Kunstvereine im Gespräch (22): Jubiläum zum 20/5-jährigen Bestehen in Lahr

Kunstvereine spielen eine wichtige Rolle im Kulturleben von Städten und Gemeinden – gerade auch in unserer Region. In der Serie über die Kunstvereine im Schwarzwald und Südbaden geht es heute um „L’Art pour Lahr“. Der Verein feiert jetzt ein ‚silbernes‘ Jubiläum. Das Vorstandsmitglied Dieter Weißenberger stand zum Austausch bereit.
Der Titel des Vereins ist genial gewählt. „L’Art pour l’Art“ besäße womöglich einen negativen Beigeschmack: Kunst um ihrer selbst willen. Doch gemünzt auf das Engagement in der Stadt Lahr wendet sich das Blatt – und wird zum eindeutigen Signal. „Unser Name ist Programm!“, heißt es mit Recht und Selbstbewusstsein. Eine Mitinitiatorin fand einst das Wording. Kunst für Lahr galt fortan als Devise. 1996 war das Jahr, als erste konspirative Treffen der Künstler*innen stattfanden. Das städtische Kulturamt konnte frühzeitig beteiligt werden. Und „Kunstpunkte“ war 1997 das erste gemeinsame Projekt. 34 Künstlerinnen und Künstler stellten in Geschäften in der Stadt ihre Arbeiten aus; ein großer blauer Punkt markierte jeweils den Ort des Geschehens – und schon entstand das künftige Logo.

Künstler-Kunstverein
Der Verein ist ein typischer Künstler-Kunstverein. Von den ca. 75 Mitgliedern sind mehr als die Hälfte aktive Künstler*innen – mit unterschiedlichem Ausbildungsgrad: vom Akademieabschluss bis zur Autodidaktin. Entsprechend wird der Vorstand bestückt: drei Personen regeln die Geschäfte, im Beirat sind weitere mit eingebunden. Eine Fachjury wählt man aus eigenen Kreisen, die Besetzung wechselt aber alle zwei Jahre, so dass Transparenz und Ausgeglichenheit der Voten gewährleistet bleiben.
„Unser Interesse liegt bei modernen und zeitgenössischen Kunstströmungen. Wir tauschen uns über Kunst im Allgemeinen und über unsere eigene künstlerische Arbeit aus und freuen uns auch ganz besonders über die Teilnahme von Kunstfreunden, die selbst nicht künstlerisch tätig sind“ erzählt Weißenberger. 50 Euro werden jährlich als Mitgliedsbeitrag erhoben.

Galerie als Elixier
2000 wurde der Verein gegründet. Das sollte im letzten Jahr gefeiert werden und wird jetzt nachgeholt – so kommt es zum doppelten Jubiläum. Außerdem wird seit 2001 die eigene Galerie bespielt: auch hier ist nun eine runde Zahl im Spiel. Die vier Räume im Erdgeschoss des historischen Stadthauses aus dem 18. Jahrhundert am Rande der Lahrer Fußgängerzone geben eine feste Heimat, einen Treffpunkt, vor allem die Möglichkeit kontinuierlicher Wechselausstellungen, gelegentlich auch für Musik, Performance und Vorträge.
Fünf Einzelausstellungen und eine Gruppenausstellung können pro Jahr realisiert werden; Mitglieder und externe Künstler*innen stehen dabei etwa im Verhältnis 2:1. Dazu „zweimal im Jahr ein kleines Fest“ notiert das Vorstandsmitglied. Eine gesunde Mischform aus Kunstverein und Produzentengalerie hat sich über die Jahre entwickelt. Die Stadt übernimmt die Miete für das Objekt und gibt gelegentlich projektbezogene Zuschüsse.

Highlights gestern und heute
Bei Durchsicht das Ausstellungsarchivs fällt die Kontinuität und Lückenlosigkeit des Engagements auf. Es begegnen weiterführende Projekte mit Jugendlichen wie „Stickerei und Textilobjekte von Mädchen aus Afghanistan und Schüler/innen aus der Ortenau“ (2007), die Fotografie-Ausstellung „Bildjung“ (2008) oder „Farbpixel – Jugend in der Galerie“ (2009). Kooperationen mit Künstler*innen aus der französischen Partnerstadt Dole (1999, 2012) fallen ins Auge. Ein besonderes Profil erwarb sich die Reihe „Produktkunst“ (seit 2001): Das meint nicht zwingend Angewandte Kunst, also (Produkt-) Design – lässt dies freilich zu. Thema ist vielmehr ein bestimmtes Material/Produkt, das – von einer ansässigen Firma gesponsert – zur künstlerischen Bearbeitung freigegeben wird. Das reicht von Verpackungsmaterial („Schächtele“) über Stahlwolle, Bandagen, Räder und Rollen, Schrott, Knöpfe, Tapeten bis zu Leder. Wie geistreich!
Das Mehrfachjubiläum wird mit einer Doppelausstellung in der eigenen Galerie und im Stadtmuseum begangen. Die Landesgartenschau 2018 setzte nicht wirklich nachhaltige künstlerische Impulse. Doch mit der Städtischen Galerie, dem noch ganz neuen Projekt „Villa Jamm Artists“ und sowieso „L’Art pour Lahr“ hat die Stadt an der Schutter für die Bildende Kunst mittlerweile Einiges zu bieten.

Info:
„Momentaufnahme“ – aktuelle Arbeiten der Vereinsmitglieder. Galerie L’ART POUR LAHR Obertorstraße 4, Lahr. Eröffnung: Do., 16. Sept., 18 Uhr. Do 17–19 Uhr, Sa 11–15 Uhr, zusätzlich So., 19. Sept., 14–18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Bis 23. Okt. 2021. wwFoto: Stadt Lahrw.l-art-pour-lahr.de
„Lahrer Schächtele – Kunst mit Produkten der Firma Leser“. Stadtmuseum Lahr, Kreuzstraße 6, Lahr. Eröffnung: Sonntag, 19. September, 12 Uhr, Mi–So, 11–18 Uhr. Bis 14. Nov. 2021. www.stadtmuseum.lahr.de

Bildquellen

  • Galerie L’ART POUR LAHR: Foto: Stadt Lahr