Im Gespräch: Silvia Cassel, Leiterin des Circus Harlekin in Freiburg

Silvia Cassel Foto: Jugendbildungswerk

Im Juli ist der Cirkus Harlekin wieder auf dem Münsterplatz zu sehen. Das Projekt im Rahmen des Jugendbildungswerks richtet sich an Kinder und Jugendliche. Neben dem Erlernen der Zirkuskunst steht auch Teambuildung auf dem Programm. Fabian Lutz hat mit der Leiterin des Circus Harlekin, Silvia Cassel, über Geschichte und Profil des Erfolgsprojekts gesprochen.

Kultur Joker: Der Circus Harlekin gilt als echte Freiburger Institution. Wie hat das Ganze angefangen?

Silvia Cassel: 1989 haben wir den Circus Harlekin als Projekt für Kinder und Jugendliche von 8-18 Jahren gestartet. Mit unserer Idee, ein Zirkusprogramm zu entwickeln und öffentlich aufzuführen, sind wir beim Jugendbildungswerk gelandet. Das Ganze wurde schnell größer. Früher haben wir einmal die Woche geprobt, mittlerweile übt das ganze Ensemble mehrmals die Woche und zusätzlich an einem Wochenende im Monat. Aktuell machen 35 Artist*innen bei uns mit. Auch haben wir große Aufführungen, etwa die im Juli auf dem Münsterplatz, im Herbst im Haus der Jugend oder als Benefizveranstaltung im März 2023 im Theater Freiburg.

Kultur Joker: Angeregt wurde der Circus Harlekin vom französischen Cirque Noveau. Wo sehen Sie die Einflüsse?

Silvia Cassel: Recht früh hatte der Circus Harlekin Kontakt zu einem Zirkus in Besançon – dem Cirque Plume. Zirkus hat in
Frankreich einen anderen Stand als in Deutschland. Der professionelle Zirkus wird dort staatlich unterstützt. Auch gibt es sehr viele Zirkusschulen und Zirkusinitiativen. Im Zirkus werden in Frankreich oft richtige kleine Geschichten erzählt. Das ist mehr als eine Nummernrevue mit einem Direktor dazwischen. Es geht weniger um Höchstleistungen als um Kreativität.

Kultur Joker: Dieser wenig leistungsorientierte Zugang passt sicher gut zu einem Programm wie dem des Circus Harlekin, der sich auch an Kinder richtet.

Silvia Cassel: Auf jeden Fall. Im Kinder- und Jugendzirkus muss man immer Grenzen setzen. Wobei wir auch immer schauen, wo die Kinder und Jugendlichen stehen. Einige möchten auch gefordert werden und mit ihren Techniken weiterkommen.

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Artistik auf dem Münsterplatz
Foto: Marc Doradzillo

ultur Joker: Haben die Kinder und Jugendlichen schon Zirkuserfahrung, wenn sie zu Ihnen kommen?

Silvia Cassel: Die meisten sind Amateur*innen. Meist ist es einfach Freude an der Bewegung, die die Kinder und Jugendlichen mitbringen. Wir legen Wert darauf, dass alle mitmachen können, die Lust auf Zirkus haben.

Kultur Joker: Inwiefern ist der Circus Harlekin ein pädagogisches Angebot?

Silvia Cassel: Wir legen sehr viel Wert auf Gemeinschaft, Rücksichtnahme und Verantwortung. Auch regen wir die Kinder und Jugendlichen dazu an, eigene Ideen einzubringen. Durch die Vielstimmigkeit in der Gruppe entsteht von selbst oft sehr viel. Wir versuchen auch, die Älteren in der Gruppe zu motivieren, die Jüngeren zu unterstützen und mitzunehmen. Das ist gerade bei Pubertierenden nicht immer ganz einfach. (lacht)

Kultur Joker: Der Circus Harlekin wird von der Circus Harlekin Band begleitet. Wie kamen Sie zur eigenen Haus- und Hofband?

Silvia Cassel: Die Band geht auf unsere Kooperationen mit dem Schülerjazzorchester zurück. Die Mitglieder*innen unserer aktuellen Band sind auch nicht mehr so ganz jugendlich. (lacht) Die musizieren schon länger für uns und sind wirklich gut eingespielt.

Kultur Joker: Die Vorstellungen, gerade auf dem Münsterplatz, ziehen ein großes Publikum an. Auch im digitalen Zeitalter ist Zirkus also nicht tot.

Silvia Cassel: Viele kennen uns längst und sind jedes Jahr auf das neue Programm gespannt. Ich glaube, die Vielfalt, die wir zeigen, macht es aus. Jede Show ist anders. Die Techniken können sich ähneln, aber die Ideen und Geschichten dahinter sind immer andere.

Kultur Joker: Ohne die Überraschung nehmen zu wollen, aber wollen Sie uns ganz exklusiv verraten, was die Besuchenden dieses Jahr auf dem Münsterplatz erwartet?

Silvia Cassel: Wir hatten aufgrund der Pandemie drei Jahre Pause, deshalb wird es dieses Jahr sehr anders. Weil wir während der Pandemie nicht trainieren konnten, sind viele der Älteren gegangen. Insgesamt haben wir deshalb ein eher junges Ensemble. Damit gerade die Jüngeren gut in das Programm reinkommen, wird es etwas traditioneller werden. Früher waren die Auftritte teils auch kompliziert. Ganz klassisch wird es aber nicht, wir machen das immer auch mit einem zwinkernden Auge.

Kultur Joker: Auf was für Darbietungen darf man sich freuen?

Silvia Cassel: Da gibt es sehr viel. Wir zeigen zum Beispiel Jonglage mit Keulen, Bällen, Diabolos, den Chinesischen Mast, auf dem akrobatische Übungen gezeigt werden. Einrad und Kunsträder sind dabei, auch Seillauf. Comedy und Clownerie gehören dazu, ebenso poetische Nummern. Jede Darbietung erzählt eine kleine Geschichte. Unsere Show wird unterhaltsam, überraschend und humorvoll sein.

„Vorhang auf, Manege frei! Der Circus Harlekin ist wieder dabei!“ Aufführungen auf dem Münsterplatz: 7./8. Juli, jew. 20 Uhr; 9. Juli, 16./20 Uhr; 10. Juli, 17 Uhr; 13. Juli, 20 Uhr.
Weitere Infos: www.jbw.de

Bildquellen

  • Silvia Cassel: Foto: Jugendbildungswerk
  • Artistik auf dem Münsterplatz: Foto: Marc Doradzillo
  • Artistik auf dem Münsterplatz: Foto: Marc Doradzillo