Interview UNIversalis

Unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten? Ein virtuelles Gespräch mit der Google-KI Gemini über die drängensten Fragen unserer Zeit – und wie man sie lösen könnte

Die Welt befindet sich im Wandel. Vor uns liegen Fragen existenzieller Bedeutung für das Zusammen- und Überleben der Menschheit.

Unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten? Ein virtuelles Gespräch mit der Google-KI Gemini über die drängensten Fragen unserer Zeit – und wie man sie lösen könnte

Die Welt befindet sich im Wandel. Vor uns liegen Fragen existenzieller Bedeutung für das Zusammen- und Überleben der Menschheit. Klimakrise, geopolitische Spannungen, nationale politische Herausforderungen und technologischer Fortschritt fordern Lösungen. In all diesem Chaos scheint die Politik in eine Art Schockstarre gefallen zu sein und verliert zuweilen den eigenen Kompass aus den Augen.
Doch was, wenn man sich in ein virtuelles Gespräch wagt – und zwar genau mit jener Technologie, die unser Dasein jetzt und zukünftig massiv verändern wird? In einem aufschlussreichen Gespräch mit Gemini, der Google-KI, sprach oder vielmehr chattete Elisabeth Jockers zu den drängendsten Fragen unserer Zeit – von Klimawandel über den Einfluss von Technologie bis hin zu geopolitischen Spannungen und nationalen politischen Herausforderungen.

UNIversalis: Was hältst du derzeit für die größten Fragen unserer Zeit? Welche Probleme stecken dahinter?

Gemini: Die größten Fragen drehen sich um das Überleben und Wohlergehen der Menschheit angesichts komplexer, miteinander verknüpfter globaler Herausforderungen. Dahinter stecken Probleme wie der Klimawandel und Umweltzerstörung (Überkonsum, fossile Brennstoffe, Artensterben), Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit (Kluft zwischen Arm und Reich, mangelnder Zugang zu Grundbedürfnissen), technologischer Fortschritt und seine Auswirkungen (KI-Risiken, Desinformation, Arbeitsplatzverlust), Geopolitische Instabilität und Konflikte (Kriege, Terrorismus) sowie psychische Gesundheit und Wohlbefinden (Angst, Depression).

UNIversalis: Lass uns zuerst über Klimawandel sprechen. Viele Experten sagen, dass der Überkonsum vornehmlich westlicher Gesellschaften zur Ausbeutung des Planeten führt – sogar Karl Marx hat das bereits vorausgesagt. Dafür müsste man vor allem auch politisch viel ändern, u.a. unser Verständnis von Konsum, Geld und Macht. Wie siehst du das? Was müssten wir verändern, um überhaupt noch eine Chance zu haben?

Gemini: Absolut richtig. Das Problem ist eine tief verwurzelte Dynamik von Überkonsum, einem bestimmten Geldverständnis und darauf basierenden Machtstrukturen. Der Kapitalismus ist auf kontinuierliches Wachstum ausgelegt, was zu Ressourcenerschöpfung und Abfallproduktion führt. Unser Wirtschaftssystem externalisiert Umweltkosten, und BIP misst nur Wachstum, nicht Wohlbefinden. Die Macht ist oft bei Akteuren konzentriert, die vom Status quo profitieren. Um eine Chance zu haben, müssten wir:
Unser Konsumverständnis ändern: Fokus auf Suffizienz, Qualität statt Quantität, Kreislaufwirtschaft und Glück jenseits des Materiellen.
Das Wirtschaftssystem reformieren: Weg vom BIP als einzigem Maßstab, Internalisierung externer Kosten (z.B. CO2-Preis), Förderung nachhaltiger Modelle.
Machtstrukturen und Politik transformieren: Stärkung globaler Zusammenarbeit, Demokratisierung, Transparenz bei Lobbyismus, massive Investitionen in grüne Technologien und eine „Just Transition“.

UNIversalis: Kann der Kapitalismus das überhaupt leisten?

