Aussöhnung unvorstellbar: Die deutsch-französische-Freundschaft zeigt, dass Versöhnung machbar ist

500 Jahre kriegerische Auseinandersetzung, 61 Jahre Frieden. Die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich scheint für viele Europäer:innen heutzutage eine Selbstverständlichkeit zu sein. Das dem nicht so ist und weshalb diese Partnerschaft für ein funktionierendes Europa von größter Bedeutung ist, zeigt unter anderem ein Blick in die Geschichte.

Bis 1945 entstanden innerhalb von 500 Jahren insgesamt 23 kriegerische Konflikte zwischen den beiden Ländern. Eroberungswillen und die Jagd nach Macht und Einfluss beider Nationen trieb das gestörte Verhältnis an. So marschierte Napoleon mit seinen Truppen im frühen 19. Jahrhundert in Deutschland ein, 1870 erklärten die Deutschen Frankreich den Krieg und besetzten das Elsass sowie Lothringen. Die sogenannte „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich gipfelte in drei großen Kriegen in weniger als einem Jahrhundert: Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71, welcher letztendlich zur deutschen Reichsgründung führte, der Erste Weltkrieg 1914-1918 sowie der Zweite Weltkrieg 1939-1945. Der deutsch-französische Antagonismus forderte allein innerhalb dieser drei Konflikte das Leben von über 3 Millionen Menschen.

Können Nationen, deren Feindschaft über Generationen besteht, jemals Freundschaft schließen? Nach dem Zweiten Weltkrieg und den Gräueltaten des Dritten Reiches schien eine Aussöhnung Frankreichs mit Deutschland zunächst unmöglich. Als historisch einmalige und wirkmächtige Geste gilt bis heute die Annäherung des damaligen Ministerpräsidenten und späteren Präsidenten Frankreichs, Charles de Gaulle, der Bundeskanzler Konrad Adenauer 1958 in sein privates Landhaus einlud, mit dem Ziel, die deutsch-französischen Beziehungen wiederaufzunehmen. Die Annäherung Frankreichs an Deutschland gilt als maßgeblicher Motor einer europäischen Einigung innerhalb der 1957 gegründeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die später zur Europäischen Union führen sollte.

Mit Hilfe einer bewegenden Versöhnungsmesse in der Kathedrale von Reims machten de Gaulle und Adenauer am 8. Juli 1962 die deutsch-französische Freundschaft und Aussöhnung schließlich öffentlich. Mit dem Unterzeichnen des Élysée-Vertrages am 22. Januar 1963 besiegelten die beiden Staatsmänner die Freundschaft und Zusammenarbeit der Nationen offiziell. Bis heute steht der Élysée-Vertrag international für Aussöhnung und die Wiederaufnahme starker, binationaler Beziehungen, sowohl politisch, gesellschaftlich als auch kulturell.

Heute gelten Frankreich und Deutschland als zentrale Mächte und Partner innerhalb der europäischen Union, deren Verhältnis zueinander immer auch den Zustand des europäischen Bündnisses spiegelt. Der 22. Januar 1963 beweist, dass alte Feindseligkeiten niedergelegt werden können, zugleich zeigt uns die jüngste Geschichte aber auch, dass die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich nicht selbstverständlich ist. Ende 2023 gab die Bundesregierung die Schließung von drei Goethe-Instituten in Frankreich bekannt. Mehr als 45 Verbände und Institutionen sowie über 400 Personen des öffentlichen Lebens haben in einem offenen Brief die Bundesregierung adressiert. „Die Neuausrichtung darf nicht auf dem Rücken der deutsch-französischen Partnerschaft ausgetragen werden“, heißt es in diesem Brief. Weiter wird auf den Aachener Vertrag (2019) verwiesen, der die Sprache und Kultur der Partnerländer ins Zentrum rückt. Ulrich Wickert, ehemaliger Tagesthemen-Moderator und Leiter des ARD-Studios Frankreich, mahnt ebenfalls. Im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger spricht er von fehlendem Fingerspitzengefühl der derzeitigen Außenpolitik, die ein gestörtes Grundvertrauen der Franzosen in Deutschland weiter herausfordern würde.

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