Im Gespräch: Nina Gwyn Weiland, Sebastian Weiland von Black Forest Studios in Kirchzarten

Seit 1. Mai 2020 gilt der Mietvertrag zwischen der Gemeinde Kirchzarten und den beiden Gesellschaftern der Black Forest Studios Nina Gwyn Weiland (NGW) und Sebastian Weiland (SW) und ist zunächst auf zehn Jahre befristet inklusive Verlängerungsoption. Die erfahrenen internationalen Filmproduzenten bauen derzeit mit erheblichen Investitionen das ehemalige Kurhaus massiv um und schaffen alle Voraussetzungen, um dort künftig komplette Film- und Fernsehproduktionen realisieren zu können, von Spielfilm oder Serie bis zu Hochglanz-Commercials. Erich Krieger sprach mit dem Filmproduzentenpaar mit Hollywood-Erfahrung über ihre Pläne.

Kultur Joker: Familie Weiland, was und wer sind die Black Forest Studios?

Sebastian Weiland: Wir beide sind in Kirchzarten geboren und kennen uns seit der Grundschule. Wir haben beide in Hollywood studiert, Nina Drehbuch und Regie, ich Kamera und Filmtechnik. Nach dem Studium sind wir nach Deutschland zurückgekehrt und haben unsere erste Firma gegründet und im Bereich Image- und Werbefilm begonnen. Von da ab sind wir nun seit 25 Jahren in der Filmbranche tätig. Dies ging damals schnell über die Grenzen Freiburgs hinaus, deutschlandweit und auch international. 2010 konzentrierten wir uns mit unserer Firma Kosmo Films auf Automobilwerbung, hatten international Erfolg und haben viel in Los Angeles, Südafrika, Russland, Abu Dhabi, Spanien, Portugal ja fast auf der ganzen Welt produziert. Wenn wir zurückkamen, dachten wir oft: So manches hätte man auch im Schwarzwald drehen können. Das Problem: Hier fehlte komplett die dafür nötige Infrastruktur. Spezial-Equipment, geschulte Filmcrews, Darsteller, Studios und Postproduktionsstätten.

Nina Gwyn Weiland: Wir haben trotzdem immer wieder internationale Produktionen hierher geholt und festgestellt, dass die Kunden völlig hingerissen waren von der Gegend und den unverbrauchten Drehorten. Der Schwarzwald, Elsass und die Schweiz vor der Tür, alles noch nicht abgedreht und voller Chancen, gerade hier Kunden zu gewinnen. Außerdem wollten wir aus familiären Gründen – wir haben sieben Kinder – nicht immer nur auf Achse sein und Beruf und Familie besser verbinden. Also reifte Anfang 2017 der Entschluss, das Ganze hier im Schwarzwald zu professionalisieren. Kernidee: Den Schwarzwald und Umgebung für das Film-Business erschließen.

Kultur Joker: Wie kann man sich das vorstellen?

Sebastian Weiland: Wir haben natürlich nach wie vor gute Kontakte zu einem ganzen Netzwerk von Filmschaffenden in Los Angeles und konnten darauf zurückgreifen. So berieten uns Studiobauer, die weltweit tätig sind und wir verfeinerten nach und nach unsere Pläne bis ins Detail. Von den Produzenten wissen wir, dass der ungeheure Bedarf an Film-Content ungebrochen wächst und damit auch die Bereitschaft internationaler Produktionsgesellschaften, auch außerhalb von Los Angeles zu produzieren, vor allem durch das Explodieren der Streaming-Dienste mit ihren Serien. Nicht zuletzt in Europa.

Nina Gwyn Weiland: Dabei hilft die EU-Verordnung von 2019, dass mindestens 30 Prozent der aus Europa gestreamten Inhalte auch in Europa produziert werden müssen. Das spielt uns natürlich in die Hände. Beste Voraussetzungen also, die Konzeption stand, es fehlte nur noch die passende Location. Die Suche danach war nicht einfach.

Sebastian Weiland: Es wäre leicht gewesen, einen Standort in irgendeinem Industriegebiet zu finden, da hatten wir auch schon Angebote zum Beispiel in Hallen auf der Haid in Freiburg-Hochdorf. Darum geht es uns aber nicht. Wir wollen nicht nur einen gut ausgerüsteten Studio­raum mit dem Charme einer Blechbüchse bieten. Wir kommen beide aus dem kreativen Bereich und wissen, wie wichtig das direkte Umfeld für einen Filmemacher ist, um während der stressigen Produktion immer wieder Kreativität schöpfen zu können. Um diesen geht es uns. Der braucht Austausch, Kommunikation und nicht nur gute technische Voraussetzungen.

Nina Gwyn Weiland: Wir wollen deshalb ein Gesamtpaket anbieten. Man muss bedenken, dass sich Spielfilmproduktionen oft über mehrere Wochen oder Monate hinziehen können. Eine Filmcrew kann zu uns kommen und findet hier quasi ein Zuhause. Sie kann hier ihre Büros beziehen und einrichten, hat Top-eingerichtete Studios, soll aber über das eigentliche Business hinaus auch den ganzen Schwarzwald mit all seinen Vorzügen erleben können. Dazu gehören schöne Hotels, gute Gastronomie, Freizeitangebote. Bei all dem sind wir behilflich und so können die Batterien der Kreativen immer wieder aufgeladen werden.

Sebastian Weiland: Kurz: Wir bieten alles auf Augenhöhe der Ansprüche von internationalen Produktionsgesellschaften. So können Netflix, Amazon oder Disney-TV ohne weiteres hierher kommen und fühlen sich sofort wie zu Hause. Wir beide kennen die Abläufe sehr genau und richten alles so ein, dass es für die Filmemacher nur heißt: Plug and play. Das gleiche gilt natürlich auch für die deutschen Fernsehanstalten und Filmproduktionen.

