Verblüffende Einfälle zur Präsentation von Kunst

Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden zeigt die Ausstellung „Ausstellen des Ausstellens“

Leere Vitrinen warten auf Ausstellungsobjekte, auf den Sockeln fehlt noch die dazu passende Skulptur, die Rahmen hängen ohne Bild. Hat die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden ihre Ausstellung nicht rechtzeitig fertig bekommen? Das könnte man meinen, es ist aber nicht so. Es geht um das „Ausstellen des Ausstellens“.

Bis zum 17. Juni kann man in der Kunsthalle, aber auch in der Lichtentaler Allee und in der Innenstadt von Baden-Baden die Entwicklung „Von der Wunderkammer zur kuratorischen Situation“ nachvollziehen.

Kunsthallendirektor Johan Holten hat sich da ein anspruchsvolles Thema ausgesucht. Der Blick zurück auf die Anfänge des Ausstellens, dokumentiert in barocken Gemälden und Fotos aus dem 19. Jahrhundert, macht deutlich, wie sehr sich die Art und Weise, Kunst zu zeigen, gewandelt hat. Am Anfang hängten Kunstsammler einfach die Wände voll. Selbst gefiltert durch den Blick auf das Bild im Bild wirken die voll gehängten Wände überfüllt und unübersichtlich. Aus heutiger Sicht angestaubt erscheinen auch die historischen Vitrinen, Leihgaben traditionsreicher Museen, in denen früher Kunst ähnlich präsentiert wurde wie aufgespießte Insekten.

Der Rundgang durch die Kunsthalle vermittelt anschaulich, wie im 20. Jahrhundert experimentiert wurde. El Lissitzky versuchte es mit dem „Kabinett des Abstrakten“, variable Wände, aufklappbare Schränke. Meistens hat sich doch der so genannte „white cube“ durchgesetzt. Moderne Ausstellungen haben eine eigens für sie entworfene Ausstellungsarchitektur, einige Pläne und Entwürfe sind in der Kunsthalle zu sehen. Holten setzt vor allem auf witzige Ideen. Ein leerer Rollstuhl mit dem Schild „Null Problemo“ steht gegenüber einer Wand, auf der Zeitungsausschnitte und Fotos die abenteuerliche Geschichte eines Kunstraubs erzählen. Der Spitzweg ist weg? Dann zeigen wir eben den Diebstahl.

Zeitgenössische Künstler suchen immer wieder nach ungewöhnlichen Ausstellungsmöglichkeiten. In Fenstern scheinen Blätter, Geldscheine, kleine Fundstücke des Alltags gefangen zu sein, und so mutiert ein Fenster zu einer Art an der Wand hängender Vitrine. Andrea Fraser nahm den Audio-Guide des Guggenheim Museums in Bilbao wörtlich, was zu der sehr amüsanten Videoarbeit „Little Frank and his carp“ führte. All die klugen Hinweise der Kunstvermittlung aus dem Kopfhörer setzte die Künstlerin in die Tat um, streichelt liebevoll die Museumswände, und gibt sich ganz dem überraschend sinnlichen Kunstgenuss hin. Wer dieses Video sieht, wird keinem Audio Guide mehr trauen.

Verblüffende Einfälle zum Thema Ausstellen findet man auch außerhalb des Kunsthallengebäudes. Fabian Knecht hat das typische Ausstellungskabinett, den klassischen „weißen Würfel“, kurzerhand in die Lichtentaler Allee gestellt. Innen trifft man auf einen Baumstamm. Und schon wird ein Stückchen Park zum Ausstellungsobjekt. In der Fußgängerzone sind weitere Beiträge zum „Ausstellen des Ausstellens“ zu entdecken, zum Beispiel in einer Boutique die aus Berufskleidung genähten Kostüme von Mia Miottke, oder in einer Patisserie Avocado-Skulpturen, die Pae White aus Marzipan geformt hat.

Manches wird nur durch den Ort zu einem Kunstwerk. Stünden die zwei Beton-Poller in der Fußgängerzone statt im Park neben der Kunsthalle, wären sie eben nichts weiter als gewöhnliche Poller. Dasselbe gilt für die beschriebenen Zettel an den Bäumen, die nur durch das Eingebundensein in das „Ausstellen des Ausstellens“ als Kunst wahrgenommen werden.
Eigentlich fehlt an dieser Stelle nur noch ein interaktives Element für die Besucher, die dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr den zahlreichen Variationen über das Thema Ausstellen in der Kunsthalle, im Park und in der Stadt folgen können.

Nike Luber

„Ausstellen des Ausstellens“, Staatliche Kunsthalle Baden-Baden. Di bis So 10-18 Uhr.
Bis zum 17. Juni 2018.