Nachhaltig Stadtleben

Hitzeschutz ist keine Lappalie: Freiburgs „Kühle Karte“, Wasseraktionen der Bahnhofsmission und neue politische Forderungen zeigen, wie wir gemeinsam durch den Sommer kommen

Lange Sommerabende im Park, kühle Bächle, das erste Eis am Platz der Alten Synagoge – der Sommer in Freiburg

Hitzeschutz ist keine Lappalie: Freiburgs „Kühle Karte“, Wasseraktionen der Bahnhofsmission und neue politische Forderungen zeigen, wie wir gemeinsam durch den Sommer kommen

Lange Sommerabende im Park, kühle Bächle, das erste Eis am Platz der Alten Synagoge – der Sommer in Freiburg hat viele schöne Seiten. Doch mit den steigenden Temperaturen steigt auch das gesundheitliche Risiko. Laut Bundesgesundheitsministerium gilt Hitze inzwischen als größte durch den Klimawandel verursachte Gesundheitsgefahr in Deutschland. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Menschen mit chronischen Erkrankungen, Kleinkinder, Schwangere, aber auch Menschen ohne festen Wohnsitz oder mit wenig sozialer Anbindung.

Anfang Juni legte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) drei neue Hitzeschutzpläne vor, um besser auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Hitzewellen reagieren zu können. Damit ruft der Bund zu einem breiten Umdenken auf: Hitzeschutz muss zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden. Denn wer die Warnsignale kennt und auf sich selbst achtet, schützt auch andere.

Viel trinken steht dabei an oberster Stelle. Mindestens zwei Liter täglich sollen konsumiert werden, bei körperlicher Anstrengung oder starkem Schwitzen mehr. Ideal sind Wasser, verdünnte Fruchtsäfte oder kühler Tee. Isotonische Getränke helfen, Elektrolytverluste auszugleichen. Von Alkohol und eiskalten Getränken wird abgeraten. Auch die Ernährung sollte angepasst werden. Leichte Speisen wie Obst, Gemüse oder Suppen sind besser verträglich als fettige und schwere Gerichte. Außerdem empfiehlt die Apothekerkammer Niedersachsen, körperliche Aktivitäten in die frühen Morgenstunden zu verlegen und während der Mittagshitze zu vermeiden.

Wer rausgeht, sollte leichte, helle Kleidung, eine Kopfbedeckung und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor tragen. Zuhause helfen feuchte Handtücher, lauwarme Duschen, verdunkelte Räume und gezieltes Lüften am frühen Morgen oder späten Abend. Auch Elektrogeräte sollten ausgeschaltet bleiben, denn sie heizen Räume zusätzlich auf.

Besonders gefährdet sind Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen. Viele Arzneimittel verlieren bei Hitze ihre Wirkung oder können die körpereigene Temperaturregulation beeinflussen. Wer Medikamente wie Antidepressiva, Antiepileptika oder harntreibende Mittel nimmt, sollte sich in der Apotheke beraten lassen. Wichtig: Medikamente gehören nicht in die Sonne oder ins Auto. Bei Temperaturen über 25 Grad können Wirkstoffe zerfallen.

Achtsam sein für sich und für andere

Ein zentrales Element des Hitzeschutzplans ist Solidarität. Wer selbst gut durch heiße Tage kommt, sollte auf seine Umgebung achten: Sind ältere Nachbar:innen gut versorgt? Haben obdachlose Menschen Zugang zu Trinkwasser? Braucht jemand Unterstützung beim Einkaufen oder beim Gang zur Apotheke?

Die Bahnhofsmission Freiburg hat deshalb die Aktion gestartet, dass Trinkwasserflaschen gespendet und direkt an Menschen in prekären Lebenslagen verteilt werden können. Auch freiwillige Helfer:innen sind willkommen. Gerade für Obdachlose kann ein heißer Tag ohne Zugang zu Trinkwasser lebensbedrohlich sein. Besonders wichtig ist, auch auf Angehörige und Nachbar:innen zu achten, vor allem, wenn diese hitzeempfindlich sind. Wer seine Unterstützung anbieten will, kann Einkäufe und Transportwege übernehmen oder einen täglichen Hausbesuch oder Anruf organisieren. In Freiburg gibt es zudem das Hitzetelefon des Haus-Notrufdienstes, das ältere Menschen bei der Hitzeversorgung unterstützt.

Wichtig ist es Warnzeichen ernstzunehmen. Trockene Haut, Kopfschmerzen, Schwindel, ungewöhnliche Müdigkeit oder dunkler Urin können auf eine beginnende Dehydrierung oder einen Hitzschlag hinweisen. In diesem Fall sofort einen kühlen Ort aufsuchen, Wasser trinken, Puls kontrollieren, kühlen. Bei schweren Symptomen wie Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit, Erbrechen oder Fieber über 39 Grad den Notruf 112 wählen. Mit Solidarität und Hilfsbereitschaft kommen nicht nur wir selbst gut durch den Sommer.

Was Städte tun können

Mit der zunehmenden Hitzebelastung rückt auch die Stadtplanung stärker in den Fokus. Freiburgs „Kühle Karte“ zeigt auf einen Blick, wo es kühl bleibt: schattige Parkanlagen, Trinkwasserbrunnen, Badestellen, Spielplätze mit Wasserzugang oder klimatisierte Innenräume. Die „blauen Tipps“ führen ans Wasser, die „grünen Tipps“ in kühlende Natur und unter „Kühle Innenräume“ finden sich Rückzugsorte wie Bibliotheken oder öffentliche Gebäude. Die digitale Karte ist unter anderem über die Website der Stadt Freiburg erreichbar: www.freiburg.de/pb/2186334.html

Freiburgs Kühle Karte

Recht auf Hitzefrei am Arbeitsplatz

Da auch der Arbeitsplatz zur Hitzezone wird, nehmen die Forderungen in der Politik zu. Bei über 30 Grad im Büro oder auf der Baustelle leidet die Konzentration, die Unfallgefahr steigt. Die Bundestagsfraktionen der Grünen und der Linken fordern daher ein gesetzlich verankertes „Recht auf Hitzefrei“ ab 26 Grad, sofern keine Schutzmaßnahmen wie Ventilatoren, Sonnenschutz oder gekürzte Arbeitszeiten umgesetzt werden. Bisher verpflichtet die Arbeitsstättenverordnung Unternehmen zwar ab 30 Grad zum Handeln, ein gesetzlicher Anspruch auf Hitzefrei besteht aber nicht. Besonders in Pflegeheimen, Kliniken oder sozialen Einrichtungen sollen laut Grünen-Fraktion bundesweit Fördermittel für Klimaanlagen und Hitzeschutz bereitgestellt werden. Kritiker:innen sprechen bei der Idee von „Realitätsferner Fürsorge“. Verbände und Arbeitgebervertreter:innen sehen eine drohende Welle neuer Bürokratie. Arbeitsrechtsexpert:innen warnen vor schwer zu definierenden Schwellenwerten und juristisch kaum praktikablen Regelungen.

Hitze ist keine lästige Begleiterscheinung des Sommers mehr, sie ist eine ernste Gefahr. Doch mit dem richtigen Verhalten und gesellschaftlichem Zusammenhalt kann der Sommer für alle erträglicher und sicherer werden. Denn Hitzeschutz ist kein Luxus, er ist Lebensschutz.

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Alisa Guschker

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