Nicolas Party hat die Wände des Museums Frieder Burda in Baden-Baden in mythologisch anmutende Uhrzeitlandschaften verwandelt

Nicolas Party: „Tree“, 2023. Softpastellkreide auf Wand, 952,5 x 190 cm © Nicolas Party; Foto: Nikolay Kazakov

Die Silhouetten der Bäume sind in flammendes Rot und Orange getaucht. Es sieht nach einem Weltenbrand ungeheuren Ausmaßes aus. Oder denkt man das nur, obwohl auf dem Bild keine einzige erkennbare Flamme züngelt, kein Rauch die feurigen Farbtöne trübt? Nicolas Party hat die Wände des Museums Frieder Burda in Baden-Baden in mythologisch anmutende Urzeitlandschaften verwandelt. Ob rot glühender Wald oder das Spiel von Wasserfällen zwischen moosgrünen Felsen, in seinen fantastischen Landschaften findet sich kein Mensch, kein Haus, keine Straße. Weil die Zivilisation erst noch kommt? Oder schon vergangen ist?
„When tomorrow comes“ heißt die faszinierende Ausstellung, benannt nach einem Song von Eurythmics. Bis zum 18. Februar kann man sich durch Partys meisterhaften Umgang mit Softpastellkreiden und Ölfarben in andere Sphären entrückt fühlen. „Wenn Morgen kommt“, dann, ja dann wandern wieder Saurier über mondbeschienene Strände und nehmen ein Bad in einem Meer, auf dem das Mondlicht tanzt. Selbst die kleinformatigen Sauriergemälde entwickeln eine magische Sogwirkung. Überwältigend wirken die Wandgemälde, die auch tatsächlich direkt auf die Museumswände aufgemalt sind. Über alle Stockwerke des Museums hinweg lässt der Maler einen Baum nach oben wachsen. Nach der Ausstellung sind diese Bilder verschwunden, wird der Schweizer Künstler seine Landschaften woanders neu erschaffen.
Dabei strahlen sie etwas Ewiges aus. Auch die Ruinenlandschaft im Nebel, ein Werk in feinsten Grautönen, scheint schon lange so zu existieren und ist doch reine Fantasie, basierend auf Chiffren, die alle kennen. Vielleicht ist der für seine jenseitigen Gemälde mit Ruinen bekannte Maler der Romantik Caspar David Friedrich gerade aus dem Bild spaziert… Wenn man ganz nahe heran geht, erkennt man, mit wie vielen schillernden Farbtupfern Nicolas Party seinen Bildern ihre spannende Plastizität verleiht. Die in geheimnisvollem Grün lockende Grotte hat Tiefe, auf dem Wasser spielen kleine Schaumkronen. Am liebsten würde man in diese Welten eintauchen, oder sich wenigstens aufregende Geschichten dazu ausdenken.

Nicolas Party Foto: Juliana Sohn

Nicolas Party spielt virtuos mit Zitaten aus der Kunstgeschichte. Auf grün marmorierten Säulen sind Gemälde von Frauenköpfen aufgereiht, das zentrale Bild jeweils eingefasst in der Art mittelalterlicher Flügelaltäre. Die Rückseite spiegelt sozusagen in schwarz-weiß Motive der farbig ausgeführten Vorderseite. Welche Heilige da zu sehen sind? Das wiederum ist schwer zu sagen. Mit rätselhaft archaischem Ausdruck blicken stilisierte Frauengesichter aus dem halbrunden Rahmen. Seltsam leuchtend die Augen, in sanftem Grau die Haut, und die Haare schimmern in Korallenrot oder Tiefviolett. Sie werden von Blumen begleitet, auffälligen Lilien oder eleganten Frühlingsblühern wie der weißen Narzisse. Ihr Charme liegt in ihrer schwer zu deutenden Aura.
Ebenso fantasievoll spielt der in New York lebende Künstler mit dem Klassiker Obststillleben. Party geht es dabei nicht um eine möglichst naturgetreue Darstellung, im Gegenteil. Die Birnen liegen übereinander als seien sie ermattet, als sei ihr Fruchtfleisch so weich und biegsam wie der menschliche Körper. Die Äpfel? Völlig ausgebrannt, als wären sie die Reste von Wachskerzen. Dazu noch eine Palette an äußerst unwahrscheinlichen Farben, in Blau und Violett zum Beispiel. Seltsam schön anzuschauen und eindeutig ungenießbar. Das Obst von morgen, nach einer Katastrophe oder zu viel Gentechnik? Nicolas Party schafft es, selbst aus dem Genre Obststillleben etwas zu machen, das die Fantasie anregt.

„When tomorrow comes“, Museum Frieder Burda, Lichtentaler Allee 8b, 76530 Baden-Baden, Di-So 10-18 Uhr. Bis 18.02.2024

Bildquellen

  • Nicolas Party: „Tree“, 2023. Softpastellkreide auf Wand, 952,5 x 190 cm © Nicolas Party;: Foto: Nikolay Kazakov
  • Nicolas Party Foto: Juliana Sohn: Foto: Juliana Sohn
  • Nicolas Party: „Mountains“, 2023, Softpastellkreide auf Wand, 302,5 x 1713,4 cm © Nicolas Party;: Foto: Nikolay Kazakov