Große Gefühle, hohe Pointendichte

Mundart-Komödie „Bitt scheen keini Blueme“ auf der Alemannischen Bühne Freiburg

Blickt man dem eigenen Ende ins Auge, lebt es sich deutlich intensiver. Was aber, wenn die Todesdiagnose auf einem Missverständnis beruht und Begräbnis samt neuem Mann für die Liebste schon organisiert sind? Alles zurück auf Start und Friede, Freude, Eierkuchen? Von wegen!

Es geht um den drohenden Tod, das Sterben. In der Inszenierung von Martin Mayer auf der Alemannischen Bühne wird aus diesem Stoff dennoch ein sehr lustiges Tohuwabohu. „Bitt scheen keini Blueme“, so der adaptierte Titel der 1964 mit Doris Day und Rock Hudson verfilmten Komödie des US-Amerikaners Norman Barasch, die Hans-Peter Zeller hier mit viel Sinn für Sprachwitz und schwarzen Humor in Mundart übersetzte.

Dabei gibt es dank eines grandiosen Joachim Mast als Hypochonder Georg von Anfang an viel zu lachen: Hinreißend, wie der mit clownesker Leidensmiene und vielen Stoßseufzern am Frühstückstisch nicht das kleinste Häppchen runter kriegt, bevor Frau Doktor es nicht ausdrücklich erlaubt hat. Schließlich sterben Männer in seinem Alter wie die Fliegen und er selbst hat rasende Herzschmerzen. Ensemble-Neuzugang Sarah Meier nimmt es als seine Ehefrau Doris mit gutmütiger Fröhlichkeit: Ihr „Fröschle“ ist halt ein hasenherziger Suppenkasper, sie liebt ihn aber trotzdem.

Kaum hat sie das Haus verlassen, verliert sich Georg im blauen Spot zu düsteren Oratoriumsklängen auch schon in seinem Nachschlagewerk der tausend Krankheitssymptome. Der Mann hat eindeutig nicht alle Tassen im Schrank und so steigert er sich auch in geballte Dramatik, als er ein Telefongespräch seiner resoluten Ärztin (energiegeladen in Doppelrolle: Sandra Jettkandt) mit dem Kardiologen belauscht: Jede Therapie ist zwecklos, der Patient hat nur noch wenige Wochen zu leben! Dass es sich dabei gar nicht um ihn handelt, kriegt Georg in seiner Schockstarre freilich nicht mit.

Erst herrscht Grabesstimmung, dann wächst der Todgeweihte über sich hinaus: Gibt bei seinem Nachbarn (Hans-Peter Zeller) Begräbnisrede und Regiokarten-Stornierung in Auftrag, beschließt seiner anbetungswürdigen Frau nichts zu sagen, sie aber flugs mit Jugendfreund Bernd (Pascal Jessen) zu verkuppeln und kauft schon mal eine letzte Ruhestätte für alle drei.

Dazwischen leidet, jault und schluchzt er als „Stecknadelkopf in der Ewigkeit“, immer von kurzen Musikeinspielungen parodiert. Das lebt von Melodramatik und Situationskomik, hat Schwung und Tempo, auch wenn die Inszenierung nach dem ersten Drittel etwas stadelt: Da löst sich der Plot nämlich irritierend schnell auf – um dann den Knoten quasi rückwärts wieder zu schürzen.

Denn als sich kurz vor einer sauteuren Klinikreise in die Schweiz herausstellt, dass Georg kerngesund ist, argwöhnt Doris eine üble Finte und unterstellt ihm eine Affäre. Wie er aus dieser Sterbe-Nummer wieder rauskommt? Erst einmal tritt er jedenfalls von einem Fettnäpfchen ins nächste. Eine Screwball-Komödie rund um einen schrulligen Exzentriker, gut geölt mit viel Körpertheater, großen Gefühlen und hoher Pointendichte gespielt.

Was: Mundart-Komödie „Bitt scheen keini Blueme“
Wann: bis 31. Dezember 2018
Wo: Alemannische Bühne, Gerberau 15, 79098 Freiburg
Web: www.alemannische-buehne.de

Bildquellen

  • kultur_joker_theater_alemannische_buehne_bitt_scheen_keini_blueme: Alemannische Bühne