Vorweihnachtliche Konsumkritik mit Adorno und Hundebabys

Neulich hat es bei uns an der Tür geklingelt. Samstagmorgen, ich sitze beim zweiten Kaffee und wundere mich, der Paketbote war nämlich schon da. Entgegen meinem ersten Impuls öffne ich die Tür und sehe wie ein Typ, etwa in meinem Alter, die drei Stockwerke zu unserer Wohnungstür hochläuft, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nimmt. Auf seiner blau-orangenen Weste erkenne ich das Logo einer bekannten caritativen Organisation. Oben angekommen beginnt er sogleich, mir auf nicht unsympathische Weise zu erklären, dass die bekannte caritative Organisation auf Fördermitgliedschaften angewiesen ist, um ihre Rettungswagen, -hubschrauber, -hunde und was sie sonst noch haben, zu finanzieren. 5€ im Monat für die gute Sache, finde ich auch und unterschreibe. Zehn Minuten später, ich habe mir noch einen Kaffee gemacht, rufe ich die Hotline in der Infobroschüre an, die mir der nicht unsympathische Typ in die Hand gedrückt hat, und kündige meine Mitgliedschaft, bevor sie überhaupt angefangen hat. Nochmal zehn Minuten später habe ich ein ziemlich schlechtes Gewissen.
Nun ist bald Weihnachten und um die Weihnachtszeit herum ist Spenden ja ziemlich angesagt. Fast genauso angesagt in dieser Zeit sind Zeitungsartikel, die genau das kritisieren. Spendenkritik, genauso wie vorweihnachtliche Konsumkritik, bilden – so scheint es – mittlerweile ein eigenes Genre innerhalb der deutschen Medienlandschaft, das zu bedienen irgendwie zum guten Ton gehört. Nun macht man es sich ziemlich einfach damit, Einzelpersonen und ihre Handlungen zu kritisieren, statt die Verhältnisse zu hinterfragen, die solche Verhaltensweisen produzieren. Das wusste in puncto Spenden schon Adorno: „Dafür übt man charity, verwaltete Wohltätigkeit, die sichtbare Wundstellen der Gesellschaft planmäßig zuklebt.“
Aber wäre die Welt nicht eine bessere, wenn wir mehr spenden würden? Vielleicht. Für den Großteil der Probleme allerdings, die man uns durch spenden zu lösen suggeriert, ist ja der sogenannte Kapitalismus verantwortlich. Und eine der perfidesten Strategien desselben besteht bekanntlich darin, die Verantwortung von Systemen auf Einzelpersonen zu übertragen. Was umso mehr ein Grund für solidarisches Handeln ist – etwas tun, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, schafft „Inseln im Kapitalismus“, um Margarete Stokowski zu paraphrasieren. Und das geht auf viele Arten, nicht nur monetär. Zum Beispiel: Alte Wolldecken und Schlafsäcke statt wegzuschmeißen an bekannte caritative Organisationen spenden, die diese an Obdachlose verteilen.
Und mein Gewissen, fragt ihr jetzt vielleicht? Dem geht’s schon wieder besser, seit ich 30€ ans Tierheim gespendet habe und seitdem eine Menge E-Mails mit Fotos von Hundebabys bekomme.

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