Die zweite Biennale für Freiburg startet ihr Hauptprogramm am 16. Juni im Seepark und dokumentiert damit den Charakter eines unverwechselbaren Ortes

Vom 16. Juni bis 30. Juli ist es endlich soweit: Die zweite Biennale für Freiburg startet mit ihren Ausstellungsparcours. Startpunkt ist der Seepark. Als Teil der Rubrik „Positionen im öffentlichen Raum“ werden dort am 16. Juni, 19 Uhr zur Eröffnungsfeier vier Skulpturen präsentiert, die in besondere, produktive Spannung zum Ort treten. Für Paula Kommoss, künstlerische Leiterin der Biennale, ist der Seepark als besonderer Freiburger Ort dafür ideal.
Der heute für Badende beliebte Flückingersee, ein Baggersee, bietet einen inspirierenden Anknüpfungspunkt. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der See mit Trümmern aufgeschüttet. Der erste Link zum Thema der Biennale „Das Lied der Straße“ ergibt sich durch diese Begebenheit. Zwischen dem Seepark und der Innenstadt fuhr der sogenannte „Trümmerexpress“, ein Zug, der die Trümmer aus dem bombardierten Zentrum Freiburgs abtransportierte und so ein besonderes Schienennetz etablierte. Am Ende war der See deutlich verdrängt, wanderte zur Position, in der wir ihn heute betrachten können. Die Hügel, gerade beim Aufstieg zum Rosengarten, sind im Grunde Trümmerberge, Zeichen der Geschichte eines Freiburgs während des Krieges.
1986 im Seepark die Landesgartenschau statt. Dadurch entstand erst die heutige Gartenanlage, die besondere Architektur. Auch die Ökostation, das bis heute existierende Umweltbildungszentrum, war damals noch ein frischgegründetes, besonderes Projekt, ganz so dringlich schien es noch nicht, sich um die Umwelt zu kümmern.
Das ganz Besondere am Park bleibt nicht nur sein vielfältig konstruierter Charakter, sondern auch die vielfältige Nutzung. „Der Seepark ist ein Ort, an dem viele Leute zur Naherholung zusammenkommen. Da gibt es viel zu entdecken.“ Gleichzeitig scheint noch vieles unentdeckt. Mit der dortigen Eröffnung des Hauptprogramms der Biennale will Paula Kommoss einen Ort jenseits des Stadtzentrums aktivieren. „Das ergibt eine ganz neue Perspektive auf die Stadt.“

Die Skizze zur geplanten künstlerischen Intervention © Yong Xiang Li & François Pisapia

Als ästhetische Kooperationspartner hat sich Paula Kommoss unter anderen zwei bekannte Künstler ins Boot geholt. Mit François Pisapia arbeitet Paula bereits seit längerem zusammen. Für die Freiburger Biennale tritt der kanadische Künstler und Filmemacher, der sich mit durchaus skurrilen Architekturen wie deutschen Schrebergärten und betonierten Vorgärten auseinandersetzt, in Kooperation mit dem Multimedia-Artist Yong Xiang Li. Die Reintegration von Objekten in andere Zusammenhänge als Phänomen der Diaspora beschäftigt wiederum den chinesischen Künstler. Durch „Kontaminationen“, auch zwischen verschiedenen Medien, hinterfragt er bestehende Machtstrukturen. Li arbeitet maßgeblich malerisch-skulptural, integriert dabei auch Elemente der Architektur.
Für den Start des Hauptprogramms der Biennale erstellen die beiden Künstler eine Outdoor-Skulptur in die Umgebung des Flückingersees. Ihr humorvoll-kritischer Blick auf das (deutsche) Ordnungswesen sieht eine Art überdachte Schrifttafel vor, ein Wegmarker, Orientierungspunkt, dem jedoch die praktische Bedeutung fehlt. Die Schrifttafel suggeriert eine lesbare Karte, bleibt schließlich aber eine leere Fläche, die jedoch im Dunkeln leuchtet. François Pisapia: „Am Ende ist es eine Mischung aus Karte und Lampe. Am Tag wirkt es wie ein offizieller touristischer Spot, den es sich lohnt zu besichtigen. Bei Nacht wirkt der leuchtende Spot nahe des Wasser wie der Wegmarker eines inoffiziellen Pfads.“
Für die beiden ist der Seepark ein Ort, der gefüllt ist mit Architektur, mit öffentlichen, menschlichen Interventionen. Fasziniert waren die beiden bei ihrem ersten Besuch von einem Taubenschlag, der gerade renoviert wurde. „Als wir ankamen wirkte der Seepark, wie ein modernisierter Ort, der zugleich ständig überarbeitet wird.“ Auch das Moos an vielen Stellen des Parks fiel den Künstlern ins Auge. Auch ihre eigene Arbeit soll sich in diesen modernisierten und doch relikthaften Ort fügen. Durch den Einsatz von Verfärbungen, Patina soll ihr Werk in die Umgebung des Seeparks integriert werden.
Eine Umgebung vorzufinden, in Vorstellungen zu fassen, neu zu adaptieren mittels der Kunst – das passiert bei diesem besonderen Zusammentreffen am 16. Juni. Und es macht neugierig auf die weiteren Interventionen im öffentlichen Raum, die das Programm der zweiten Biennale für Freiburg verspricht – auch im Seepark. Paula Kommoss dazu: „Von den Positionen im öffentlichen Raum erhoffe ich mir, dass sie unsere Betrachtungsweisen herausfordern.“ Der Seepark als brüchiger und doch konstruktiver Raum, als Ort der Übergänge und Infrastrukturen gibt jedenfalls einen originellen Startpunkt für das „Lied der Straße“, das die Biennale auch in Betzenhausen anzustimmen beginnt.

Weitere Informationen: www.biennalefuerfreiburg.de