Erlesene Arbeiten deutscher Expressionisten: „Die Bilder der Brüder“, Museum Frieder Burda

Leuchtende Rottöne, satte Grünnuancen, tiefes Gelb, düsteres Schwarz, gern in dramatischen Hell-Dunkel-Kontrasten arrangiert, prägen den ersten Eindruck. Das Verlegerpaar Franz und Aenne Burda hat in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg eine erlesene Sammlung deutscher Expressionisten zusammengetragen. Eine Auswahl ist bis zum 4. Oktober unter dem Titel „Die Bilder der Brüder“ im Museum Frieder Burda zu sehen. Die Brüder, das sind die drei Verlegersöhne Frieder, Franz und Hubert. Sie sind in jedem Raum der Ausstellung präsent durch ihr Porträt „The Three Gentlemen“ von Andy Warhol, der jedem der Brüder eine eigene Farbe zugeordnet hat.
Zu sehen sind Gemälde, die bei Familie Burda zu Hause hingen und mit denen die Brüder aufgewachsen sind, also die Werke, die ihren eigenen Sinn für Kunst geprägt haben. Frieder Burda, der kunstsinnigste von ihnen, hatte die Idee zu dieser Ausstellung, die noch vor seinem Tod im letzten Jahr konzipiert wurde. Die Kuratoren Patricia Kamp und Udo Kittelmann waren so klug, sich in der Auswahl zu beschränken. Jedes Gemälde hat viel Raum für sich, aber das bemerkt man kaum, dank der Raumgestaltung durch den US-amerikanischen Künstler Carl Ostendarp. Sterile weiße Ausstellungswände waren gestern, Ostendarp taucht jeden Raum in eine Kombination aus zwei Farben, voneinander abgesetzt in einer unregelmäßigen Wellenlinie, was sehr lebendig wirkt und die Leuchtkraft der expressionistischen Kunst unterstreicht. Einen Tag vor dem Corona-Lockdown war Ostendarp fertig mit seinen wahrhaft perfekt gemalten farbigen Wänden.
An denen hängt, was in der Kunstszene zwischen 1900 und 1933 einen Namen hatte, bis die Nazis ihre Kunst als „entartet“ verbannten: von B wie Beckmann über Jawlensky, Kirchner, Macke, Münter und Nolde bis zu Purrmann und Schmidt-Rottluff. Direkt auf Augenhöhe mit den Besuchern, und in einem Raum noch etwas tiefer, in Augenhöhe für Kinder. So können auch ganz junge Besucherinnen und Besucher die Leuchtkraft der Farben und das Spiel mit den Formen genießen. Aus manchen Werken strahlt eine ansteckend fröhliche Sommerstimmung, Gabriele Münters „Giebel, Murnau“ zum Beispiel. Viele Gemälde lassen an Urlaub denken. Man kann die steife Brise förmlich sehen in den Wolken über dem leeren Strand und den weißen Schaumkronen des Meeres in Max Beckmanns „Nordsee III“. Hans Purrmann hat das „Gartenhaus der Casa Camuzzi“ eingebettet in dschungelartiges Grün.
Aber auch die Schönheit vor der Haustür wussten die Expressionisten in Szene zu setzen. Dramatisch leuchtet die Stourdza-Kapelle in Baden-Baden vor dem dunklen Regenhimmel auf. Sanftes Mondlicht ergießt sich über den nächtlichen Park beim Kurhaus Baden-Baden, die Bäume werfen tiefe Schatten, schief neigt sich ein Haus ins Bild. Eine nächtliche Idylle oder die noch stille Szene eines Ereignisses, das gleich passieren wird? Nicht nur Beckmann verstand sich darauf, Gemälde spannend zu machen. Emil Noldes rote Friesenhäuser vor der dunkelpurpurnen Wolkenwand scheinen auf ein Unwetter zu warten. Aufziehende Gewitter waren ein beliebtes Motiv. Der türkisfarbene Fluss in Karl Schmidt-Rottluffs „Maggiatal“ verschwindet zwischen aufragenden Bergen vor einem blauschwarzen Gewitterhimmel.
In der Familie ist überliefert, dass es die Farbe war, die Franz Burda ansprach. In der Ausstellung kann man diese Begeisterung mühelos nachvollziehen. Wen wundert es da noch, dass auch die Burda-Brüder Kunstliebhaber und Sammler wurden? Frieder Burda ist sogar gerade als Sammler bekannt geworden und hat für seine eigene Sammlung sowieAusstellungen mit internationalen Leihgaben ein ganzes Museum in die Lichtentaler Allee bauen lassen.„Die Bilder der Brüder“ haben darin den perfekten Rahmen gefunden.

Bis 4. Oktober: „Die Bilder der Brüder“, Di-So 10-18h, Museum Frieder Burda, Lichtentaler Allee 8b, Baden-Baden, www.museum-frieder-burda.de. Solange eine Zugangsbeschränkung für bis zu 50 Besucher gilt, bittet das Museum darum. ein Ticket für ein bestimmtes Zeitfenster zu reservieren um Wartezeiten zu vermeiden. Inhaber des Museumspasses reservieren für diesen Zweck ein kostenloses Null-Ticket.