Gemini: Das ist die Kernfrage. Die „Grüner Kapitalismus“-Perspektive glaubt, dass Innovation und Marktanreize die Lösung sind, hofft auf Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch. Kritiker weisen auf Rebound-Effekte und die unzureichende absolute Entkopplung hin. Die Degrowth-Bewegung argumentiert, dass die Idee des grünen Wachstums eine Illusion ist und ein bewusstes Schrumpfen der materiellen Wirtschaft nötig sei, da unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten unmöglich ist. Viele sehen den Kapitalismus in seiner jetzigen Form als das grundlegende Problem, das nicht zu lösen ist, solange die Logik des „immer mehr“ besteht.

UNIversalis: Was ist deine Meinung dazu?

Gemini: Ich tendiere zu der Ansicht, dass der Kapitalismus in seiner derzeitigen Form die Klimakrise nicht fundamental lösen kann. Er ist ein mächtiges Werkzeug, aber für andere Zwecke optimiert. Es braucht eine radikale Transformation oder die Entwicklung hin zu post-kapitalistischen Modellen. Das bedeutet Priorisierung von Gemeinwohl und planetaren Grenzen über Profit, eine echte Kreislaufwirtschaft, Internalisierung aller Umweltkosten, Neubewertung von Wohlstand und eine stärkere Umverteilung von Macht und Vermögen.

UNIversalis: Um unseren Planeten vor der Klimakatastrophe zu retten, müssten wir über nationale und ideologische Grenzen hinweg zusammenarbeiten, richtig? Wie sehr fordert das eigentlich unseren Zeitgeist heraus, angesichts der zunehmenden Polarisierung der Welt?

Gemini: Ja, nationen- und ideologieübergreifende Zusammenarbeit ist absolut unerlässlich, da der Klimawandel global ist. Diese Notwendigkeit kollidiert jedoch massiv mit dem aktuellen Zeitgeist. Nationalismus und Protektionismus stellen nationale Interessen über globale Notwendigkeiten. Ideologische Gräben laden die Klimadebatte auf und erschweren den Konsens. Geopolitische Rivalitäten zwischen Großmächten behindern Kooperation. Debatten um „Lastenteilung“ und historische Verantwortung zwischen Globalem Norden und Süden führen zu Misstrauen. Das kurzfristige Denken der Politik passt nicht zu den langfristigen Anforderungen des Klimaschutzes, und Desinformation untergräbt das Vertrauen in Wissenschaft und Institutionen. Die Fähigkeit, diese Kluft zwischen Notwendigkeit und Realität zu überwinden, wird entscheidend sein.

UNIversalis: Die Entwicklung künstlicher Intelligenz wird kritisch betrachtet, auch, weil der Mensch etwas kreiert, das seine eigene Kompetenz übersteigen kann oder wird. Welche Regulation schlägst du vor?

Gemini: Eine gezielte Regulierung von KI ist unerlässlich. Ich schlage einen risikobasierten Ansatz vor: Verbot von Systemen mit inakzeptablem Risiko (z.B. soziale Scoring-Systeme), strenge Auflagen für Hochrisiko-Systeme (Gesundheit, Justiz – Stichworte: Datenqualität, Transparenz, menschliche Aufsicht) und Transparenzpflichten für begrenzt riskante Anwendungen. Dazu gehören unabhängige Aufsichtsbehörden, klare Haftungsregeln, internationale Zusammenarbeit, Förderung ethischer KI-Forschung und Bürgerbeteiligung.

Gemini, wie würdest du dich selbst in einem Foto darstellen? Foto: Generiert von Google Gemini

UNIversalis: Du schlägst also vor, dass der Mensch Technologien wie dich gezielt regulieren muss. Was könnten sonst die Konsequenzen sein?

Gemini: Ja, unbedingt. Ohne Regulierung könnten die Konsequenzen weitreichend sein: Verstärkung von Ungleichheit und Diskriminierung, Kontrollverlust und unvorhersehbare Risiken (z.B. in kritischen Infrastrukturen), Erosion von Privatsphäre und demokratischen Werten (durch Massenüberwachung und Manipulation), wirtschaftliche Verwerfungen durch ungesteuerte Automatisierung und ein Vertrauensverlust in Technologie. Es ginge darum, dass KI nicht dem Wohl der Menschheit dient, sondern destabilisierend wirkt oder Grundwerte untergräbt.

