KolumneMixtape

Broligarchen auf Tour

Historisch betrachtet hat es selten zu etwas Gutem geführt, wenn Machtinhabende mal eben die Weltkarte umschreiben wollten. Selbstverständlich, sonst wär’s ja auch langweilig, nicht in gegenseitigem Einverständnis. Ein Blick über den Atlantik lässt einem derzeit einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Heute, am 28. Januar 2025, und genau acht Tage nach Amtsantritt schreibt Trump dank seiner Anhängerschaft bereits die Weltkarten um. Der Golf von Mexiko soll fortan Golf von Amerika heißen – auf Google Maps wird das für amerikanische User:innen bald Realität. Beschlossen wurde das per Dekret. Die mag er besonders gern. An seinem ersten Amtstag hob er allein 78 Dekrete aus der Amtszeit seines Vorgängers Joe Biden auf. Inszeniert in einer Arena, vor großem Publikum. Nun könnte man auf dieses Theater so reagieren, wie die amerikanische Opposition während Trumps Amtsantritt: irritiertes Kopfschütteln, ungläubiges Gelächter. Wäre da nicht das Problem der amerikanischen Supermacht.
Es sind Tech-Oligarchen wie Musk, Bezos und Zuckerberg, die Trump hinter sich gescharrt hat – jene Menschen, die die amerikanische Wirtschaft tragen und heute einen wichtigen Teil unseres Alltags kontrollieren: Social Media. Ja, das ist kein amerikanisches Problem mehr. X verzeichnet monatlich rund 421 Millionen aktive Konten, Instagram weist 2 Milliarden aktive Nutzer:innen auf und Facebook führt hier noch immer mit 3,05 Milliarden monatlicher User:innen. Was einst die Vernetzung privater Menschen fördern und das mediale Fenster einer globalisierten Welt sein sollte, hat sich längst zu einer Super-Informations-Maschine entwickelt. Nach Trumps Wahlsieg hat Meta, wozu u. a. Facebook und Instagram gehören, die Beendigung seines Faktencheck-Programms in den USA angekündigt. Selbstverständlich alles unter dem Slogan der Meinungsfreiheit und Zensur.
Was bedeutet das eigentlich konkret? Desinformationen, Fake-News, Hassrede und Verschwörungen können nun die Kanäle fluten. Ungehindert, denn von nun an müssen auf Social Media keine Fakten mehr sprechen. Was das bedeutet, hat sich gleich gezeigt: Wer auf Instagram nach den Hashtags #Democrat, #Democrats, #Biden oder #DNC („Democratic National Committee“) suchte, fand keine politischen Inhalte, sondern einen Hinweis: „Wir haben diese Suchergebnisse verborgen. Ergebnisse zu dem Begriff, nach dem Sie gesucht haben, enthalten womöglich sensible Inhalte.“ Wer zur selben Zeit aber nach #Republicans suchte, fand 3,3 Millionen Ergebnisse auf der Social-Media-Plattform. Vielleicht sollte man Herrn Zuckerberg noch einmal die Worte „Meinungsfreiheit“ und „Zensur“ in aller Ruhe erklären. In Europa jedenfalls müssen wir schleunigst aus den Fehlern unserer amerikanischen Partner lernen und endlich klare Regeln im Umgang mit Social Media festlegen. Viel zu lange haben wir zugesehen, wie sich an der Spitze der Weltmacht eine neue Boygroup entwickelt hat: Die Broligarchen. Bald auf Welttournee.

Bildquellen

  • Bald Gulf of America?: Montage: Kultur Joker