SkulpTour – ein Kunstweg der zum Nachdenken anregt

„Es ist die erste Ausstellung in March, die nicht nur Kunst im offenen Raum darstellt, sondern willentlich für die Ortschaft konzipiert ist.“ (Lukas Jakob, Kurator).
Die zweite Ausgabe des Marcher Skulpturenweges zeigt acht regionale Künstler*innen mit ortsgebundenen zeitgenössischen, teils geschichtlichen und poetischen Werken, die unterschiedlicher in Kunstinterpretationen nicht sein können. Seit dem Zusammenschluss ist March in vier Dörfer eingeteilt, die durch keinen Ortskern verbunden sind. Bis 2035 verfolgt die Gemeinde March ein Gemeindeentwicklungskonzept, um bis dahin den idealen Stadtkern und damit einen historischen Treffpunkt zu realisieren. Lenken wir den Blick von der Suche nach einer geographischen Mitte, auf die nach einer künstlerischen Umsetzung. Was macht eine optische Mitte aus? Die acht Kunstschaffenden Hannah Kindler, Angelina Kuzmanovic, Alfonso Lipardi, die Performance AG, Herta Seibt de Zinser, Max Siebenhaar, Konrad Wallmeier und Elisabeth Zeller suchen nach einem künstlerischen Lösungsansatz.
Beginnend am Rathaus March verläuft der künstlerische Parkour über Buchheim bis nach Neuershausen. Kein Weg, der so einfach zu Fuß zu erkunden ist, uns jedoch über mehrere Kilometer hinweg neue Perspektiven eröffnet. Zu Beginn der meditativen Erfahrung stoßen wir auf die Installation Sieben Blau für Vier des Künstlers Konrad Wallmeier an der Martin-Luther-Kirche, Hugstetten. Die auf Aluminiumrohren standhafte Installation bildet den Teil einer Werkreihe und befindet sich an gleich zwei Seiten der Kirchenfassade, beinahe nischenartig platziert. Die scheinbare Bodenhaftigkeit der Skulptur wirkt durch die strahlenförmige Anordnung der Aluminiumrohre fast schwerelos. Die sieben herabhängenden Streifen aus blau fluoreszierendem Acrylglas werfen durch die verändernde Sonneneinstrahlung ein wechselhaftes Schattenbild auf. Gleich nebenan befindet sich die zweite Station und eröffnet den Schauplatz für die Performance AG. Einzelne Akteure der Gruppe zeigen eine performative Improvisation und gehen in den direkten Kontakt mit der Umgebung. Eine freie Improvisation von Naturstudien finden wir an der dritten Station: Neben der St. Gallus Kirche Hugstetten fällt der Blick auf eine überdimensionale Blütenskulptur an der Serie FLORES 2021 von Hertha Seibt Zinser, die Grazilität in vergrößerter Perspektive erfahrbar macht. Vor einem weißen Hintergrund baut sich das Blütenwerk auf, in das der Betrachtende hinein gehen kann und selbst zum Mittelpunkt der Blüte wird. Die Arbeiten der Künstlerin bestehen hauptsächlich aus Eisenrohren, die unter der Hitze der Autogenflamme gebogen werden. In der Nähe des Bürgerhauses March erwartet uns eine hölzerne Installation an herabhängenden Seilen. Der Schaukasten ist an den Ästen eines Baumes befestigt und gewährt einen Einblick in die Identität einer inneren Mitte der Künstlerin Hannah Kindler. Feministische Fotografien, Themen wie Sexualität und die eigene Identitätssuche finden hier ihren Schnappschuss. Nahe des Dorfbrunnens in Buchheim nimmt uns der Künstler Max Siebenhaar mit in eine Welt jenseits des Internets. Mit einer kreisförmigen Anordnung von Installationen wird uns suggeriert, im Hier und Jetzt anzukommen: Eine plastische Stecknadel, die sonst nur in digitalen Karten zu finden ist, dem gegenüber ein erfahrbares duales Gefühlsbild im Zeitalter von Emojis. Am Rande ein historischer Blickpunkt, das Bild der Fortuna, das auf die gleichnamige Bushaltestelle nahebei verweist. Weiter führt uns der Weg in eine vollkommene Stille. In der Einsegnungshalle auf dem Friedhof Buchheim befindet sich an der Holzdecke hängend, eine Installation aus Weidenruten. Zwiegestirn nennt sich die Arbeit der Künstlerin Elisabeth Zeller und symbolisiert die Vereinigung von einer kosmischen Vorstellungswelt – dem irdischen Leben und die Leere dazwischen. Die Interpretation der Künstlerin bleibt offen: Ein zusammengefügtes Nest, nach oben schützend oder nach unten tragend? Weiter geht es bergauf. Der Blick in die Weite wird auch in der folgenden Skulptur Brennglas von Alfonso Lipardi auf dem Grundschulgelände Holzhausen aufgegriffen. Thronend auf einer stahlbezogenen Halterung sind in kreisförmiger Anordnung gebundene Bücher angeordnet, die Erinnerungsmonumente für den Künstler darstellen. Die Skulptur lädt zur Selbstreflexion förmlich ein. In gewisser Distanz transformiert sich der kreisförmige Ausschnitt zu einem Durchblick auf die Ortschaft. Die Reflektion auf unser eigenes Weltbild führt uns zuletzt zu MAMMELLE Für den hungrigen Planeten, einer Skulptur der Künstlerin Angelina Kuzmanovic aka Lina Leoni. Drei herabhängende und zusammengeschnürte Jutebeutel in Grün, Weiß und Rot aus Gießkeramik thematisieren den neuzeitlichen Umgang mit nachhaltigen Ressourcen.
SkulpTour 2021 führt uns mit beeindruckender Intensität in eine Welt der optischen Mitte und auf die Suche nach einer subjektiven Mitte. Stets eingebunden in die Natur passen sich die Kunstarbeiten ihrer Umgebung an und setzen gesellschaftliche Schwerpunkte einer neuzeitlichen Gemeinschaft. Bei schönem Wetter eignet sich der Skulpturenweg für Fahrradtouren und bietet Einblicke auf die pittoreske Landschaftsszenerie. Auch wenn nicht alle Kunststationen ausgeschildert sind, stehen die hilfsbereiten Bewohner*innen in March mit Rat und Tat zur Seite.

SkulpTour. Der Kunstweg in March. Optische Mitte. Startpunkt am Rathaus March. Am Felsenkeller 2, 79232 March. Bis 01. August 2021.

Bildquellen

  • Max Siebenhaar: Foto: Kunstverein March