Die Kunsthalle Baden-Baden zeigt die Schau „Synch 03. An Imaginary Audience“

Bis zur Gründung des Museums Frieder Burda direkt nebenan war die Kunsthalle Baden-Baden der Publikumsmagnet für Kunstliebhaber. Mittlerweile muss die Kunsthalle kämpfen, um sich neben den erfolgreichen Ausstellungen des Museums Frieder Burda zu behaupten. Anders als nebenan kann die Kunsthalle nicht auf eine umfangreiche Sammlung zurückgreifen, die alles enthält, was in der klassischen Moderne und der zeitgenössischen Kunst Rang und Namen hat. Unter der Leitung von Johan Holten, der inzwischen zur größeren Kunsthalle Mannheim wechselte, behauptete sich die Baden-Badener Kunsthalle mit geschickt gemachten Ausstellungen zu aktuellen Themen. Das seit 2019 amtierende Führungsduo Çağla Ilk und Misal Adnan Yıldız scheint noch nach einer neuen Rolle für die Kunsthalle zu suchen.
Eine Verbindung nach draußen, zur umgebenden Parkanlage Lichtentaler Allee, bot die Ausstellung „State and Nature“ im letzten Jahr. Dieses Jahr gibt es einen Schwerpunkt auf Performance und Film. In der kompakten Schau „Synch 03. An Imaginary Audience“ ist bis zum 23. April „Eine kleine Geschichte der Performancekunst in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden“ zu sehen. Gut, Performance lebt eigentlich durch die Reaktionen des eingeladenen, vor allem aber des nichts ahnenden „spontanen“ Publikums, was sich in einer Ausstellung nicht herstellen lässt. Die Reihe der Plakate, die über 5 Jahrzehnte hinweg für Ausstellungen mit Performances warben, die Geschichte sind, verweist auf die Anknüpfung an eine bestehende Linie. Vor allem aber laden die Plakate dazu ein, die Designideen vergangener Jahrzehnte zu studieren.
Was einer Performance am Nähesten kommt, zeigt ein kleiner Bildschirm. Der russische Künstler Oleg Kulik zog 1994 nackt an einer Leine durch die Straßen Moskaus. Kulik stellte einen verrückten Hund, a mad dog, dar, und tat das in aller Konsequenz. Er bellte, sprang kreischende Passantinnen an und wagte sich auf die Motorhauben fahrender Autos. Die Gesichter der Umstehenden zeigen eine Fülle an Reaktionen, von Abscheu bis Faszination. Oleg Kulik lotet die Extreme aus. Tracey Emins Film „Sometimes the Dress ist Worth More Money than the Money“, gedreht im Jahr 2000 auf Zypern, könnte dagegen auch im Nachmittagsprogramm des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens laufen. Durch ein trockenes Gebiet im Inneren der Insel, Heimat des Vaters der Künstlerin, läuft Tracey Emin im Brautkleid. In orientalischer Tradition heften Geldscheine am Kleid. Aber wo sind der Bräutigam und die Hochzeitsgesellschaft? Ist die Braut auf der Flucht? Man kann sich dazu eine eigene Geschichte ausdenken.
Eine Bank lädt dazu ein, sich in Ruhe den 90minütigen Film „La Ferdinanda – Sonate für eine Medici-Villa“ von Rebecca Horn anzusehen. Die Künstlerin versammelt in ihrem 1981 gedrehten Film eine Reihe von interessanten, problembeladenen Charakteren. Deren Geschichte verschränkt sich mit der Historie der Medici-Villa. Ergänzt werden die Filmaufnahmen durch Fotos von vergangenen Ausstellungen, es gibt ein Wiedersehen oder Neuentdecken der eigenwilligen Experimente von Jürgen Klauke, Arbeiten von Stephan von Huene, Emeka Ogboh und weiteren Künstlerinnen und Künstlern. Aus dem Archiv sind Publikationen zu den ausgewählten vergangenen Performances und Ausstellungen zu sehen. Alles recht dicht gedrängt in einem einzigen Raum. In den anderen Räumen der Kunsthalle fanden im Januar eine Schau mit Arbeiten von Jimmy Robert sowie das Performance-Wochenende „Hellzapoppin‘: What about the bees?“ der Choreografin und Filmemacherin Yvonne Rainer statt. Es ist ein Experiment mit offenem Ausgang: wird das alte Publikum kommen? Werden sich neue Besucher einfinden?

„Synch 03“, Staatliche Kunsthalle, Lichtentaler Allee 8a, 76530 Baden-Baden, Di-So 10-18 Uhr. www.kunsthalle-baden-baden.de. Bis 24.04.23

Bildquellen

  • Jürgen Klauke: „Bedingter Reflex“, 1990/1992: © Courtesy of the artist and Gallery Hans Mayer.