Fotografieren ausdrücklich erwünscht: Die Fondation Beyeler feiert mit einem Spezialgast ihr 25-jähriges Bestehen

Paul Klee: „Zeichen in Gelb“, 1937, Fondation Beyeler, Sammlung Beyeler
Foto: Robert Bayer, Basel

Keine Chance, dieses Paar wird nicht eigens für uns zusammenrücken, damit wir alle besser aufs Bild passen. Auch wenn die in die Jahre gekommene Beziehung durchaus ein bisschen Abwechslung vertragen könnte. Allenfalls der Partnerlook Karomuster – er Holzfällerhemd, sie schwarz-weißes Kittelkleid – deuten auf Verbundenheit hin. Stoisch lassen sie es über sich ergehen, dass Menschen in die Hocke gehen, um auf Augenhöhe mit ihnen zu sein, die Begleitung drückt derweil auf den Auslöser der Handykamera. Bis es der Aufsicht irgendwann zu viel wird. Die Fondation Beyeler hat sich zum 25-jährigen Bestehen einen besonderen Gast ins Haus geholt. Und man muss nur an einem ganz gewöhnlichen Museumstag vorbeischauen, um den Eindruck zu gewinnen, dass die Arbeiten von Duane Hanson (1925-1996) die eigentliche Hauptrolle übernehmen und die Sammlung im wörtlichen Sinne an die Wand spielen.
Bereits das Foyer lädt zur Rezeption ein, das Gesehene für wahr zu nehmen. Links scheint ein Maler noch damit beschäftigt zu sein, die Wand für die kommende Ausstellung grau zu streichen, rechts steht auf geradezu ausgesucht unprätentiöse Weise ein Picasso in einer Transportbox. Das Gesamtbild, das so entsteht, entspricht unseren Vorstellungen vom Aufbau einer Ausstellung. Und doch ist es Inszenierung. Hundert Werke von 31 Künstlerinnen und Künstlern sind in dieser Jubiläumsschau zu sehen. Darunter befinden sich auch jüngere Ankäufe wie die Installation „Anni # 19“ aus dem Jahr 2018 von Leonor Antunes (*1972), die zusammen mit Zeichnungen von Louise Bourgeois (1911-2010) gezeigt wird. Diese Konstellation sensibilisiert für das kristalline Muster, das Antunes‘ Metallstäbchen bilden. In 13 der 17 Räume befinden sich Skulpturen von Hanson. Manchmal scheinen sie an die Situation angepasst, dass man die etwas dickliche Frau mit dem Kind im Buggy erst spät als Kunstwerk erkennt, dann wieder bilden sich fast schon ironische Konstellationen. So sitzen im gleichen Raum Hansons „Children Playing Game“ von 1979 und Pawel Althamers „MAMA, IV“ von 2016 auf Teppichen. Die bunt glasierte Keramikskulptur, die zu meditieren scheint, ist Selbstporträt Althamers und Dschinn zugleich, ihr Kopf ist offen und wie auch der Rücken mit kleinen Figuren bevölkert, ähnlich der Malanggan-Skulpturen, die Ernst Beyeler gesammelt hat. Doch meist verlangen sie die ganze Aufmerksamkeit.
Das Paradoxe ist, dass Duane Hansons Skulpturen nicht eigentlich gut gealtert sind. Man sieht ihnen die eigene Zeitverhaftetheit an, die Zeitschriften, die in der Tasche der Frau am Dinertisch stecken, dürfte es schon lange nicht mehr geben und kaum jemand kleidet sich noch so. Vor allem ihre Oberfläche, die Haut, hat Patina angesetzt. Und der vermeintliche Realismus geht auch nicht so weit, dass man sich mit den Personen gemein macht: das Selbstbild vieler dürfte schlanker und gesünder sein, weniger niedergedrückt von den Verhältnissen. Douglas Coupland hat 2015 die Zeitgemäßheit Hansons damit begründet, dass er wie eine Drag Queen über das eigentlich Realistische hinausgeht. Zu Instagram passt das gut. Doch schließlich folgt auch das Porträt „Madame Cézanne auf dem gelben Stuhl“ von Paul Cézanne, das Ernst und Hildy Beyeler im Hinblick auf die Museumseröffnung vor 25 Jahren ankauften, keinem naiven Realismus. Doch es ist eben ein anderes Verständnis von Realismus, das sich Ende des 19. Jahrhunderts durchsetzt.
Der „Special Guest“ Hanson ist ein bisschen zu laut für die Sammlung, die ja Attraktion genug ist. So ist etwa eine neuere Arbeit von Rachel Whiteread (*1963) in Riehen zu sehen. „Poltergeist“ von 2020 gehört nicht zu ihren Abgüssen; die Hütte, die aussieht als sei ein Hurrikan über sie hinweggefegt, wurde aus mehreren einzelnen Elementen zusammengefügt, die am Anschluss weiß bemalt wurden. Und auch Henri Matisse großformatige lebensfrohe Collage „Acanthes“ ist zu sehen. Und manchmal kann allzuviel Realismus anscheinend verstören. Hansons Arbeit „Policeman and Rioter“ von 1967 kommt nicht ohne pädagogische Einbettung aus. Auf Zetteln kann man vermerken, was die (weiße) Polizeigewalt gegen den jungen Schwarzen, der bereits am Boden liegt, in einem auslöst. Diese Arbeit ist immer noch unsere Gegenwart.

Fondation Beyeler 25 Jahre. Jubiläumsausstellung. Special Guest Duane Hanson. Fondation Beyeler, Basel-Riehen. Mo-So 10-18 Uhr, Mittwoch 10-20 Uhr. Bis 8.01.2023.

Bildquellen

  • Duane Hanson: „Self-Portrait with Model“, 1979, Polyvinylchlorid, farbig bemalt mit Öl: © The Estate of Duane Hanson. Courtesy the Estate of Duane Hanson and Gagosian/2022, ProLitteris, Zurich