Das Luststreifen Film Festival Basel gibt dem queer-feministischen Film auch in diesem Jahr einen besonderen Ort

Vielfalt, Inklusion, Sexualität. Dass all das zusammengehen kann, beweist alljährlich das Basler Luststreifen Film Festival. Die nunmehr 15. Ausgabe findet vom 29. September bis 2. Oktober statt und bietet wieder ausreichend Raum für Film und Dialog. Im Mittelpunkt des Festivals stehen diejenigen, die in unserer Gesellschaft allzu selten zu Wort kommen, deren Erzählungen oft ungehört bleiben. Queere Lebensrealitäten werden in Langfilmen, Kurzfilmen, Dokumentationen greifbar gemacht. Viele der Filmschaffenden sind anwesend und sprechen mit dem Publikum über ihre Erfahrungen.
Eingeteilt ist das Festival in Spielfilme/Dokumentationen und einen Kurzfilmblock. Der wiederum hat verschiedene Schwerpunkte. Ein Programm mit einer Mischung aus fiktionalen und dokumentarischen Kurzfilmen und ein Programm mit pornografischen Kurzfilmen. Neben dem Kurzfilmwettbewerb laufen zwei Sonderprogramme. In der Kategorie „Heidilicious 2.0“ wird das gegenwärtige queer-feministische Kurzfilmschaffen in der Schweiz gezeigt. Dazu kommt das Porno-Kurzfilmprogramm „My (Un)Guilty Pleasure“, das verschiedene Formen der Lust zwischen Fetischismus und Perversion beleuchtet, Diversität und Erotik spielerisch zusammenbringt. Eine Fachjury verleiht die „Lust*Awards“, um herausragende Kurzfilme zu unterstützen. Unter den vier Awards ist auch ein Publikumspreis. Mittels Stimmzettel darf über den Siegerfilm entschieden werden.
Zu den spannenden 13 Langfilmbeiträgen zählt unter anderem „Sirens“, eine Dokumentation über die Trash-Metal-Fans Lilas und Shery während der Hochzeit der libanesischen Revolution. Im Mittelpunkt des Films steht auch die erste nahöstliche weibliche Metal Band Slave to Sirens. „Mel“ erzählt von Mel Daluzyan, eine Ikone des Gewichthebens, die einen tiefen Fall erlitt, als ihre Transgender-Identität öffentlich wurde. „Nuestros cuerpos son sus campos de batalla“ erkundet die Leben der argentinischen Trans-Frauen Claudia und Violeta. In ihrem politischen Kampf setzen sie sich gegen patriarchale Gewalt zur Wehr und bilden bald das Zentrum einer revolutionären Bewegung, die resolut mit der Vergangenheit des Landes brechen will.
Dalit-Frauen stehen im Mittelpunkt von „Writing With Fire“. Inmitten der von Männern dominierten indischen Gesellschaft verlegen sie die einzige Zeitschrift Indiens, hinter der Dalit-Frauen stehen. Auch die Inhalte ihrer Ausgaben sorgen für Kontroversen. Mit Smartphones bewaffnet brechen die Journalistinnen mit Traditionen und behaupten sich als Repräsentantinnen einer neuen Generation politisch aktiver Frauen. Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt der Dokumentation „Nelly & Nadine“. Beide begegnen sich im Konzentrationslager Ravensbrück an Weihnachten 1944. Nach der Befreiung finden sie einander wieder und bleiben ihr Leben lang zusammen. Mittels Fotografien, Super-8- und Audioaufnahmen sowie Tagebucheinträgen stößt Nellys Enkelin Sylvie auf die schwere wie hoffnungsmachende Lebensgeschichte beider queerer Frauen.
Einen eigenen Lebensentwurf demonstriert auch „Neptune‘s Frost“, der dieses Jahr bereits auf dem Basler Bildrausch Filmfestival zu sehen war. In halluzinatorischen Bildern wird die Geschichte eines intersexuellen Wesens erzählt, das zusammen mit einem Hackerkollektiv gegen die koloniale Ordnung kämpft. Ein afrofuturistischer Beitrag aus den USA und Ruanda. Ein assoziatives Werk bildet „Klappe“. Anhand von Ausschnitten seiner Karriere wird das Schaffen Jürgen Brünings beleuchtet. Brüning ist Mitbegründer des Pornfilmfestivals Berlin und Pornofilmregisseur. Überhaupt soll Pornoregisseur*innen auf dem Luststreifen Film Festival eine ausreichend große Bühne geboten werden. Ein Porn-Roundtable Talk soll das Thema des Kunst-Sex-Films vertiefen. Internationale und nationale Filmschaffende treffen aufeinander und diskutieren lebhaft über ihre Arbeit.
Räumliches Zentrum des Luststreifen Film Festivals wird vor allem das Humbug in Basel sein. Für das Filmprogramm kommen aber auch die Leinwände und Räumlichkeiten des kult.kino.camera und neues kino zum Einsatz.

Weitere Infos und Tickets: www.luststreifen.com

Bildquellen

  • Queere Visionen in „Neptune‘s Frost“ (Saul Williams / Anisia Uzeyman): Foto: Kino Lorber