„Humanimal. Das Tier und wir“ – eine Ausstellung im Schloss Karlsruhe

Mensch und Tier verbindet eine lange, facettenreiche Geschichte. Eigentlich höchste Zeit, sie in einer Ausstellung einmal von vielen unterschiedlichen Seiten zu beleuchten, dachten sich die wissenschaftlichen Volontär*innen des Badischen Landesmuseums Karlsruhe. Auf 120 Quadratmetern haben die insgesamt 13 Volontärinnen und Volontäre innerhalb von zwei Jahren eine witzige und zugleich sehr erhellende Schau zusammengestellt. „Humanimal. Das Tier und wir“ lädt bis zum 14. Februar 2021 dazu ein, sich Gedanken über unseren Umgang mit unseren Mitgeschöpfen zu machen.
Symbol und Sympathieträger der Ausstellung ist eine goldene Winkekatze. Wir kennen sie aus asiatischen Restaurants, wo sie neben der Kasse thront und für gute Umsätze sorgen soll. Im Karlsruher Schloss erfährt man den kulturellen Hintergrund der aus Japan stammenden Winkekatze. Für sie gibt es eine eigene Gottheit, die Göttin der Gnade Kannon, einen eigenen Tempel und eine eigene Katzenrasse, die Japanese Bobtail. Aber stellt die Zucht einer Katzenrasse mit Stummelschwanz nicht bereits eine Qualzucht dar? Auf das Thema Qualzucht verweisen auch die historischen Porzellan-Möpse. Und schon hat die Ausstellung ihr Ziel erreicht, Besucher*innen zum Nachdenken zu bringen.
In „Humanimal“ geht es nicht darum, besonders wertvolle Preziosen zu zeigen. Die Schau vermittelt eine ganze Reihe von Denkanstößen, angeregt durch Objekte, die sonst niemals den Weg in eine Museumsvitrine gefunden hätten. Zwei Pudelmützen zum Beispiel, beide mit einem Fellbommel. Der eine ist aus echtem Pelz, der andere künstlich. Wie man das eine vom anderen unterscheidet, erklärt die dazu gehörende Hands on-Station. Soll heißen: hier wird das Anfassen und Befühlen ausdrücklich gewünscht.
Das gilt natürlich nicht für alle Exponate. Da reicht die Bandbreite von modernen technischen „Haustieren“ wie den fünf fluffigen Furbys aus Privatbesitz bis zu antiken ägyptischen Spitzmaussärgen. Die alten Ägypter haben tatsächlich Spitzmäuse mumifiziert, vielleicht als Opfergaben für den falkenköpfigen Gott Horus. Tiere wurden in der Antike generell oft geopfert. Arme, die sich das nicht leisten konnten, griffen auf getöpferte Ferkel zurück, von denen zwei zu sehen sind.
Tiere nehmen ganz unterschiedliche Rollen ein. Manche werden von uns als Nutztiere betrachtet und gehalten, dafür steht in der Ausstellung ein Ochsenjoch. Andere waren und sind Statussymbole wie das Pferd. Eine absolute Rarität stellt der antike Pferdebrustpanzer dar, der in einem süditalienischen Grab gefunden wurde. In der Mitte wurde aus dem Metall das Gesicht der Medusa herausgearbeitet, das Unglück vom Pferd abwenden sollte. Viele Jahrhunderte später, nämlich im 19. Jahrhundert, hat ein Pferdebesitzer sein Tier auf einer Votivtafel porträtieren lassen und damit den heiligen Leonhard um Beistand für das Pferd gebeten.
Die einen Tiere werden geschützt, die anderen bejagt. Die einen Tiere werden geliebt, die anderen gegessen. Die Ambivalenz im Verhältnis zwischen Mensch und Tier kommt am besten in dem Hamburger des Künstlers Jürgen Zimmermann zum Ausdruck. Zwischen den übergroßen Brötchenscheiben steckt ein weißes Reh. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet: würden wir Bambi essen?
Im Lauf der Geschichte hat sich manches gewandelt. Vieles geht auf den seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Westeuropa entstandenen Tierschutz zurück, was sich in historischen Tierschutzfibeln nachlesen lässt. Auf kleinem Raum gelang den Volontär*innen eine anregende Ausstellung zu einem Thema, das die Menschheit von der Steinzeit bis Heute bewegt: Das Tier und wir.

„Humanimal. Das Tier und wir“, Badisches Landesmuseum Karlsruhe. Bis 14. Februar 2021.

Bildquellen

  • Verschiedene Furbys von Tiger Electronics, China (1998–2000): Badisches Landesmuseum, Peter Gaul