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Ein Abend wie aus einer anderen Welt: Freiburgs erste Freak Show „Opium Circus“ gastierte im Kulturaggregat Hilda5

Dita Whip moderierte den Abend
© albi.rich

Es ist ein Freitag im Mai, an dem es Liebhaber:innen des Dunklen und Okkulten in die Wiehre zieht. Bereits am Eingang des Kulturaggregats versammelt sich eine Traube bunter Menschen in zumeist schwarzer Kleidung. Ein Paar tippt uns auf die Schulter. „Geht ihr auch zum Opium Circus?“, fragen sie uns aufgeregt. Wir nicken und lächeln. Dem Paar werden wir an diesem Abend noch einige Male begegnen, nicht zuletzt dann, wenn einer von ihnen auf die Bühne gerufen wird, um sein Gesicht beim Wettessen unter dem Grölen des Publikums in Schlagsahne zu ertränken.
An der Abendkasse begrüßt Elena La Gatta ihr Publikum. Die Burlesque Tänzerin präsentiert diesen Abend gemeinsam mit der wunderbaren Dita Whip. Freiburgs Schwarze Witwe, wie sich Dita Whip selbst nennt, führt durch diesen Abend. Mit Charme, dunklem Humor und einer guten Prise Sarkasmus hält die Drag Queen das Publikum bei Laune und scheut sich auch nicht davor, den ab und an zu eifrig gemeinten Zwischenrufen zumeist junger Männer ordentlich Konter zu geben. „Sexismus funktioniert von oben nach unten“, erklärt Dita Whip, während sie von der erhöhten Bühne auf das Publikum hinabblickt.
Vor der Show, in der Pause und auch danach sorgt DJ Ella Stracciatella mit elektronischen Frequenzen für Stimmung. Währenddessen gibt es auch die Möglichkeit die Räumlichkeiten des Kulturaggregats zu erkunden, in denen parallel zur Veranstaltung die Ausstellung „Happy Little Accidents“ besucht werden kann, in der Michael Genter einen Blick auf Statussymbolik, Stereotypen und Erwartungshaltungen in Form von Pferden und Autos aus diversen Perspektiven wirft.
Ein kraftvoller Gong läutet die erste Hälfte der Show ein. Das Publikum wird in den Keller geführt. Es ist dunkel, lediglich die kleine Bühne ist in verheißungsvolles Licht gehüllt. Davor drängt sich das Publikum, Schulter an Schulter. Auf einmal ertönt leise Musik, die sich zunehmend aufbaut. In dunkle, schwere Umhänge gehüllt steigen die Künstler:innen die Treppe hinab in den Keller und bahnen sich einen Weg durch die Menge. Auf der Bühne versammeln sich Elena La Gatta, Dita Whip, Venome Rouge, Black Diamond (Italien) und Luna Moka (Frankreich). Es ist eine Zeremonie, gehüllt in flackerndes Kerzenlicht, die einem das Gefühl gibt, man wäre Teil von etwas Vergangenem, etwas Geheimnisvollem – einem Underground-Club im pulsierenden Berlin der 1920er Jahre vielleicht, umgeben vom Rausch des Verbotenen.
Freiburgs erste Freak Show hält, was sie verspricht. Während die erste Hälfte der Show das Publikum beinahe sanft an die Hand zu nehmen scheint, um es in die Welt des Dark Cabaret und Burlesque zu führen, überrascht die zweite Hälfte mit durchgängig explosiven und provokanten Performances. Es wird schaurig lustig, wenn Black Diamond als mordender Harlekin mit einem Leichensack auf die Bühne stolpert und einen Tanz mit seinem Opfer vollzieht.

Liebe tut weh: Luna Moka tackerte sich Herzen an ihren Körper
© albi.rich

In einem Brautkleid betritt Luna Moka in ihrer zweiten Performance die Bühne, in der Hand hält die Straßburgerin eine Schachtel. Mit einem erwartungsvollen Kichern öffnet sie das Quadrat und … ist enttäuscht. Ein Kreischen, das einem die Haare zu Berge stehen lässt, durchzieht den Raum. Langsam schält sich die Burlesque Tänzerin aus ihrem weißen Kleid. Begleitet von einem schaurigen Remix des Klassikers „You are my Sunshine“ greift sie in die Kiste – was danach geschieht, lässt die Beobachtenden nach Luft schnappen. Mit einem Tacker schießt sich Luna Moka rote Herzen ins Bein – Liebe tut weh, nicht nur sprichwörtlich.
Durchgängig brillant ist Elena La Gatta, die durch Gesangseinlagen und ästhetische Performances mit einem Hauch von Gothic überrascht. Und auch wenn La Gatta ihre Kostüme fallen lässt und letztendlich nur noch in Slip und mit Nippelpads auf der Bühne steht, ist ihre Darbietung eines nie: billig. Das ist es, was diesen Abend so besonders macht. Nackte Haut, die niemals sexualisiert aber immer sexy ist, schaurige Einlagen mit einer Brise Humor und ein Publikum, das all das mit tosendem Applaus begrüßt. Ein Abend wie aus einer anderen Welt.

Bildquellen

  • Dita Whip moderierte den Abend: © albi.rich
  • Liebe tut weh: Luna Moka tackerte sich Herzen an ihren Körper: © albi.rich
  • Elena La Gatta brilliert in ihrer letzten Performance: © E. Jockers