KidsTheater

Bildmächtige Traumwelt: „Pinocchio“ feierte als Adaption von Benedikt Grubel und Michael Kaiser Premiere im Theater Freiburg

Betrogen, getäuscht und abgezogen, fast verbrannt, gefressen und verloren – ganz schön heftig, was der kleine Held aus Carlo Collodis 1881 in einer italienischen Wochenzeitung erschienenen Kindergeschichte „Die Abenteuer des Pinocchio“ so erlebt. Jetzt feierte die Adaption von Benedikt Grubel und Michael Kaiser Premiere im Großen Haus des Theater Freiburg – klug gekürzt und auch verändert, als bildmächtige Traumwelt mit viel Zirkusflair, ganz großem Theaterzauber (Bühne: Mari-Liis Tigasson) und fantasiestrotzendem Austattungs-Feuerwerk (Kostüme: Sarah Mittenbühler).
Ein schlichter Holzscheit wird lebendig, dazu braucht es in der Geschichte nicht viel und auch Grubel und Kaiser spielen erst einmal mit radikaler Reduktion und Irritation. Kein Zeichentrick – oder Animationskunterbunt, sondern Clownerie in Straßenkünstlermanier. So stolpert eine offensichtlich ratlose Gruppe in gestreiften Bademänteln über die leere Bühne, dann die Hiobsbotschaft: Der rote Vorhang geht nicht auf, deswegen muss die Vorstellung leider ausfallen! „Oder sollen wir trotzdem anfangen? Ihr müsst es euch halt vorstellen…“, schlägt Gepetto vor. Begeisterter Applaus. Da hat die Inszenierung ihr junges Publikum schon am Wickel – auch wenn das Holzstück nun in den Händen von Alexander Redwitz mit den passenden Off-Geräuschen zum Laserschwert, Rennauto oder kicherndem Knüppel wird.
So schnell kann man gar nicht gucken, folgt die Verwandlung: Lorraine Töpfer gibt ihren Pinocchio als quirlig-frechen Dreikäsehoch, der auch gleich neugierig an der Lichtanlage herum schraubt. Ein Schelm und Einfaltspinsel gleichermaßen, ein lustig-liebenswerter Mix aus Pippi Langstrumpf, Sams und Pumuckl. Mit steif schlenkernden Beinen und der Fibel trabt er los Richtung Schule, immer der kecken Nase nach… Klar, kommt er dort nie an, sondern erlebt eine irrwitzige und auch gefährliche Odyssee, da kann die „Wehe-Wehe“- Grille (auch Krebswirt, Geier und Schnecke: Mirjam Schollmeyer), noch so viel warnen und mit den meterlangen Fühlern wackeln, unser Held sagt nur „Bla-Blubb“ und hüpft voll apfelwangigem Optimismus in den nächsten Schlammassel.
Vorhang auf und verführerisch-geheimnisvoll leuchten die Lämpchen des Puppentheaters, die Spiegelfolie zeigt die vollen Publikumsränge, Wesen mit wilden Sturmfrisuren und schrill-schrägen Kostümen tanzen ausgelassen zum Balkanbeat von Ro Kuijpers am Schlagzeug, unterstützt von Trompete und Klarinette. Theaterdirektor Mangiafuoco walzt als gigantischer Kopffüssler mit riesiger Pappmaché-Birne durch die Szene und weint vor Rührung Seifenblasen. Der Titelsong „Pinocchio“ ist mitreißend (Musik: Johannes Birlinger).
So geht es Bühnenprospekt für Bühnenprospekt immer tiefer in neue, fantastische Abenteuer: Im Lametta-Räuberwald trifft Pinocchio die beiden Gauner Kater (Karl Seibt) und Fuchs (Alina Valerie Weinert), die ihn ins Gasthaus Roter Krebs schleppen und gründlich ausnehmen, von da aufs Feld der Wunder, ins silberne Planetenhaus der Fee, mit der Riesentaube zum Meer, mit der Goldkutsche nach Paradeisien und dann durch das bühnenfüllende Haifischmaul… Was für eine wilde Story – voller Zickzackwendungen, Magie und Gefahren. Nur gut, dass Pinocchio unkaputtbar ist. Wenn´s gar zu arg kommt, rettet ihn die Fee mit den blauen Haaren: Sehr freundlich und ein bisschen schusselig trippelt Fabian Guggisberg im weißen Walle-Kleid herbei – kann zwar nicht zaubern, schon gar nicht unter Druck, aber spendet heißen Kakao und Trost. Und die lange Lügen-Nase? Wächst hier als gigantische Überraschung in den Bühnenhimmel! Großes Theater-Kino.

Weitere Vorstellungen bis 23. Januar unter theater.freiburg.de

Bildquellen

  • Mirjam Schollmeyer, Lorraine Töpfer, Fabian Guggisberg: Foto: Britt Schilling