Heute schon ein Kompliment verteilt? Wie Lob unser soziales Miteinander und unsere Leistung stärkt

Komplimente anzunehmen oder selbst zu verteilen, fällt vielen Menschen schwer. Als Teil einer Leistungsgesellschaft, in der die Arbeit jedes Einzelnen zunächst als selbstverständliches Rädchen im großen Mechanismus unserer Gesellschaft verstanden wird, gehören Komplimente und Lob nicht zum alltäglichen Umgangston. „Nicht geschimpft ist genug gelobt“, heißt ein deutsches Sprichwort, das unseren Umgang mit lobenden und bewundernden Worten wohl auf den Punkt bringt.

Die Psychologie beschäftigt sich in ihrer Forschung bereits seit vielen Jahrzehnten mit den Auswirkungen von Komplimenten auf die Psyche und das Wohlbefinden der Menschen. Die sogenannte Positive Psychologie geht zurück bis in die 1940er Jahre, wo der US-Wissenschaftler Abraham Maslow feststellte, dass der Mensch unterschiedliche Formen von Grundbedürfnissen besitzt. Dazu zählt Maslow das Selbstwertgefühl, zu dem Komplimente maßgeblich beitragen. Demnach steigert sich durch Komplimente und/oder anerkennende Worte auch die Selbstsicherheit einer Person – wir gewinnen Vertrauen in uns selbst und können auch anderen Menschen positiv entgegentreten. Heute weiß die Forschung mehr, unter anderem auch, welche Reaktionen Komplimente in unserem Gehirn auslösen. Das Ergebnis ist eindeutig: Komplimente steigern unser Glücksgefühl. Genau genommen bringen lobende Worte unser Gehirn in Bewegung. Dieses sorgt dann wiederum dafür, dass Glückshormone ausgeschüttet werden. Darunter zum Beispiel auch das Hormon Oxytocin, das die Verbundenheit zweier Menschen verstärkt und sich so auch positiv auf unser soziales Miteinander auswirken kann. Auch Glückshormone wie Dopamin oder Serotonin können freigesetzt werden.

Ein gesteigertes Selbstwertgefühl wirkt sich übrigens auch auf die Leistungsfähigkeit einer Person aus. Eine Studie aus Japan ( Link, 2012) fand heraus, dass sich bei den Proband:innen eine Verbesserung der motorischen Fähigkeiten abzeichnete. Das Experiment erscheint zunächst simpel: Die Teilnehmer:innen zweier Gruppen mussten mit ihren Fingern Aufgaben auf einer Tastatur lösen. Danach wurde die eine Gruppe gelobt, die andere hingegen nicht. Die Aufgaben wurden wiederholt und siehe da: Die Proband:innen der Gruppe, die für ihre Arbeit gelobt wurde, zeigten im Vergleich eine deutlich höhere Kompetenz in der zweiten Runde. Das Selbstwertgefühl und damit auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten wurde durch das kurze Lob gesteigert.

Auch Prof. Dr. Nick Zubanov von der Universität Konstanz und Nicky Hoogveld vom niederländischen „Ministry of Economic Affairs“ stellten in einem Experiment die leistungsfördernde Wirkung von Lob bei Student:innen fest. So wurden in einigen Gruppen 30 Prozent der Student:innen für ihre guten Leistungen öffentlich gelobt – unerwartet und vor den Mitstudierenden. In anderen Gruppen wurde überhaupt nicht gelobt. Das Ergebnis: Die Student:innen, in deren Gruppen offen lobende Worte kommuniziert wurden, strengten sich in der kommenden Klausur mehr an, sodass die Leistungen deutlich anstiegen. Die Leistungen der Student:innen, in deren Gruppe nicht gelobt wurde, änderten sich hingegen nicht. Die Wissenschaftler:innen stellten also fest: Ein einfaches „Gut gemacht“ bewirkt nicht nur, dass sich die einzelnen Studierenden selbstbewusster fühlen, sondern fördert auch die Leistung und das Engagement anderer Personen.

Was bedeutet das jetzt für den Alltag? Selbstverständlich sollten Komplimente und lobende Worte nicht aus der Luft gegriffen sein. Es darf auch darüber diskutiert werden, inwiefern Oberflächlichkeiten durch Komplimente reproduziert werden. Eins steht jedoch fest: Wer für die Arbeit, das Auftreten oder auch ein Hobby Lob und Anerkennung erntet, geht mit mehr Vertrauen in sich selbst und vielleicht auch in andere durchs Leben und wird sich bei nächster Gelegenheit deutlich mehr anstrengen. In diesem Sinne: Machen Sie Ihrem Gegenüber doch mal ein Kompliment!

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  • Mehr Komplimente für das Wohlbefinden: Foto: cottonbro studio via pexels