelt wird.
Eröffnet wird das Programm des diesjährigen Luststreifen Film Festivals mit einem besonderen, pikant als „Heidilicious“ benannten Kurzfilmprogramm. Gezeigt werden Schweizer Kurzfilme zu queer-feministischen Themen. Die Vielfalt der Filme spricht für sich: von Animations- über Dokumentar- bis hin zu Experimentalfilmen ist alles dabei, wobei manches davon auch über den Röstigraben hinausreicht. Zu sehen werden bei der Eröffnung auch Filme von lokalen Filmschaffenden sein, darunter der Gewinnerfilm des Basler Filmpreises 2020 „Being Sascha“ von Manuel Gübeli. Gübeli wird bei der Vorführung anwesend sein. Überhaupt wird das Luststreifen Film Festival wieder genügend Raum für Begegnung mit unterschiedlichen Filmschaffenden bieten.
Nicht nur enthält das Eröffnungsprogramm einen feierlichen Auftakt – das ganze Festival wird durch ein vielseitiges Rahmenprogramm ergänzt, das verschiedene Formen der Begegnung ermöglicht. Ein bloßes gemeinsames Sitzen vor der Leinwand wird es auch dieses Mal nicht geben, vielmehr ein bunter Raum erlebter Gemeinschaft, wie er aus der queer-feministischen Szene im Dreiländereck nicht mehr wegzudenken ist.

Weitere Infos und Tickets: www.luststreifen.com

Bildquellen

  • „Girls Can’t Surf“ von Christopher Nelius, Dokumentarfilm: Foto: promo