Eine faszinierende Doppelausstellung in der Kunsthalle Messmer zeigt die illusionistische Kunst Patrick Hughes‘ und Zhuang Hong Yis

Zhuang Hong Yi: „Afternoon“
Foto: Zhuang Hong Yi

Ein prächtiges Bildrelief hängt an der Wand. Zahlreiche Blumen, zusammengesteckt aus hunderten gefalteten Reispapieren, alle fein koloriert. Ein einnehmender Anblick und doch geht man irgendwann weiter. Ein paar Schritte und vielleicht noch ein letzter Blick zurück und – was? Eben noch in einem schillernden Türkis, hat sich das ganze Relief aus dem
anderen Blickwinkel plötzlich in dunkles Lila gefärbt. So plump es klingt: Man traut seinen Augen kaum. Der chinesische Künstler Zhuang Hong Yi ist ein Meister der farbprächtigen Illusionen. Immer wieder führt er sein Publikum an den Augen herum.
So frech das klingt, so sehr trifft das auch auf die Werke des Briten Patrick Hughes zu. Hughes bringt die Ebenen der Realität mit seinen multiperspektivischen Raumbildern gehörig durcheinander. „Rendezvous der Illusionen“ heißt die Ausstellung, die die beiden international renommierten Stars der OP-Art (optische Kunst) im beschaulichen Riegel am Kaiserstuhl erstmals zusammenbringt.
Jürgen A. Messmer, Kunstsammler und Museumsgründer, kennt die Künstler schon seit einiger Zeit. Die beiden Illusionisten einmal zusammenzubringen, einander persönlich vorzustellen, blieb sein lange gehegter Wunsch. Sichtbar begeistert äußert sich auch Zhuang Hong Yi. Noch nie hätte er an einem so wunderbaren Projekt mitgewirkt. Die Kunst des gut 20 Jahre älteren Patrick Hughes hätte ihn schon lange begleitet, schockiert wie fasziniert.
Faszinierend sind die gemalten Kompositionen des Briten in der Tat. Bibliotheken, Kunstwerke, Strände – sie bieten den räumlichen Hintergrund unwirklich präziser Collagen. Türen, Häuser, Landschaften wirken verdoppelt, verdreifacht, fallen ineinander und wölben sich je nach Blickwinkel dreidimensional weit über ihren Rahmen hinaus. Zu Zeiten der VR-Technologie glaubt man einen elektrischen Zauber dahinter, aber doch ist es nur das Auge, mit dem Hughes so kunstvoll spielt. Seine kinetische Kunst, so der Künstler, bewege sich ohne Motoren, die Bewegung ins Bild bringen die Betrachtenden. Zur Erläuterung nennt der auch als Kunsttheoretiker tätige Hughes das Phänomen der Relativität des Standpunkts. Man sitzt im Zug, glaubt, man selbst bewege sich, aber am Ende ist es der Nachbarzug, der fährt.
Sind die mittels der selbstentwickelten Technik der „Reverspective“ (dt. umgekehrte Perspektive) gestalteten Werke Patrick Hughes durch Philosophie, Kunst und Architektur als Elemente der Kultur geprägt, sieht Zhuang Hong Yi in seinem Werk vor allem Elemente der Natur und deren Farben. Oft ist Zhuang Hong Yi auf Reisen, sieht Blumenmeere aus dem Flugzeugfenster und gestaltet seine prachtvollen Blumenreliefs, die „Flowerbeds“, aus diesen schillernden Erinnerungsbildern. Nach chinesischer Tradition faltet er das Reispapier, gestaltet daraus ungegenständliche Flächen, die je nach Standpunkt plötzlich ihre Farbe wechseln.
Seinem Publikum möchte Zhuang Hong Yi den Genuss der Farbe nahebringen. Es bleibt kein Zweifel, dass ihm das gelingt. Ebenso, wie es Patrick Hughes gelingt, Raum zu einer Sache zu machen, die uns nicht mehr so sicher und gesetzt vorkommt wie zuvor. Und so stolpert man ein bisschen aus einer Ausstellung, die einem das Sehen neu beibringen oder eben verwirren kann.

„Rendezvous der Illusionen. Patrick Hughes & Zhuang Hong Yi“. Kunsthalle Messmer in Riegel. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10–17 Uhr, feiertags geöffnet. Bis 23.10.22. www.kunsthallemessmer.de/

Bildquellen

  • Zhuang Hong Yi: „Afternoon“: Foto: Zhuang Hong Yi
  • Patrick Hughes: „Under the Stairs“: Foto: Patrick Hughes, Reverspective Ltd