Experimentelle Raum-Klang-Erfahrungen zwischen Freiburg und Dresden mit KOMA&Ko

Freiburg und Dresden sind zwei Städte, deren Namen vermutlich nicht allzu oft im gleichen Satz fallen. Rund 700 Kilometer trennen die beiden Großstädte im südwestlichsten und im östlichsten Winkel der Bundesrepublik; nicht eingerechnet in der geographischen Differenz sind die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Unterschiede beider Orte. Unüberbrückbar ist davon jedoch nichts, wie Magdalena Weniger und Linda Brodhag beweisen. Denn als KOMA&Ko tun sie das, was Kunst am besten kann: Zusammendenken, was sonst niemand zusammendenkt.
Gegründet wurde KOMA &Ko 2015 in Freiburg von Magdalena; sie ist Tänzerin, Sängerin und Performerin, unweit von hier geboren und aufgewachsen. Seit dem letztem Jahr ist Linda, ebenfalls freischaffende Tänzerin und aus der Gegend, mit dabei und vervollständigt nach dem Ausstieg der ersten Mitgründerin, einer Schweizer Kollegin von Magdalena, das Duo. Hinzu kommt eine Reihe von freien Mitarbeitenden, mit denen KOMA & Ko ihre interdisziplinären Projekte an der Schnittstelle von Tanz, Gesang und Installation realisieren. So, und wie kommt Dresden da ins Spiel?
Vor allem durch Neugier – aufgewachsen im gesättigten Süden, wie Magdalena es selbst beschreibt, wollte sie irgendwann Ostdeutschland nicht mehr bloß als blinden Fleck im Bewusstsein wissen. Nach einer Sachsen-Tour mit ihrem Lebens­partner stand die Entscheidung fest und die Wahl fiel auf Dresden, das sich mit dem TanzNetz, einem Netzwerk von und für die freie Tanzszene, für ihre künstlerische Arbeit als ideale Anlaufstelle erwies. Im Rahmen einer „Artist in Garden Residency“ im Dresdner Vorort Hellerau, der ersten deutschen Gartenstadt, entstand im Lauf des vergangenen Jahres ein drei Projekte („brach und wild“, „Tiarella Hybrid – eine botanische Persönlichkeitsstudie“ und „Compost Composing“) umfassender Arbeitszyklus, der sich intensiv mit verschiedenen Formen von Mensch-Umwelt-Beziehungen auseinandersetzt. Leitmotivisch prägen metaphorische Übertragungen vom Botanischen ins Soziale und Biographische diesen „botanischen Arbeitszyklus“; in „Compost Composing“ etwa werden natürliche Kreisläufe auf menschliche Lebens- und Handlungsweisen übersetzt, „brach und wild“ schaut bewusst dort hin, wo manches brachliegt und anderes ungesehen wuchert. Ein Zitat aus der Soloperfomance „Tiarella Hybrid“ fasst pointiert zusammen: „Wer wüsste ohne Pflanzen schon, dass alles eine Wurzel hat?“
„Tiarella Hybrid“ ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit der eigenen Biographie, sondern markiert mit der Aufführung im E-Werk im Februar auch eine ganz konkrete Rückkehr zu den eigenen Wurzeln – Magdalena hat ihren Lebensmittelpunkt wieder nach Freiburg verlegt, ein Neustart, aus dem nicht nur für KOMA &Ko noch manches erwachsen soll. Magdalena und Linda sind beide Beirätinnen im Tanznetz Freiburg und wollen nun, über ihre künstlerische Arbeit hinaus, ihr kulturpolitisches Engagement in der Stadt noch weiter intensivieren. Denn das freischaffende Künstler*innen trotz mittlerweile vielfältiger Förderprogramme oft noch unter prekären Arbeitsbedingungen leiden, ist kein Geheimnis – insbesondere in eher nischigen Genres wie dem zeitgenössischen Tanz. Deswegen ist es umso wichtiger, Netzwerke auch über die Stadt hinaus zu schaffen, neue Strukturen aufzubauen und bestehende zu erweitern und gleichsam Zugänge nach außen zu schaffen, um Menschen die Zweifel gegenüber einer vermeintlich sperrigen oder unverständlichen Kunstform zu nehmen.

Tiarella Hybrid läuft noch am 19. Februar im Saal des E-Werks.
Weitere Infos unter: www.komaundko.de, www.brachundwild.de, www.ewerk-freiburg.de

Bildquellen

  • Magdalena Weniger und Linda Pilar Brodhag: © Jürgen Gocke