Licht am Ende des Tunnels: Brigitte Liebel beendet die Kunstausstellungen der Freiburger Künstlerwerkstatt im „L6“

Brigitte Liebel ist arriviert und in der Region sowie darüber hinaus zu Recht bekannt. Es handelt sich um eine Künstlerin, die konsequent und über Jahre ein eigenes fachliches Profil errungen hat. Licht ist tatsächlich ihr Thema. Denn sie arbeitet vorrangig mit der Loch-Kamera. Was ist das für eine Technik, was bedeutet es? Seit dem früheren 19. Jahrhundert wurde die Camera Obscura entwickelt, also ein im Wortsinn dunkler Raum. Durch ein definiertes Loch kann in ein Gehäuse von außen Licht eintreten und im Innern die Schwärzung eines Trägers von Silbernitraten hervorrufen, frühe Vorstufen, letztlich die Wiege der aufkommenden Fotografie. In Zeiten der Digitalisierung hält sich diese analoge Ur-Technik im künstlerischen Umfeld.
Die gebürtige Nürnbergerin Liebel, seit 2010 in Gundelfingen bei Freiburg beheimatet, erläutert gern ihren Arbeitsprozess: Themenstellung und Motivsuche entspringen meist der eigenen Phantasie, seltener konkreten Aufträgen. Dann gilt es, eine geeignete Loch-Kamera zur Hand zu haben – in den meisten Fällen baut sie sie selbst, das können schlichte Pappkartons sein (mit denen sie stets unterwegs ist), bisweilen auch aufwändigere Konstruktionen. Das Inspirierende an der Ausstellung liegt darin, dass die Lochkameras in der Raummitte allesamt präsentiert sind und die Besucher*innen sich auf die Suche nach den zugehörigen Foto-Resultaten begeben dürfen – nicht immer leicht fällt das, doch, wenn man sich hineindenkt, ein spannender Prozess und eine glänzende Präsentationsidee.

Der Münsterturm, zwei Lochkamera-Aufnahmen, digital nachbearbeitet, 2 x 60 x 30 cm, Auflage: 3 © B. Liebel

Brigitte Liebel beschäftigt sich seit annähernd 30 Jahren mit Licht und Zeit. „Lichtsammlerin“ nennt sie sich selbst, die Ausstellung im L6 ist ein „Best-Of“ dieses Schaffens. In der Regel sind es Serien, die entstehen, weil der Herstellungsprozess auch etwas Ungewisses, Aleatorisches mit sich trägt. Nur selten geschieht manuelle oder digitale Nachbearbeitung, etwa bei dem schräg von unten eingefangenen Münsterturm in zwei versetzten Belichtungen (2019). Bei Aufnahmen, mitgebracht von einer Ostasien-Reise, stellt sie sinnfällig Foliendrucke auf Japan-Papier aus. In der Reihe „Lebkuchenciddy“ von 1998 sind verschiedene Perspektiven mit „Nürnberger Originallicht“ als Hommage an ihre Heimat in das Innere leerer Lebkuchendosen montiert. Die 12-teilige Reihe „Mono_Poly“ (2017) gibt skizzenhaft klar (kritische) Einsicht in agrarische Bewirtschaftungsformen. Maisfelder unterhalb des Kandel, fünf Mal nebeneinander jeweils vom selben Standort der Kamera, aber durch das Jahr hindurch vom Aussäen bis zur Ernte, zeigen an, dass die Ausstellung viel mehr an Entdeckung bereit hält.
Die Druckwerkstatt, einst hervorgegangen aus der Künstlerwerkstatt in der Mehlwaage in der Freiburger Stadtmitte (wir berichteten mehrfach, zuletzt: KulturJoker März 2024, S. 12) ist aktuell bedroht, weil eine neue Heimat noch offen bleibt. Die städtische Kulturverwaltung wusste von Beginn an, dass der Mietvertrag für das – niemals wirklich glückliche – Haus in der Lameystraße 6 in Zähringen nach zwanzig Jahren im Sommer 2024 endet. Sehr spät setzte die Suche für den Ersatz ein. Eine kleine Hoffnung und Option für die Druckwerkstatt gibt es jetzt im Areal der „Fabrik“ im Hinterhaus an der Habsburgerstraße, das wäre ein guter neuer Standort. Und der Antrag auf Mietkostenzuschuss ist gestellt. Man kann nur hoffen, dass dies Vorhaben Wirklichkeit wird. Da käme dann neues Licht.

Brigitte Liebel – Best Of: Lichtsammlungen. L6, Lameystr. 6, Freiburg. Do–Fr, 16–19 Uhr, Sa 11–17 Uhr. Bis 11.05.2024

Bildquellen

  • Der Münsterturm, zwei Lochkamera-Aufnahmen, digital nachbearbeitet, 2 x 60 x 30 cm, Auflage: 3: © B. Liebel
  • Der Lochkamera-Aufbau im L6: © B. Liebel