Ausstellungen zum „Zeitalter der Selbstoptimierung“ im Freiburger E-Werk

Der Betrachter optimiert mit

Unter dem Titel „Im Zeitalter der Selbstoptimierung“ setzen sich die Künstlerinnen Hanaka Geierhos und Héloïse Delègue in Raum- und Videoinstallationen mit Fragen des Körperlichen auseinanader. Besucherinnen und Besucher werden mitunter selbst gefordert: Soll man sich nieder lassen und lesen, stehen bleiben oder weiter gehen?

Héloïse Delègue: Installation „Spooning Sucks“, Detail, 2019, zurzeit ausgestellt im Freiburger E-Werk.Was sich mit diesen Polsterungen anstellen ließe, zeigt in Hanaka Geierhos’ Ausstellung „Spirit Bodies“ ein Video. Man kann die Drei-Kanal-Videoinstallation, die in ganz unterschiedlichen Ecken der Welt aufgenommen wurde, als eine Art Tutorial nehmen, was man selbst mit den am Boden liegenden stabförmigen Kissen machen könnte: jemand hat seinen Unterarm darauf abgelegt, ein anderer nimmt sie, um sich bequemer gegen die Wand lehnen zu können, wieder ein anderes Mal sieht man sie als Stopper auf einer Treppe.

Diese „Elements“ rhythmisieren den Raum, sie markieren Distanz und Nähe und machen darauf aufmerksam, wie wir uns im öffentlichen Raum bewegen. Vielleicht sind sie so etwas wie Verstärker, Katalysatoren, die der Bewusstseinsmachung dienen, was fehlt, was stört. In der Galerie für Gegenwartskunst im Freiburger E-Werk sind sie Teil einer Rauminstallation: Metallplatten sind auf dem Boden ausgelegt, dazwischen liegen Kataloge der 1974 geborenen Künstlerin aus und daneben befinden sich immer wieder diese Lederpolster in Rot und verschiedenen Grautönen. Soll man sich niederlassen, der verdunkelte Raum lädt nicht eben zum Lesen ein, stehenbleiben, nur kurz Verweilen, um einen Eindruck von den Videos „Transitory Rituals“ zu bekommen?

Nur eines ist sicher, die Ausstellung „Spirit Bodies“, die in der unteren Galerie II zu sehen ist, stellt Fragen. Nicht immer sind es solche, die mit dem Intellekt beantwortet werden können, meist ist der Körper gefragt. Der Körper in seiner unmittelbaren, spontanen, neugierigen Verfassung. Soll man die Schuhe ausziehen und die Rauminstallation betreten, die mit Stufen, Flächen und Polsterungen ein abwechslungsreiches Terrain bildet, die verschiedenen Textilien der Bodenarbeit „Vela“ umklappen, ausbreiten? Geierhos’ Ausstellung ist ein Part einer Doppelausstellung – der andere gehört Héloïse Delègue – die sich mit dem sehr gegenwärtigen Thema der Selbstoptimierung befasst. Doch so ganz wird man hier den Gedanken nicht los, dass der Betrachter zur Optimierung von Hanako Geierhos‘ Installationen da ist.

Auch die 1985 in Paris geborene Héloïse Delègue drängt es mit ihrer Kunst in die Dreidimensionalität. Tatsächlich ist ihre ortsspezifische Installation „Spooning sucks“, die aus mehreren Stoffbildern und einer Drei-Kanal-Videoinstallation besteht, schwer zu klassifizieren. Denn die Stoffbilder, für die die Goldsmiths-Absolventin gleichermaßen Farbe als auch Stoffe verwendet, sind in Wellen im Raum drapiert, die zugleich wie eine Art Leitsystem im Raum funktionieren.

Folgt man der Führung der Stoffe, die auf eine Holzkonstruktion gespannt sind, gelangt man zu drei Bildschirmen. Während rechts mehrere preziöse Flaschen und Karaffen sich im Kreis drehen, stößt links ständig ein Zeigefinger durch ein von Daumen und Zeigefinger gebildeten Kreis.

Auch die Männerstimme, die begleitet, wie sich ein Frauenkörper unter einem transparenten, applizierten Stoff räkelt, verhandelt die Beziehung zwischen Männer und Frauen, dazwischen Popsongs und am Ende vereinen sich eine männliche und eine weibliche Stimme zu einem gemeinsamen Text. Das ist hoch verrätselt und verharrt in einer sehr eigenen, hermetischen Mythologie.

Was: Im Zeitalter der Selbstoptimierung. Héloïse Delègue: Spooning sucks, Hanako Geierhos: Spirit Bodies
Wann: bis 30. Juni 2019, Do/Fr 17-20 Uhr, Sa 14-20 Uhr, So 14-18 Uhr
Wo: E-Werk, Galerie für Gegenwartskunst, Eschholzstr. 77, 79106 Freiburg Freiburg
Web: www.ewerk-freiburg.de

Bildquellen

  • kultur_joker_kunst_ewerk_freiburg_zeitalter_selbstoptimierung_heloise_delegue_spooning_sucks_2019: Héloïse Delègue