Das Kunstmuseum Basel hat sich auf die Suche nach einem humorvollen Feminismus gemacht

Kawita Vatanajyankur: „The Scale“, 2015, HD Video, 2min 2 sec
© Courtesy of the artist and Nova Contemporary, Bangkok

Das ist jetzt ein alter Witz: in der New Yorker Galerie Marian Goodman stellte 1985/86 keine einzige Künstlerin aus, im nächsten Jahr immerhin eine. Sie bemühe sich, kommentierten die Guerrilla Girls diese Bilanz. Besser sah es bei Leo Castelli aus, ebenfalls in New York, der vier Ausstellungen mit Künstlerinnen organisierte, 1986/87 fiel er auf drei zurück. Er passt nicht auf, meinte das anonyme Frauenkollektiv larmoyant, das in seinen Aktionen immer wieder die Dominanz der weißen Männer in der Kunstszene herausstellt. „It’s even worse in Europa“, kann man auf einer der Wände im Kunstmuseum Basel/Gegenwart lesen.
Und in Europa sieht es ja wirklich keinesfalls besser aus. Der Anteil von Werken in der Sammlung des Kunstmuseum Basel, die von Frauen geschaffen wurden, dürfte nicht wirklich hoch sein – genaue Zahlen kennt man nicht. Und dies liegt nicht allein daran, dass Mittelalter und frühe Neuzeit eine solche Statistik hoffnungslos vermasseln. Arbeiten von Rosemarie Trockel, Cindy Sherman und Guerrilla Girls wurden angekauft, erzählt Maja Wismer, Leiterin Gegenwartskunst und Ko-Kuratorin der Schau „Fun Feminism“ auf der Pressekonferenz. Bei der Recherche stellte sich jedoch bald heraus, aus der Sammlung lässt sich eine Ausstellung, die nicht nur feministisch, sondern auch komisch ist, nicht kuratieren, sie wurde durch Leihgaben ergänzt. Dennoch ist der Einfluss von Frauen größer geworden, gerade in der Schweiz wurden in den letzten Jahren Leitungspositionen an wichtigen Museen und Institutionen mit Kandidatinnen besetzt. Das wird auch die Sammlungen verändern.
Der Impuls zu „Fun Feminism“ kam von außen, die beiden in Basel lebenden Künstlerinnen Senam Okudzeto und Claudia Müller fragten – wie die Guerrilla Girls – nach, wie es das Haus mit Künstlerinnen und überhaupt mit Diversität hält. Sie bekamen nicht nur eine Antwort, sondern aus ihrer Anfrage erwuchs die Ausstellung, die gut 40 Werke von Künstlerinnen zusammenführt. Vervollständigt wurde das vierköpfige Team von Alice Wilke vom Kunstmuseum Basel.
Mit dem Witz ist es so eine Sache, er funktioniert nicht ohne Kontext, sagt Wismer. Ganz fraglos komisch ist, dass Lynda Benglis in das Magazin Artforum 1974 eine Anzeige schmuggelte mit einem Foto von sich, nackt und eine beeindruckende Penisprothese vor der Scham, das zuvor als Teil eines redaktionellen Beitrags abgelehnt wurde. Geld besiegte die Moral.
Warum muss Kunst von Frauen, die kaum mehr machen als für sich Sichtbarkeit beanspruchen, überhaupt zudem komisch sein? Wird von Aktivisten verlangt, den Klimawandel mit Humor zu nehmen oder eklatante Menschenrechtsverletzungen? Noch immer scheint es Feministinnen wenig ratsam, mit Ernsthaftigkeit zu verschrecken. Die Konzeptkünstlerin Lily van der Stokker etwa sieht in den kindlichen Formen und Farben, die sie verwendet, auch eine gewisse Freundlichkeit. Neben einer Wandarbeit ist in Basel eine Art Werbeschild in Pink und knubbeliger Wolkenform zu sehen. „Only Yelling Older Women in here. Nothing to sell“ steht da – wohl wissend, dass sich nichts schlechter verkauft als ältere schreiende Frauen und dass sich die Kunst der 1954 geborenen Niederländerin eben doch verkauft. „Fun Feminism“ führt die Werke mehrere Künstlerinnengenerationen zusammen, doch diese formulieren nicht immer primär feministische Anliegen. Und so ist um diese Ausstellung auch etwas von einer Pflichtübung; notwendig, so wie sich wohl die meisten Frauen gezwungen sehen, sich zu Gleichberechtigung, ihrem Körper und sozialen Rollen zu verhalten. Die hier gezeigten Werke kennen jedoch noch andere Geschichten, das macht es einerseits schwer, einen roten Faden zu knüpfen, andererseits ist es ihre Stärke. So lässt sich Kawita Vatanajyankurs Video „The Scale“ zwar als Sinnbild für das Leben von Frauen lesen. Viele dürften sich mit der Frau identifizieren, die mit ihren Füßen eine blaue Box in die Höhe stemmt, in die von oben eine Wassermelone nach der anderen geworfen wird, doch der Performancekünstlerin geht es in ihren Arbeiten eben auch um den Komplex Arbeit.

Fun Feminism. Kunstmuseum Basel/Gegenwart, St. Alban-Rheinweg 60, Basel. Di-So 11-18 Uhr. Bis 19.3.2023. Tickets: kunstmuseumbasel.ch

Bildquellen

  • Kawita Vatanajyankur: „The Scale“, 2015, HD Video, 2min 2 sec: © Courtesy of the artist and Nova Contemporary, Bangkok
  • Lily van der Stokker: „ Yelling Older Women“, 2014, acrylic paint on wood © Kaufmann Repetto Milan/New York: Foto: Julian Salinas