Kultur Joker: Und all dies passt ins ehemalige Kurhaus in Kirchzarten?

Sebastian Weiland: Im Gespräch waren ja auch der Bartleshof in Kirchzarten und die alte Stadthalle in Freiburg. Der wunderschöne Hof wäre unter dem Aspekt der Kreativförderung ideal gewesen, hätte aber sehr umfangreiche Umbauarbeiten und Investitionen erfordert, um dort Studios einzurichten. In die Stadthalle wären wir auch gerne eingezogen, sie war aber nicht als Ganzes zu haben und eine langfristige Nutzung war nicht gesichert. Dann wollte es der Zufall, dass die ursprünglichen Hotelpläne am Kurhaus in Kirchzarten nicht zustande kam. Wir besichtigten das nun frei gewordene Objekt und – oh Wunder – alles passte.

Nina Gwyn Weiland: Wir sahen sofort: Hier Maske, da Garderobe, hier Studio 1, dort Studio 2, Coffee-Shop, unten Catering, ganz unten Lager mit Anlieferung, ein separates Nebengebäude für Büros und Schnitt-Suiten und Tonstudio, und (lacht) nicht zu vergessen: die Kegelbahn. Die wollen wir in einem Schwarzwald-Look umbauen.

Kultur Joker: Apropos Umbau. In welcher Größenordnung wollen Sie investieren?

Sebastian Weiland: Die Bauarbeiten sind ja schon voll im Gange, vieles entwickelt sich aber noch. Deshalb können wir noch keine genaue Endsumme nennen. Sicher ist aber, dass sie sich im einem unteren siebenstelligen Bereich bewegen wird.

Kultur Joker: Bieten Sie ihre Facilities ausschließlich zur Miete an oder betätigen Sie sich auch selbst als Produzenten?

Nina Gwyn Weiland: Natürlich. Es wird ein Mix: Das eine ist die Komplettvermietung an externe Produktionsgesellschaften, aber auch an die Gemeinde oder andere Interessenten für Veranstaltungen. Das zweite sind Co-Produktionen, an denen wir vor Ort mitproduzieren bei internationalen Filmprojekten und das dritte sind natürlich Eigenproduktionen, die wir hier an den Start bringen wollen. Was langfristig so einen Studiobetrieb füllt, sind Serien, die vor Ort angelegt sind. Da haben wir schon Stoffe entwickelt, einiges geschrieben und sind in Gesprächen mit internationalen Produzenten als Co-Partner, damit wir die in Freiburg und Umgebung verwirklichen können.

Sebastian Weiland: Letzteres ist für uns auch ein wichtiger USP (Alleinstellungsmerkmal), den wir verkaufen können und wollen. Diese herrliche Stadt mit ihrer filmischen Unverbrauchtheit, in der es alles gibt. Tolle Architektur, alte Gebäude, wo man mittelalterliche Szenen drehen kann, in der Konviktstraße zum Beispiel. Ebenso High-Tech Ambiente wie die UB oder das neue Rathaus für moderne Stoffe. Hier liegt noch viel unbekanntes und damit gefragtes Potenzial, das man auch international verwerten kann und dies trägt letztlich auch dazu bei, das Image der Stadt und der Gegend zu steigern.

Nina Gwyn Weiland: Ein weiteres Anliegen von uns ist, Filmschaffenden aus der Region die Möglichkeit zu bieten, hier ihr Talent anzuwenden und sie nicht nach Berlin, Köln, Hamburg oder München ziehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir brauchen auch dieses Young Talent vor Ort und diese Studioplattform ist die Voraussetzung dafür. Das muss aber wachsen, das geht nicht von heute auf morgen. Dies ist hier in dieser Dimension völliges Neuland, aber irgend jemand muss mal damit anfangen und das sind in diesem Fall wir. Wir sind nichts anderes als ein Start up. Wir etablieren eine neue Branche, einen völlig neuen Industriezweig in der Region.

Sebastian Weiland: Wir sind auch deswegen sehr zuversichtlich, weil wir von allen Seiten, seien es staatliche Stellen oder Wirtschaftsförderung, denen wir unser Konzept vorgestellt haben, großen Zuspruch erhielten.

Kultur Joker: Mit welcher Mitarbeiter*innenzahl rechnen Sie?

Sebastian Weiland: Für den Anfang planen wir mit sieben festen Mitarbeiter*innen. Das wird sich aber schnell steigern bis auf circa 20. Hinzu kommen die Beschäftigten in einem Tonstudio, das als Untermieter hier einziehen wird. Nicht berücksichtigt sind hier natürlich die freien Mitarbeiter*innen, die temporär benötigt werden, wenn hier die Produktionen losgehen.

Kultur Joker: Wie sieht Ihr Zeitplan aus?

Nina Gwyn Weiland: Im Moment rechnen wir damit, im September 2020 eröffnen zu können.

Kultur Joker: Entsteht hier also im tiefsten Süden ein neues Filmzentrum?

Nina Gwyn Weiland: Wir hoffen es. Grundsätzlich können wir hier alles realisieren: Vom Studentenfilm, Werbespot, Doku, Serie, TV-Drama bis zur Live-Kochsendung. Kurz Full-Service für jeden, dessen Herz für den Film schlägt.

Kultur Joker: Dafür wünschen wir ein kräftiges Toi,toi,toi!

Bildquellen

  • IMG_0452: Erich Krieger