Das Haus der Graphischen Sammlung Freiburg zeigt Aufnahmen von Gottfried Theodor Hase

Und früher diese Übersicht. Die Ausstellung „Gottlieb Theodor Hase. Freiburgs erster Fotograf“ ist eine Zeitreise in das 19. Jahrhundert. Und warum diese verlockend sein kann, ist offensichtlich. Die Ansichten Hases, die im Haus der Graphischen Sammlung zu sehen sind, zeigen ein Freiburg, das noch in Ordnung scheint. Die Stadttore sind noch nicht aufgestockt, es herrscht mittelalterliche Enge und irgendwo lenkt jemand ein Ochsengespann. Alles wirkt aufgeräumt, bürgerlich und herausgeputzt. Hase war der erste, der Freiburg in dieser Weise abbildete, entsprechend hat er auch unser Bild vom historischen Freiburg geprägt.
Dabei war es Gottlieb Theodor Hase nicht an der Wiege gesungen, dass er einmal badischer Hoffotograf werden sollte. Nicht, weil er etwa in Erfurt geboren wurde. Nein, Hase kam aus einfacheren Verhältnissen. Als er sich 1857 in Freiburg niederlässt, zehn Jahre zuvor hatte er hier geheiratet, war aber mit seiner Frau nach Erfurt zurückgekehrt, hatte er einige Jahre hinter sich, in denen er als Wanderfotograf gearbeitet hat. So reist er durch Offenburg und Baden-Baden, nachdem er kurzzeitig ein eigenes Atelier in Würzburg geführt hat. Diese Jahre müssen seinen Blick geschärft haben, wie Städte organisiert sind, vielleicht haben sie ihn auch geschäftstüchtig gemacht und ihn mit einem Gespür ausgestattet, welche Möglichkeiten sich ihm durch die Fotografie boten. 1858 wird er dann bereits Hoffotograf und hat in Freiburg eine eigene Photografische Anstalt gegründet. 1878 wird sein Sohn Fritz einsteigen und das Geschäft über den Tod seines Vaters im Jahr 1888 hinausführen.
Während Gottlieb Theodor Hase anfangs auch gemalte Porträts, Landschaften und Miniaturen anbietet, wird dieser Erwerbszweig zunehmend unwichtig. Er wird Mitglied im Freiburger Ableger der Ponte-Molle Gesellschaft, die vom zurückgekehrten Deutschrömer, dem Maler Wilhelm Dürr, gegründet wird. Sein Wappenschild zeigt, wie könnte es anders sein, einen Hasen, einen Hasen jedoch, der auf einer Kamera sitzt und einen Pinsel zerbricht. Hase war mit Hilfe der neuen Technik ein sozialer Aufstieg gelungen, der ihn mitten hinein in die Honoratiorenkreise führte und ihm auch einen Kundenstamm eröffnete. Hases Foto-Porträts der anderen Ponte-Molle-Mitglieder sind dann auch in der Ausstellung zu sehen. Von den sozialgeschichtlichen oder soziologischen Aspekten – wie etwa den Aufstiegschancen, die eine neue Technik bot – erfährt man in dieser Ausstellung nur am Rande. So sind in einer Vitrine etwa Porträts im Visitformat zu sehen, die kleiner als die bis dahin üblichen Fotografien und auf Karton aufgezogen waren. Ab 1860 trugen sie viel zur Popularität und der Verbreitung der Fotografie bei, weil Porträts für viele erschwinglich wurden.
Die Schau präsentiert Gottfried Theodor Hase vor allem als ersten Fotografen Freiburgs. So zeigt eine Aufnahme etwa das Berthold-Schwarz-Denkmal neben dem zwei winzige Kastanien stehen, die heute längst Schatten spenden. Eine andere Aufnahme richtet den Blick zum Schwabentor und dem Oberlindenplatz. Sie entstand um 1860, bereits im 15. Jahrhundert gab es hier einen Brunnen und von der Linde, die auf der Fotografie zu sehen ist, weiß man das Jahr, in dem sie gepflanzt wurde: 1729. Solche Kontinuitäten stehen im Fokus der Ausstellung, obgleich sich die Stadt gewandelt hat und Hase erste Veränderungen dokumentiert. Etwa die rege Bautätigkeit, Freiburg brauchte Schulen für die Kinder der wachsenden Stadt. Aber auch den aufkommenden Tourismus, so prägte Hase mit seinen Fotografien den Blick auf den Schwarzwald oder das Freiburger Umland. Er dokumentierte aber auch als Bildreporter das erste große Zugunglück 1882 bei Hugstetten, bei dem 69 Menschen starben und 200 schwer verletzt wurden. Erst später sollten sich diese verschiedenen fotografischen Genres verselbständigen; da wäre Potential für eine ganz andere Zeitgeschichte gewesen.

Gottlieb Theodor Hase. Haus der Graphischen Sammlung. Salzstr. 32, Freiburg. Di-So 10-17 Uhr. Bis 27. September 2020.