„StadtWaldMensch – 900 Jahre Wald für Freiburg“

Sein Gesicht verdankt Freiburg ganz wesentlich den bewaldeten Anhöhen und Bergen, die die Stadt von allen Seiten umgeben, sich zu Fuß rasch erreichen lassen und zum Durchatmen einladen. Dies ist ein unschätzbarer Wert, der sich während der Corona-Beschränkungen besonders bemerkbar gemacht hat, zahlreiche Menschen waren täglich im Stadtwald unterwegs. Wie gerufen befasst sich daher die Ausstellung „StadtWaldMensch – 900 Jahre Wald für Freiburg“ im Waldhaus, in Kooperation mit dem städtischen Forstamt entstanden, mit der Geschichte und Situation des Stadtwaldes, der 5200 Hektar umfasst. Dabei lässt sich erfahren, wer dafür sorgt, dass er seine Leistungen erbringen kann und worin die Schwierigkeit liegt, ihn zu erhalten.
Historisch gesehen war der Wald bekanntlich zunächst nicht als Erholungsgebiet von wesentlicher Bedeutung, sondern zur Grundversorgung der Bevölkerung relevant, als Energielieferant und Baumaterial, unerlässlich z.B. für den mittelalterlichen Silberbergbau, für die Errichtung des Münsters, die Herstellung von Wasserleitungen, Weinfässern, Eimern, Zubern und Kannen. Stets bedrohte den Wald deshalb auch Übernutzung. Die ältesten Wächter des städtischen Waldbesitzes hießen Bannwarte, 1368 erstmals urkundlich erwähnt; um 1400 führte die Stadt ein „Holz- und Waldamt“ ein, um ihre Gemarkungsflächen wirtschaftlich zu kontrollieren – die Waldnutzungsrechte verlagerten sich stetig vom einzelnen Bürger auf den Rat der Stadt. Erst im 19. Jahrhundert begann die Laufbahn des Waldes als Erholungs- und Freizeitort. Doch weiterhin ist er Holzlieferant und Arbeitsplatz, aber vor allem Wasserreservoir und Filter, er schützt das Klima, reinigt und kühlt die Luft, speichert CO2 und bietet Raum für Tiere und Pflanzen. Wälder sind Lebenselixiere, denen momentan Trockenheit zusetzt; um sie für klimatische Herausforderungen zu wappnen, muss eine aufwändige Auslesedurchforstung praktiziert werden.
Die Ausstellung im Waldhaus bietet einen Parcours durch Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Stadtwalds. Eingangs, noch im Außenbereich, befindet sich die Baumscheibe einer Eiche von 1815, deren Jahresringe mit Infoschildern zu wichtigen Ereignissen seit dieser Zeit versehen sind. Da steht etwa: “1816. Jahr ohne Sommer. Kältejahr aufgrund eines Vulkanausbruchs“ – was war das? Im Gebäudeinneren vermittelt zunächst ein großes Schaubild, dass der Wald vom tiefsten Punkt im Mooswald über den Sternwald bis zum Gipfel des Schauinslands über 1000 Meter Höhenunterschied aufweist und welche Vegetationszonen sich damit für die Baum- und Artenvielfalt ergeben. Die Zukunft und Rolle des Stadtwalds im Kontext des Klimawandels wird sodann in einem begehbaren Gewächshaus thematisiert. Hier lässt sich durch einen Film erfahren, wie der Wald als Kohlendioxyd-Speicher funktioniert; eine „Klimawaage“ regt zum Nachdenken darüber an, wie man sich im Alltag weniger umweltschädlich verhalten könnte.
Historische Aspekte erhellt die Kopie der ersten detaillierten Forst- und Gemarkungskarte von 1782, zudem Mobiliar aus der Amtsstube des 1837 gegründeten Forstamtes; Christian Neher war erster Bezirksförster, er begann mit der Anlage von Wegenetzen, um den Wald der Bevölkerung zugänglich zu machen. Des Weiteren illustrieren alte und moderne Arbeitsgeräte, vom Transportschlitten bis zur Zweimann-Motorsäge, verschiedene Aspekte der Waldarbeit. In der „Waldschatzkammer“ befinden sich schließlich drei Lauschkästen und acht Schatzschreine, deren Exponate sich dem Besucher erst zeigen, wenn er – ganz einfach – selbst Strom erzeugt. Darüber hinaus informieren Interviews mit Zeitzeugen über Entwicklungen der Forstwissenschaft; spielerische Elemente und interaktive Teilnahmemöglichkeiten ergänzen die Schau.
WaldHaus Freiburg Wonnhalde 6. Di – Fr 10 – 17, sonn- und feiertags 12 – 17 Uhr. www.waldhaus-freiburg.de. Bis 10.01.21. Es gelten die üblichen Hygieneauflagen.

Vom Waldhaus aus zur Waltraut vom Mühlwald im Stadtwald und Arboretum Freiburg
Manche Bäume können sehr alt werden, andere äußerst hoch, für den Zustand des globalen Wasserhaushalts sind sie von entscheidender Bedeutung. Ihr kurioses Wachstum treibt die verrücktesten unterirdischen Verwurzelungen, und wer hat nicht schon einmal ihre Stämme und Äste bestaunt, ihre Blätter und ausladenden Arme! Dass sie zum Teil Abertausende von Jahre alt werden können, hat die Architektin und Fotografin Zora del Buono in einem Buch dokumentiert (Das Leben der Mächtigen. Reisen zu alten Bäumen. Naturkunden. Matthes & Seitz); hier findet sich z.B. die Dicke Marie, eine Stiel-Eiche in Berlin (rund 900 Jahre) sowie die sagenumwobene Eibe Ankerwycke Yew in Großbritannien (2000 – 2500 Jahre) sowie, in einem schwedischen Hochmoor stehend, ein 9500 Jahre alter Baum, ganz klein und abgemagert, aber vielleicht der älteste der Welt.
Erst über hundert Jahre alt, jedoch ebenfalls ein erstaunliches Exemplar, ist die Douglasie Waltraut vom Mühlwald. Sie gilt als höchster Baum Deutschlands (65,61 Meter), wurde 1913 gepflanzt und steht im Freiburger Stadtwald und Arboretum. Vom Waldhaus an der Wonnhalde liegt sie 4,5 Kilometer entfernt, von der Straßenbahnhaltestelle „Kyburg“ gelangt man nach 2,5 Kilometern und 150 Höhenmetern zum Ziel (www.freiburg.de/forstamt). Staunen garantiert.

Bildquellen

  • Baumliege im Stadtwald: Promo