Stéphane Hessel

Neue Recherchen und Preis
für „advokatorischen Humanismus“

Von Stéphane Hessel hat man in letzter Zeit viel gehört, doch biographische Fragen blieben offen. Diese beantwortet nun eine hochkarätige Arbeit von Manfred Flügge, der die Familie Hessel über 30 Jahre begleitet und kennengelernt hat.
Bereits die Geschichte der Eltern ist ein außergewöhnliches Stück an persönlichem Eigensinn; das trifft auch auf den Sohn Stéphane zu. Schaut man sich dessen Kindheit, Jugend, politisches Engagement und Berufsleben an, kann man dem Autor von „Stéphane Hessel. Ein glücklicher Rebell“ nur zustimmen: Schreibt man über Stéphane Hessel, „hat man leicht das Gefühl, ein Märchen zu erzählen. Sein Leben klingt wie ausgedacht, seine Persönlichkeit wirkt wie ein Wunschbild. Ein Roman, ein Drehbuch mit diesem Inhalt würde nicht überall auf Glauben stoßen“ (S.147).

1917 in Berlin geboren, 1924 mit Mutter und Bruder nach Paris gezogen, 1940 Résistance, Überleben des KZ-Systems. Nach dem Zweiten Weltkrieg Mitarbeiter der UNO, dann für das französische Außenministerium weltweit unterwegs, vermittelte er in Konflikten und tritt für Entkolonialisierung ein. Vor zwei Jahren wurde er schließlich, mit den kleinen, millionenfach gelesenen Streitschriften „Empört Euch“ und „Engagiert Euch“, zum Gewährsmann einer internationalen Protestbewegung. In dem soeben publizierten Buch „Empörung – Meine Bilanz“ vertieft Hessel diese Themen. Der mittlerweile 94jährige, der in Paris lebt, ist nicht nur Politiker und Diplomat, sondern auch schöngeistiger Denker, dessen Ideen und Kämpfe von europäischen Werten geprägt sind.

Zu Beginn dieses Jahres wurde er – für sein Lebenswerk – an der HfG Karlsruhe mit dem „Myschkin-Preis“ ausgezeichnet. Dieser ehrt „kulturschöpferische und ethische Leistungen“, deren Urheber „sich durch vorbildhafte Beiträge zur Schaffung eines Klimas der Generosität hervorgetan haben“. Bei der erstmaligen Preis-Verleihung wurde der Aspekt des „advokatorischen Humanismus“ hervorgehoben, der besagt, dass sich die Geehrten für Zeitgenossen eingesetzt haben, die ihre eigenen Interessen nicht verteidigen können (z.B. Staaten- und Obdachlose).

Maren Sell, Gründungsmitglied des „Myschkin-Preises“, sagt im Vorwort zu „Empörung – Eine Bilanz“: „Stéphane Hessel schenkt uns mehr als nur ein neues Buch. Er öffnet uns die Augen, schärft unser Bewusstsein und weckt unser Gewissen (…).“ Das ermutigt.
Manfred Flügge. Stéphane Hessel.
Ein glücklicher Rebell. Aufbau-Verlag. Berlin 2012
Stéphane Hessel. Empörung – Meine Bilanz. Pattloch Verlag, Droemer-Knaur. München 2012.
Cornelia Frenkel

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