Große Retrospektive des Malers Pierre Soulages im Museum Frieder Burda in Baden-Baden

Schwarz hat als Farbe keinen guten Ruf. Völlig zu Unrecht, denn wenn man die Werke des Malers Pierre Soulages sieht erkennt man, wie viele Nuancen und wie viel Kraft in dieser Farbe stecken können. Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden widmet Soulages bis zum 28. Februar 2021 eine große Retrospektive, die von den frühen Arbeiten bis zum Spätwerk, von 1946 bis 2019 reicht. So lässt sich eindrücklich die künstlerische Entwicklung über die Jahrzehnte verfolgen. Es passt, dass das Museum in der Nähe zur französischen Grenze liegt. Soulages war sozusagen von Beginn an ein grenzüberschreitender Künstler, auch geografisch gesehen. Seine frühen Arbeiten waren in der Wanderausstellung „Französische abstrakte Malerei“ 1948/49 in Deutschland zu sehen.

SOULAGES. Malerei 1946 – 2019, Museum Frieder Burda, Baden-Baden © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 Foto: ARTIS Uli Deck

Pierre Soulages malte immer konsequent abstrakt. Seine frühen Bilder aus den Nachkriegsjahren zeigen schon die charakteristische kraftvolle Pinselführung und die von Anfang an reduzierte Farbigkeit. Was Soulages damals malte, erinnert von ferne an kalligraphische Zeichen. Interessant ist die Wahl des Materials. Soulages verwendete oft Nussbeize und statt Leinwand Papier oder große Glasscherben von Fenstern, die im Krieg zerstört wurden. Die rätselhaften Hieroglyphen aus vertikalen, horizontalen und diagonalen Linien aus dieser Zeit wirken, als würden sie Schatten werfen.
Ab den 1950er Jahren staffelt Soulage die Farbschichten. Die Formate werden größer, die Linien in Schwarz dicker, was manchmal schon fast einen 3 D-Effekt erreicht. Noch darf hinter diesen Linien eine andere Farbe hervor blitzen, in düsterem Braun, dunklem Rot oder gedecktem Blau. Andere Gemälde sind stringent in Schwarz-Weiß gehalten. Doch 1979 entdeckt Pierre Soulages was er alles aus der Farbe Schwarz allein zaubern kann. Er bezeichnet das als „Outrenoir“. Wörtlich übersetzt hieße das jenseits oder hinter dem Schwarz. Der Begriff „Überschwarz“ trifft es besser.
Nun darf man sich das nicht wie eine Neuauflage des schwarzen Quadrats von Kasimir Malewitsch vorstellen. Die Wirkung von Soulages‘ Outrenoir ist spektakulär und entfaltet sich im lichtdurchfluteten großen Saal des Museums Frieder Burda optimal. Auf den raumfüllenden Formaten hat der Künstler seit den 1990er Jahren das Schwarz in unterschiedlichsten Strukturen aufgetragen, fast schon reliefartig, in diagonalen Schraffuren, abgesetzt von ruhigen Flächen. Durch das Spiel des Lichteinfalls verändert sich der Eindruck, das Schwarz fängt an zu leben. Manche Linien verwandeln sich in Wellen, oder in tief wirkende Gräben. Je nach Lichteinfall erscheint manche schwarze Fläche in einem dunklen Grün, silberne Reflexe tanzen auf den Schraffuren. Soulages‘ Outrenoir ist faszinierend.

Museum Frieder Burda, Lichtentaler Allee 8b, Baden-Baden, Di-So 10-18 Uhr, Eintritt 14€, erm. 11€. Empfehlung: vorab ein Zeitfenster-Onlineticket erwerben. www.museum-frieder-burda.de

Bildquellen

  • Pierre Soulages: Sandra Mehl