James Turrells magische Lichträume im Museum Frieder Burda in Baden-Baden

Die Magie des Lichts

Aus Licht und Farbe zaubert der US-amerikanische Künstler James Turrell meditativ wirkende, schwerelose Kunstwerke. Im Museum Frieder Burda in Baden-Baden kann man bis zum 28. Oktober in Turrells magische Lichträume eintauchen. „The Substance of Light“ heißt die Ausstellung, die mit Licht ebenso spielt wie mit der Wahrnehmung des Betrachters.

James Turrell: „Stone Sky – Stonescape“ 2005.

Hier scheint ein Dreieck im Raum zu schweben, dort materialisiert sich eine in Orange-Tönen leuchtende Ellipse, deren Ränder bei längerem Hinschauen verschwimmen. Überhaupt lebt Turrells Kunst vom längeren Hinsehen, von der Entschleunigung der Besucher.

In den verschiedenen Lichträumen hat das Museum Frieder Burda deshalb Bänke aufgestellt. „The Substance of Light“ ist nichts für Eilige, sondern entfaltet ihre ganze Wirkung nur für diejenigen, die sich Zeit nehmen.

Dafür kann man sich wie inmitten einer Sinfonie von Beethoven fühlen. So wie Beethovens Werke „per aspera ad astra“, also „durch das Dunkel zum Licht“ führen sollen, geht der Besucher durch einen finsteren Gang, an dessen Ende schon der Lichtschein des Kunstwerks winkt. Oder wenigstens die Taschenlampe des Museumspersonals. Turrell inszeniert seine Kunst spannend, mit einem sanften kleinen Appell an menschliche Urinstinkte. Das Dunkel ist bedrohlich, das Licht dagegen verspricht mehr als nur Sehen, es steht auch für Erkenntnis oder für den Kosmos.

Eigens für diese Ausstellung und den anschließenden Verbleib in der Sammlung Frieder Burda schuf Turrell „Accretion Disk“. Der Titel dieses Kunstwerks stammt aus der Astrophysik. Eine Akkretionsscheibe besteht aus Gas oder interstellarem Staub und rotiert um einen neugeborenen Stern. Ein bisschen esoterisch, aber das gehört zum Charme dieser Ausstellung.

Ganz eintauchen kann man in „Apani“. Ein paar Stufen, und schon mutiert der Betrachter zum Teil des Kunstwerks. Raffiniert hat Turrell auch hier dafür gesorgt, dass die optischen Grenzen fließend sind, der Raum am Boden keine scharfe Kanten hat, die Ecken wie in einem leichten Bodennebel verschwinden. Dazu changiert das Licht in Farbe und Intensität, Turrell hat dafür eine Lichtsequenz komponiert, ähnlich wie ein Komponist Töne zu Klängen und Harmonien zusammensetzt. Spätestens hier wird aus der Kunstbetrachtung ein meditatives Erlebnis.

James Turrells größtes Kunstwerk kann man nur in Modellen und auf Fotografien sehen. Es befindet sich in einem erloschenen Vulkan in der Wüste Arizonas. Durch ausgeklügelte Hallen, Schächte und Stollen macht Turrell darin das Licht des Himmels zu einem Ereignis, was entfernt an Stonehenge erinnert. Den Himmel durch einen gebauten Rahmen zu einer speziellen Erfahrung zu machen ist auch die Grundlage von Turrells „Sky Spaces“. Da er diese „Himmelsräume“ in die Landschaft oder in bestehende Gebäude baut, kann man deren Faszination nur anhand von Aufnahmen erahnen.
Zum umfassenden Einblick in Turrells Lichtkunst gehört auch ein Werk aus der Wedgework-Reihe.

Natürlich werden hier keine Körbe geflochten. Raffinierte Lichtprojektionen gaukeln dem Betrachter verschiedene, aufeinander folgende Räume vor, die nicht real sind. Die kleineren Hologramm-Arbeiten tun erst gar nicht so, als seien sie begehbar. Dafür erschließen sie sich erst, wenn man langsam an ihnen vorbei geht, sie mal aus diesem und mal aus jenem Blickwinkel betrachtet.

„The Substance of Light“ zeigt in den ausgewählten Kunstwerken aus fünf Jahrzehnten nicht nur, wie James Turrell Licht zu etwas fast Greifbarem macht, sondern auch, welche Gedankenwelt hinter dieser Kunst steht.

Nike Luber

 

Was: James Turrell – The Substance of Light
Wann: bis 9. Oktober 2018, Di-So 10-18 Uhr
Wo: Museum Frieder Burda, Lichtentaler Allee 8b, 76530 Baden-Baden
Web: www.museum-frieder-burda.de