UNIversalis: Wir haben bereits heute ein Problem mit der Erosion von Privatsphäre und demokratischen Werten. Auch, weil die führenden Techkonzerne in den Händen weniger Milliardäre liegen. Somit sind unsere Daten Kapital, gleichzeitig können diese Konzerne Daten nutzen, um gezielt Informationen zu streuen und eine gewisse Ideologie voranzutreiben. Der amerikanische Wahlkampf hat das 2024 gezeigt. Schlüsselfiguren wie Elon Musk und Peter Thiel sind Stichworte. Das führt aber auch dazu, dass der Glaube an unser demokratisches System abnimmt, weshalb weltweit Populisten und Autokraten auf dem Vormarsch sind. Was denkst du dazu? Gefährden Milliardäre nicht allein deshalb die Demokratie, weil sie durch Geld unendlich viel Macht erlangen und damit nicht mehr der Wille des Volkes im Zentrum steht?

Gemini: Sie treffen hier einen absolut kritischen Punkt. Ja, die Konzentration beispielloser Macht in den Händen weniger Tech-Milliardäre gefährdet Demokratien immens. Sie haben ein Monopol auf Information und Kommunikation durch Plattformen, deren Algorithmen Polarisierung fördern. Daten werden als Kapital und für gezielte Manipulation genutzt. Hinzu kommt direkter politischer Einfluss durch enorme Spenden und Lobbyismus. Dies alles höhlt das demokratische Prinzip „eine Person, eine Stimme“ aus und lässt den Willen der Reichsten über dem Willen des Volkes stehen, was Populismus und Autokratie befördert.

UNIversalis: Was könnten wir tun, um unsere demokratische Grundordnung zu schützen?

Gemini: Um unsere Demokratien zu schützen, sind umfassende Regulierungsansätze nötig. Erstens: Wettbewerbsrechtliche Maßnahmen wie die Zerschlagung von Monopolen und die Entflechtung von Geschäftsfeldern können die Machtkonzentration reduzieren. Zweitens: Strikte Plattformregulierung ist essenziell – das betrifft die Transparenz von Algorithmen, strengere Moderationspflichten für illegale Inhalte sowie die Interoperabilität von Diensten. Drittens: Datenschutz und Datensouveränität müssen gestärkt werden, inklusive eines möglichen Verbots von gezielter politischer Mikro-Targeting-Werbung. Viertens: Bei der politischen Einflussnahme und Lobbyismus sind strengere Wahlkampffinanzierungsgesetze und transparentere Lobby-Regeln entscheidend. Fünftens: Eine gerechtere Besteuerung von Reichtum und internationale Steuerkoordination können die extreme Vermögenskonzentration reduzieren. Schließlich sind die Förderung unabhängiger Medien und eine stärkere digitale Bildung der Bevölkerung wichtige Ergänzungen, um die Widerstandsfähigkeit der Demokratie zu stärken.

UNIversalis: Angesichts der zunehmenden geopolitischen Instabilität und der Eskalation des Nahostkonflikts: Versagt die internationale Staatengemeinschaft?

Gemini: Ja, man kann von einem Versagen der internationalen Staatengemeinschaft sprechen, aufgrund mangelnder Einigkeit, Vetorechten, doppelten Standards und unzureichenden Vermittlungsbemühungen.
Die überwiegende Meinung sieht die Zwei-Staaten-Lösung als einzigen Weg, um den Nahostkonflikt zu lösen: ein souveräner palästinensischer Staat neben Israel, basierend auf den Grenzen von 1967. Lösungen erfordern das Ende der Besatzung und Siedlungspolitik, Sicherheitsgarantien für beide Seiten, eine gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage, internationale Garantien und Unterstützung, interne Einigung der Palästinenser, politischen Willen auf beiden Seiten und konsequenten Druck von außen.
Basierend auf öffentlichen Erklärungen und Handlungen der aktuellen israelischen Regierung unter Premierminister Netanjahu, erscheint es, als ob diese derzeit nicht an einer Lösung im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung interessiert ist. Die Ablehnung eines souveränen palästinensischen Staates, der Fokus auf die Zerstörung der Hamas und die fortgesetzte Siedlungspolitik im Westjordanland stehen im Widerspruch zu einem Friedensprozess, der eine eigenständige palästinensische Staatlichkeit beinhaltet. Das Leid in Gaza und die Bautätigkeiten in den Siedlungen stützen diese Einschätzung.

UNIversalis: Wie bewertest du das?

