Gattungs- und Genregrenzen sprengen: Detel Aurand stellt in der Galerie Claeys in Freiburg aus

Detel Aurand: „More Connection“, 2021
Foto: Galerie Claeys

Bereits 2017 begründeten Detel Aurand und die Galeristin Ulrike Claeys ihre erste Zusammenarbeit, „Spaziergang am Blattrand II“. Fünf Jahre später ist die in Berlin lebende und arbeitende Künstlerin erneut in der Galerie Claeys mit ihrer Ausstellung „Der wundersame Weg einer Blume“ zu sehen.
Detel Aurand ist eine Grenzgängerin, deren Arbeiten die Gattungs- und Genregrenzen sprengen. Neben Zeichnungen, Collagen, Gemälden, Keramiken zählen auch Filme und Bücher zu ihren Arbeiten. Laut, verspielt und weit sind ihre Werke, die keiner strengen Form folgen, sondern ineinandergreifen, übergehen, sich auflösen, zerfließen und wieder neu zusammensetzen. Die Dinge in Beziehung zu setzen, Übergange, Vielfalt und Raum zu schaffen, sei ihr wichtig. Für Aurand ist die Zeit, in der wir leben, eine Zeit der Umbrüche, in denen die Fragen gegenüber den Antworten überwiegen. Die Bildende Kunst manifestiert dies; macht sichtbar, was als Gedanke, Idee oder Vision bereits im Inneren schwelt.
Dabei zieht es die Künstlerin auch immer wieder ins Ausland. Zuletzt in Usbekistan unterwegs, wirken diese Eindrücke nach und werden in ihren Arbeiten sichtbar. Die 34 x 34 Zentimeter Collage ohne Titel greift die Ornamentik Usbekistans auf: ein zusammengeklebtes Teppichmuster, darauf eine dreidimensionale Collage aus Papier auf Holz. Tatsächlich wirkt das Blau in seiner Vielschichtigkeit wie eine keramische Glasur, die je nach Blickwinkel golden schimmert und die das weite Blau dieses trockenen Steppenlandes spürbar macht.
Dabei zeigt sie auch mit dem Einsatz von Material eine große Experimentierfreude. So ist in das im Schaufenster hängende 130 x 130 Zentimeter Aquarell „touch 2“ Wolle eingearbeitet. Ein sehr organisches Material, so die Künstlerin im Nachhinein, das von seiner Stofflichkeit an Zellen oder Viren erinnern könnte. Auch in dem 130 x 120 Zentimeter großen Aquarell auf Leinen „More Connection“ ist eben diese Wolle zu finden. Arbeiten, die während der Zeit der Pandemie entstanden, ohne, dass die Künstlerin bewusst über diese Organik des Materials nachgedacht habe.
Zusammenhänge ergeben sich nicht zwangsläufig im Prozess des Entstehens, sondern erst in der Reflexion und im Nachdenken über das Gesehene. Diese Interpretation ist nicht zuletzt dem Zuschauenden überlassen. Die Interaktion zwischen Werk und Betrachter*innen sucht Detel Aurand, damit das Sehen lebendig wird.
Dass Bilder nichts Statisches anhaftet, beweist auch das 120 x 170 Zentimeter große Ölpastell „Take me home“. Ein großer, dunkler Sternenhimmel, der den Zuschauenden förmlich in die große Weite des Universums hineinzieht, einsaugt und als kleines Lichtchen am Firmament wieder ausspuckt. „Das Bild“, so erzählt Aurand, „war bereits verkauft, kam wieder zu ihr zurück.“ Sie übermalte und gestaltete es neu. Die Reste des Alten in roter Farbe sind auf der linken Bildseite zu sehen. Ein Bild lebt, geht weiter, ist nicht statisch, so Aurand.
Nicht zuletzt die Form variiert in dieser Ausstellung. Das sechseckige 150 x 188 Zentimeter große Ölpastell auf Holz „common ground“ weist die Form eines sechseckigen Basalts auf, der auf dem Meeresgrund zu finden ist. Basalt fasziniert die Künstlerin seit ihrer Zeit auf Island, auch weil sich anhand von Basalt die Frage diskutieren lässt, worauf wir uns auf dieser Erde bewegen und wie Form überhaupt entsteht. In diesem Bild wird das Verhältnis von Geometrie zu einem Stern, zu einer Blume deutlich. Und dass diese Widersprüche – Statik und Dynamik, Geometrie und Organisches – keine Trennung bedeuten, sondern eine Vielfalt, die erst durch ihr Aufeinanderprallen, ihr Verschmelzen und ihr Auflösen lebendig wird. Diese Schnittstellen sichtbar zu machen und in eine Bildsprache zu übersetzen liegt Aurands Arbeiten zugrunde.

Detel Aurand, „Der wundersame Weg einer Blume“. Galerie Claeys, Kirchstraße 37, Freiburg. Do./Fr. 15–18 Uhr, Sa. 11–13 Uhr & nach Vereinbarung. www.galerie-claeys.de. Bis 29.10.2022

Bildquellen

  • Detel Aurand: „More Connection“, 2021: Foto: Galerie Claeys
  • Detel Aurand: „touch 2“, aquarel und wolle auf baumwolle: Foto: Galerie Claeys