Anne-Sophie Tschiegg: „L’amour des commencements“ eine Ausstellung in der Galerie Baumgarten in Freiburg

Anne-Sophie Tschiegg: o. T., Acryl auf Leinwand, 2019
Foto: Galerie Baumgarten

„Die Liebe zu den Anfängen“, so nennt Anne-Sophie Tschiegg ihre aktuelle Ausstellung in der Galerie Baumgarten in Freiburg. Und wer könnte dieses besondere Gefühl nicht nachvollziehen? Dass dieser Zauber, der jedem Anfang innewohnt, auch in jedem neu begonnenen Bild liegen kann, wird sofort offensichtlich, wenn man die Galerieräume in der Kartäuserstraße betritt. Sie erstrahlen in den Farben der französisch-schweizerischen und im Elsass lebenden Künstlerin Anne-Sophie Tschiegg. Sie ist Jahrgang 1966 und ist, nach vielen Jahren in Straßburg, wieder in ihre Geburtsstadt Mulhouse zurückgekehrt. Dort arbeitet sie im Künstlerhaus Motoco, einer ehemaligen Textilfabrik aus dem 19. Jahrhundert die – mittlerweile umgebaut – 140 Künstlerateliers beherbergt. In dem lichtdurchfluteten, geräumigen und unbeheizbaren Atelier schafft sie ihre Gemälde. Alle sind in Acrylfarbe auf Leinwand gearbeitet und, bis auf wenige Ausnahmen, ohne Titel.
In ganz unterschiedlichen Formaten widmet Tschiegg sich drei klassischen Motivgruppen: Landschaft, Porträt und Pflanzen. Seit 30 Jahren lassen diese Themen sie nicht los. Ein zunächst als Landschaft gedachtes Bild kann in ein Porträt münden und Pflanzen können zu Landschaften werden. In den Anfängen haben die Bilder oft noch etwas Suchendes. Die Dinge sind fließend und finden erst nach einiger Zeit ihre eigentliche Form. Man sieht es ihren Werken nicht an, sie wirken so leicht dahingeworfen, so vollkommen im Gleichgewicht und doch sind sie Schicht um Schicht erarbeitet. Immer wieder abgeschabt und übermalt, in zahllosen Farbaufträgen entstehen die fertigen Gemälde. Nur in seltenen Fällen geht alles ganz einfach und mit gelösten, sicheren Pinselschwüngen setzt die Künstlerin ihr Thema um. Als ihre einzige, wirkliche Herausforderung nennt sie: „die überraschende, völlige Veränderung“.
Ihre große Passion ist die Farbe und vergleicht man die vor sieben, acht Jahren gemalten Bilder mit den heutigen, ist die auffallende Veränderung ins Lichte und Leuchtende der Farbpallette frappierend. Die Farbe spielt in Anne-Sophie Tschieggs Malerei die entscheidende Rolle. Wenn sie Ohren rot aufscheinen lässt oder ein Gesicht violett einfärbt, eine Mundpartie grasgrün umrandet und eine Nase pink einfärbt, so stellt sie sich damit in eine hundert Jahre alte künstlerische Tradition. Angefangen mit Matisse, den Fauves und dem Expressionismus hat diese Tradition nie aufgehört und wird stetig von Künstler*innen aktualisiert. So auch in der Malerei von Anne-Sophie Tschiegg, die bei aller Bezugnahme auf Vorbilder sehr im Hier und Jetzt und voller Neugierde in die Zukunft orientiert ist. Ihre Präsenz auf Instagram ist beeindruckend und macht eine Homepage für sie überflüssig. Das unmittelbare Erleben, das sinnliche Eintauchen in die Malerei kann jedoch durch keine Technik ersetzt werden, also hingehen und anschauen.

Anne-Sophie Tschiegg „L’amour des commencements“, Galerie Baumgarten Freiburg. Bis 22. Dezember 2020.

Bildquellen

  • Anne-Sophie Tschiegg: o. T., Acryl auf Leinwand, 2020: Galerie Baumgarten