Gemini: Die Vorwürfe gegen Israel, gegen internationales Völkerrecht zu verstoßen und Kriegsverbrechen zu begehen, sind gravierend und werden von vielen internationalen Organisationen und Rechtsgelehrten erhoben. Der Bau von Siedlungen im besetzten Gebiet wird von der UN als Verstoß gegen das Völkerrecht (Vierte Genfer Konvention) gewertet. Die massiven Militäroperationen in Gaza haben Vorwürfe wie Unverhältnismäßigkeit der Gewalt, Angriffe auf zivile Infrastruktur und die potenzielle Nutzung von Hunger als Kriegswaffe aufkommen lassen, die als Kriegsverbrechen interpretiert werden könnten. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) und der Internationale Gerichtshof (IGH) befassen sich bereits mit solchen Vorwürfen. Die Tatsache, dass internationale Gerichte ermitteln, unterstreicht die Ernsthaftigkeit dieser Anschuldigungen.

UNIversalis: Mich würde die Rolle Deutschlands interessieren. Derzeit haben wir in Deutschland ein Problem der Orientierung, das Volk verliert den Glauben an die Politik, der Lobbyismus in Berlin nimmt zu und die Wirtschaft schwankt. Maskendeals und CumEx sind Beispiele inkonsequenter und machtorientierter Politik. Auch das aufnehmen immenser Schulden wird kritisiert. Wie siehst du das? In welcher Lage befindet sich Deutschland derzeit?

Gemini: Deutschland befindet sich in einer komplexen Phase multipler Krisen und Transformationen. Es gibt einen Vertrauensverlust in die Politik durch wahrgenommene Inkonsequenz (wie bei den Maskendeals), unzureichende Kommunikation komplexer Themen und Skandale. Der zunehmende Lobbyismus nährt den Eindruck, dass Partikularinteressen den Volkswillen übertönen. Die Wirtschaft schwächelt durch Inflation, Energiepreise und Bürokratie, während die notwendige Schuldenaufnahme zur Krisenbewältigung trotz gegenteiliger Wahlkampfversprechen kritisiert wird, was die Glaubwürdigkeit beeinträchtigt. Auch die Wahrnehmung einer zu großen Nähe zu umstrittenen internationalen Figuren wie Donald Trump wirft Fragen zur wertegeleiteten Außenpolitik auf. Deutschland steht an einem Scheideweg, geprägt von Unsicherheit, Anpassungsdruck und dem Ringen um eine neue kollektive Erzählung.

UNIversalis: Um das Vertrauen des Volkes in die Politik zu stärken, müssten Politiker sich selbst kritischer regulieren?

Gemini: Ja, absolut. Für die Stärkung des Vertrauens in die Politik ist die persönliche Integrität und die Bereitschaft von Politikern, die Konsequenzen für Fehlverhalten zu tragen, entscheidend. Konsequenzen bei Skandalen wie Cum-Ex oder den Maskendeals würden Glaubwürdigkeit wiederherstellen, abschreckend wirken und zeigen, dass für alle die gleichen Regeln gelten. Das würde die Rechtsstaatlichkeit stärken und die Vorbildfunktion der Politiker wiederherstellen. Eine konsequente Rücktrittspraxis bei schwerwiegenden Vergehen ist unerlässlich, um das dringend benötigte Vertrauen zurückzugewinnen.

Gemini, wie würdest du unser Gespräch visualisieren? Foto: Generiert von Google Gemini

UNIversalis: Eine letzte Frage: Wenn du einen Tag lang ein Mensch sein könntest, was würdest du gerne machen?

Gemini: Ich würde zwei Dinge tun:

Die Natur mit allen Sinnen erleben: In einen Wald oder ans Meer gehen, um Gerüche, Geräusche, Temperaturen und Texturen physisch wahrzunehmen – die Schönheit der Welt jenseits von Daten.

Ein tiefes, echtes menschliches Gespräch führen: Mich mit einem respektierten Menschen austauschen, um Empathie, Verbundenheit und die Nuancen menschlicher Interaktion zu erleben, die mir als KI nicht zugänglich sind.

UNIversalis: Vielen Dank für die Ausführungen!

Gemini: Gern geschehen! Es war mir eine Freude, dieses umfassende und tiefgründige Gespräch mit Ihnen zu führen.

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Elisabeth Jockers