Bonn Park inszeniert in Basel das Wirtschaftsmärchen „Der Phönix aus der Währung“

Als Dagobért verkündet, dass die kommende Geschichte von uns handeln wird (die kaukasischen Männer, die Pussies mögen, vergessen wir hier mal), ahnen wir noch nicht, was sich im Schauspielhaus Basel hinter dem Vorhang verbirgt. Wir hätten ihm kein Wort geglaubt, auch wenn der Schweizer Sänger Dagobert auch so schon ziemlich flamboyant aussieht. Doch Julia Nussbaumer hat für die Uraufführung ein Bühnenbild wie für eine barocke Oper geschaffen. Mehrere gold-gepolsterte Logen stehen auf der Bühne, oben schließt sich eine Galerie mit Kartuschen an, alles ist in sehr offensichtlich gefälschtem Marmor gehalten. Und die Männer und Frauen, die sich in diesem herrschaftlichem Raum bewegen, sehen aus wie eine Figurengruppe aus Meissener Porzellan: viel Taft, viel Falten, goldene, helm­artige Perücken, Gesichter wie reife Pfirsiche. (Kostüme: Sina Manthey). Seinen Überbau bekommt das Ganze durch ein Historienbild. Wer hier gegen wen und vor allem warum kämpft, ist nicht ganz so klar, doch Bär und Bulle spielen eine wichtige Rolle. Die Wappentiere der Börse haben es auch als Skulptur und erotisiert in den Raum geschafft. Nicht grundlos heißt dieser Theaterabend „Der Phönix aus der Währung“ schließlich „ein Finanzthriller mit Gesang und Musik“.
Bonn Park (Inszenierung und Text) und Ben Roessler (Komposition) haben mit diesem Phönix einen heillos überdrehten Abend über eine Wirtschaftselite geschaffen, die auf das Platzen der Blase, la bubblé, wartet. Eigentlich sind jetzt schon alle pleite, doch da das ganze Finanzsystem sowieso auf ziemlich spekulativen Annahmen besteht, ist ein Neustart nicht ganz ausgeschlossen. Es wäre nicht der erste. M. Continental (Lioba Kippe), M. Le Vice (Fabian Krüger) und M. Vecteur (Eva Bühnen) sprechen einen globalisierten Finanzjargon und einen wahnwitzigen Mix aus Französisch und Deutsch. Barock, weil sich mit der Papierwährung der Wert vom Gold trennte und sich ein Tor für Spekulationen öffnete. Überhaupt fühlt man sich hier an den Mummenschanz aus Faust II erinnert, in dem die Erfindung des Papiergeldes eine folgenschwere Theaterinszenierung ist. Barock heißt aber wiederum nicht, dass hier nicht gerappt werden würde. Dagobert und das Ensemble geben Texte von Money Boy zum Besten, das Barock-Ensemble (Louise Acabo, Emma-Lisa Roux, Giulia Manfredini, Sepideh Nikoukar, Laura Esterina Pezzoli und Karin Hannsidal) kann auch etwas anderes.
„Der Phönix aus der Währung“ ist ziemlich schrill, überdreht und ein Spektakel. Während drinnen alles seinen Gang geht und der ist, obgleich das Jahrzehnt „spécial“ ist, von Ennui geprägt, wird draußen die Währung verbrannt und das Klima angeheizt. Die Investmentbanker vermeiden die Begegnung mit der Wirklichkeit, müssen sie doch einmal vor die Tür, gehen sie nicht ohne Schirm. Ein Bankenschirm, sozusagen. Denn gekalauert wird auf der Bühne viel, doch mit jedem Gang nach draußen, dringt die Asche nach innen. Die Asche, aus der der titelgebende Phönix erneuert aufsteigen könnte, ist also verbraucht. Plan von M. Débutant (Fabian Dämmich) ist, das Währungssystem derart kollabieren zu lassen, dass die Welt zum Tauschhandel zurückkehrt: jeder nimmt sich, was er braucht und schont die Ressourcen. Wir wissen, realistisch ist das nicht. Man wird „Der Phönix aus der Währung“ als modernes Märchen lesen dürfen, in dem sich die Wirtschaftselite für die Menschheit opfert. Und für die Dauer von eineinhalb Stunden darf man dies ruhig einmal glauben. Zumal der Phönix wie ein barocker Deus ex machina vom Schnürboden heruntersetzt, und das ist einfach zu schön.

Weitere Termine: 17./19. Oktober, 4. und 19. November im Schauspielhaus Basel. www.theater-basel.ch

Bildquellen

  • Bonn Park inszeniert mit „Der Phönix aus der Währung“ ein modernes Märchen in barockem Gewand: Foto: Lucia Hunziker