„Gold?“ auf dem Töpfermarkt am Alten Wiehrebahnhof

„Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“ liest man in Goethes Faust. Tatsächlich erzielt Gold an den Börsen weltweit seit Jahren Höchstpreise. Doch was hat Gold und Goethe mit dem Freiburger Töpfermarkt zu tun? War Goethe Töpfer? Überliefert ist diesbezüglich nichts, doch wer weiß das schon so genau!
Als gesichert gilt hingegen, dass sich der Töpfermarkt dieses Jahr zum 25. Mal jährt. „Dieses Jubiläum wollen wir feiern und bekrönen. Was würde thematisch besser passen als Gold, “ meint der Freiburger Keramiker Markus Klausmann, der seit 1999 einer der Marktorganisatoren ist. Dass seine Worte keine leeren Floskeln sind, belegt schon allein die Ausstellung, die parallel zum Töpfermarkt im Ausstellungsraum des ehemaligen Bahnhofsgebäudes zu sehen ist. Die Keramikerin Eva Koj und die Malerin Britta Hansen zeigen Porzellan und Steinzeugkeramik. Sehr akzentuiert, fast sparsam verwenden sie Gold auf dem Dekor. In schwarze Engobe  sind auf reinweißer Keramik Bildszenen, ja beinahe Bildergeschichten eingeritzt, oft in metaphorisch, satirischer Manier. Etwa wenn drei Ratten auf hohen Barhockern in einer Runde sitzen und mit einem Pils anstoßen. In den Pilsgläsern schwappt statt Bier pures Gold- welch Bild!
„Erst nach dem Glasurbrand wird Gold in gelöster Form aufgebracht und bei 700°C eingebrannt “, erklärt Eva Koj, wie das Gold in den Pilsgläsern seinen Weg auf das Gefäß findet. Extra aus Bremen wird Martin Mindermann anreisen, auch einer der Keramiker auf dem Markt, der Gold als Stilmittel in seiner Keramik einsetzt. Seine Rakugefäße  von enormen Ausmaßen sind so konzipiert, dass sich beim Abkühlen nach dem Keramikbrand tiefe, drei bis vier Millimeter breite Risse bilden. In diese Risse legt Martin Mindermann Gold ein, quasi Goldadern.
Elke Sada hingegen verzichtet auf Gold. Sie arbeitet mit Irdenwarenkeramik , die eine riesige Farbpalette knallig bunter Glasuren bietet. Dabei verwendet sie den zu dünnen Platten ausgewellten Ton als Malunterlage, wie ein Maler seine Leinwand. Aus den bemalten, noch weichen Tonplatten schneidet Elke Sada ganz gezielt Flächen aus, die sie zu Gefäßen rollt und wickelt.
Die eingesetzten Techniken der Keramiker auf dem Wiehretöpfermarkt, was Formgebung und Dekor betrifft, sind also enorm vielfältig. Zahlenmäßig ähnlich lang ist die Liste der Aussteller dieses Jahr. Exakt 52 sollen es werden. Ein Zahlendreher ist es jedenfalls nicht, zum 25-jährigen Jubiläum, höchstens Zufall!?
1990 waren es gerade mal 21 Stände- allesamt aus der Region. „Damals war es nicht unüblich einen Tapeziertisch aufzuklappen und fertig war der Stand“, erinnert sich Markus Klausmann an die Anfänge. Mit den Jahren kamen immer mehr Gastkeramiker aus dem gesamten Bundesgebiet und dem angrenzenden Ausland dazu. Das hat den Markt bunter, vielfältiger und dynamischer werden lassen.
Tapeziertische klappt heute niemand mehr auf. Die Gestaltung der Stände und die Präsentation der Keramik haben sich zu einer eigenen, anspruchsvollen Disziplin evolviert. Gebrauchskeramik ist zugunsten designter, künstlerischer Arbeiten etwas in den Hintergrund getreten. Besonderen Wert legen Anbieter wie Käufer mittlerweile auf das Dekor. Die Oberflächen wurden zunehmend rauher, immer häufiger engobiert und aufwändiger mit Gold- oder Platinelementen angereichert.
Die Parallelen zur Malerei, Bildhauerei und Grafik, zur Kunst allgemein wird immer deutlicher. Insofern liegt die Verbindung zur Kunst Goethes, dem Schreibkünstler, Naturwissenschaftler und Universalgelehrten eher nah als fern.
Auch in technologischer Hinsicht hat sich eine Menge getan. So hält die Hochtechnologie, besonders die Luft- und Raumfahrttechnik, chemische Industrie aber auch die Rüstungstechnik zumindest indirekt Einzug in die Werkstätten der heutigen Keramiker.
Die Sonnenschutzschilde der Weltraumkapseln sind ebenso aus modernen Keramikwerkstoffen hergestellt, wie Helme oder kugelsichere Schutzwesten. Die Ergebnisse dieser enormen technologischen Forschung schlagen sich für die Keramiker in neuen Tonmassen, neuen Brennöfen oder ganz einfach in leichteren, formstabileren Brennplatten nieder, auf denen die Keramik während des Brandes im Ofen steht.
Keramiker unserer Tage sind in vielfacher Weise Meister, Lenker und Denker verschiedenster Rohstoffe, Technologien und Formen, die den Mut haben, das Wagnis einzugehen ihre mit Herzblut geschaffenen Arbeiten in letzter Instanz dem Feuer zu überantworten.
Goethe hätte seine Freude.
Freiburger Keramiktage, 27. & 28. Juni, Sa 10 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr, Alter Wiehrebahnhof.

Bildquellen

  • Keramik von Eva Koj und Britta Hansen: “Therapiesitzung 1 – ABC.” Eine gemeinsame Arbeit von Eva Koj und Britta Hansen